09.02.1871 - Die ersten französischen Kriegsgefangenen treffen in Ottobeuren ein.

Titel

09.02.1871 - Die ersten französischen Kriegsgefangenen treffen in Ottobeuren ein.

Beschreibung

Am unmittelbarsten wirkten sich die Kriegsereignisse 1870/71 in Ottobeuren wegen der internierten Kriegsgefangenen aus: Am Abend des 02.02.1871 kamen von Ulm über Memmingen 160 Mann Infanterie in Ottobeuren an, welche zur Bewachung der demnächst ankommenden französischen Gefangenen bestimmt waren. Am 09.02.1871 wurden 600 französische Gefangene in der sogenannten Kaserne einquartiert.

Das Ottobeurer Wochenblatt meldete am 16.02.1871, S. 3 (bzw. 27):
Vermischtes. Ottobeuren 15. Februar. Am Sonntag Abend sind abermals 750 franz. Kriegsgefangene unter bayer. Eskorte hier eingetroffen; 1350 Mann sind jetzt in hiesiger Kaserne untergebracht.

Das waren in etwas so viele Gefangene wie es in Ottobeuren Einwohner gab! Wie lange die Franzosen hier interniert waren, geht aus den Angaben des Wochenblatts für das Jahr 1871 nicht hervor; eine Meldung zu den Gefangenen auf dem Lechfeld und deren Abzug zum 14.09.1871* mag ein Anhalt sein.
Im Ottobeurer Volksblatt vom 20.07.1911 hieß es am Rande eines Artikels zur Einweihung der Veteranen-Gedenktafel:
Damit war eigentlich der Festakt auf dem Friedhofe zu Ende, aber im Festprogramm war noch eine weitere Feier vorgesehen. Auf unserem Gottesacker ruhen bei 40 französische Soldaten, die von den im Jahre 1871 hier internierten Kriegsgefangenen damals starben. Auch sie sollten heute nicht ohne besondere Ehrung bleiben.

40 Internierte – Fergg nennt in seinem Schreiben 42 – überlebten den Aufenthalt in Ottobeuren nicht; sie wurden in einem Massengrab auf dem Ottobeurer Friedhof beigesetzt. 1911 gedachte der Vorsitzende des Veteranenvereins - ab 1919 Bürgermeister - Adolf Fergg nicht nur der Ottobeurer Veteranen, sondern auch der Franzosen. Das staatliche Archiv in Nantes hat dazu das passende Foto sowie den damaligen Schriftverkehr. In längeren Verhandlungen (s.u.) ist es dem virtuellen Museum gelungen, die Dokumente zu bekommen und veröffentlichen zu dürfen.

Aus Frankreich kam 1911 für die ehrende Würdigung eine weitere Anerkennung. Das französische Pendant zur Kriegsgräberfürsorge – „Association nationale pour l'édifiaction et l'entretien des tombes des militaires et marins français morts pour la patrie“ – verlieh Adolf Fergg eine dekorative Urkunde. Mehr dazu findet sich auf der Seite zum Tode Ferggs 1945.

Sieben Ottobeurer und vier Ollarzrieder waren im Krieg gefallen (siehe Thema Friedensfest und Gedächtnis-Tafeln in der Sebastianskapelle und in St. Ulrich in Ollarzried)

Zurück zum Thema der internierten Franzosen und das damalige französisch-deutsche Verhältnis:

*Das Ottobeurer Wochenblatt Nr. 38 vom 21.09.1871 meldete auf Seite 3 (bzw. 151) unter Vermischtes:
Am 14. ds. [September 1871] wurde der letzte der auf dem Lech gefangen gewesenen Franzosen per Bahn in Begleitung eines bayerischen Sanitäts-Soldaten nach Ulm, bezie­hungsweise nach Belfort, zurückgeliefert.

Das Verhältnis zwischen den Franzosen und den in Frankreich lebenden Deutschen war - wie man sich denken kann - schwieriger geworden. Das Ottobeurer Wochenblatt berichtet am 05.10.1871 auf S. 4 (160) über Vorgänge in Lyon:
Frankreich. Die Demonstrationen gegen die Deutschen in Lyon dauern fort. Eine Zusammenrottung, welche sich vor dem Laden eines deutschen Pfeifenhändlers gebildet hatte, mußte von der Stadtpolizei auseinandergetrie­ben werden. Ein  anderer Deutscher wurde von der Menge erkannt und verfolgt. Die Stadtpolizeidiener schützten ihn jedoch und führten ihn auf den Posten der Rue Luzerne, um ihn einer jeden Insulte zu entziehen.
Die Lyoner Blätter ermahnen die Bevölkerung, sich ge­gen die Deutschen, die zurückgekommen seien mit Würde zu benehmen und nicht zu vergessen, daß sie Landsleute habe, die in Deutschland wohnen und diese ihrerseits mißhandelt werden können.

Harmloser dagegen folgende Meldung (Ottobeurer Wochenblatt, 23.11.1871, S. 3):
Weil Bayern zu Deutschland gehört, so will man in
Paris kein bayerisches Bier mehr trinken. Die Wirthe aber sind schlau und wissen sich zu helfen. Sie haben das bayerische Bier in schwedisches umgetauft und nun schmeckts den Franzosen besser als zuvor.

Ottobeurer Wochenblatt vom 09.11.1871 (S. 2):
Den französischen Kriegsgefangenen in Ingolstadt waren zur Winterszeit behufs Schutzes vor der Kälte
bayer. Militärdecken verabfolgt worden. Nach der Heim­kehr der Gefangenen stellte sich heraus, daß 2000 dieser wollenen Decken fehlten, also von denselben verkauft worden sein müssen. Die bayer. Regierung wird nun die vermißten Decken in die Kostenrechnung für die franzö­sischen Kriegsgefangenen einstellen.

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Hier die Transkription des Schreibens von Adolf Fergg an die französische Gesandtschaft in München:

Ottobeuren, den 27. Juli 1911
An die hohe Gesandtschaft der französischen Republik [in] München
(Eingangsstempel 28.07.1911)

Von den Kriegsgefangenen des Jahres 1871 die in Ottobeuren waren, sind 42 Mann gestorben. Dieselben liegen auf dem Friedhofe hier begraben. Die Grabstätte wird von dem Veteranenverein Ottobeuren aufs beste gepflegt u. unterhalten. Anläßlich der Errichtung einer Ehrentafel für die Veteranen von Ottobeuren wurde auch das Franzosengrab auf[s] schönste dekorirt u. spielte sich an demselben ein ergreifender Festakt ab.

Nachdem der Veteranenverein mit Musik, Festkomité u. königliche Beamte am Franzosengrab Aufstellung genommen hatten, gedachte in schönen Worten ein Veteran Frankreichs tapferen Söhnen, die auch für ihr Vaterland gefochten u. mahnte die Verwaltung von Ottobeuren, immer das Franzosengrab in Ehren zu halten.

Unter Kanonensalut und den Klängen der Musik, wurde den tapferen Söhnen Frankreichs ein Kranz niedergelegt, mit den Schleifenfarben der französischen Trikolore.

Als Vorsitzender des Festkomités lege ich auch eine Photographie des Grabes bei u. ersuche eine hohe Gesandtschaft der französischen Republik, an geeigneter Stelle dies bekanntzugeben.

Wir haben die Ehrung der tapferen Söhne Frankreichs vorgenommen in dem Bewußtsein, daß auch die Deutschen, die in Frankreichs Erde ruhen, sich der größten Rücksicht und Pflege der großen französischen Nation erfreuen.

Indem ich eine hohe französische Gesandtschaft ersuche mir den Empfang dieses Schreibens zu bestätigen verbleibe
Ergebenster
Adolf Fergg
Vorsitzender des Festkomités

Das unterzeichnete [Der unterzeichnende] Bürgermeister bestätigt die Wahrheit vorstehenden Schreibens, sond. [besonders] in die Rechtheit der Unterschrift.
Ottobeuren, den 27. Juli 1911.
Der Bürgermeister.
(Stempel der Marktgemeinde Ottobeuren) [Anton] Frey

Die französische Gesandtschaft (französische Vertretung; Botschaft) in München übersetzte das Schreiben Ferggs wie folgt und leitete es nach Paris weiter:

(Stempel Légation de France à Munich)
(Stempel: Annexe à la dépêche 76 ? Polit. ? de Munich du 27 Juillet 1911)
Copie en traduction de la lettre adressée par M. Adolf Fergg, Président de l'Association des Vétérans d'Ottobeuren, à la Légation de France à Munich.

Ottobeuren le 21 [27] Juillet 1911,

Quarante deux soldat française, internés en 1871 à Ottobeuren, y sont décédés. Ils reposent ici, au cimetière. Leur tombe est entretenue avec soin par l'Association des Vétérans d'Ottobeuren.
A l'occasion de l'inauguration d'une plaque commémorative en l'honneur des Vétérans d'Ottobeuren, la tombe des soldats française, tout ornée de fleurs, a été l'objet d'une cérémonie touchante. L'Association des Vétérans, musique en tête, le comité de la fête e les fonctionnaires royaux l'ayant entouré, un Vétéran a prononcé de paroles émues à la mémoire des braves enfants de la France qui ont combattu et sont morts pour leur patrie, et il e a prié l'Administration d'Ottobeuren de garder et veiller avec honneur la tombe des française. Au son du canon et des fanfares, il a ensuite déposé sur la tombe uns Couronne aux trois couleurs de France. En qualité de Président du Comité de la Fête, je pries la Légation de la République française aux autorités françaises. Nous avons rendu hommage aux braves français en témoignage du fait que les allemands qui reponsent en terre française y sont honorés avec le mêmes égards.

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Quellen: Centre des Archives Diplomatiques, MAE-CADN, Munich, consulat, 455PO/1/26. Hinweis: Sollten Sie diese Dokumente für nicht-private-Zwecke verwenden wollen, müssen Sie hierfür die Genehmigung des Archivs einholen!

Hier Auszüge aus dem Schriftverkehr mit dem Archiv vom November 2017:
Nous cherchons la photo de la tombe des soldates francais à Ottobeuren et la lettre d´Adolf Fergg ou bien l´original de la légation francais. Ils sont montrés dans un catalogue de 2006. Il y a 11 ans il y avait une exposition qui a traité de “1000 ans de la relation entre la Bavière et la France”
Catalogue pour l´exposition bavaroise à Füssen en 2006: France-Bavière
La France et la Bavière. Allers et retours. 1000 ans de relations franco-bavaroises.
Le sujet susvisé, “l´ancien maire d´Ottobeuren, Fergg, et le certificat officiel de 1911”, est consultable sur les pages 158 et 159. Le texte était ecrit par “J.P.” (Johann Pörbacher d´archive de l´état à Bamberg.
Les images par contre viennent de l´archive à Nantes pour lequel on trouve deux interlocutrices:
direction des Archives du ministère des Affaires étrangères; Mireille Musso, ministre plénipotentiaire, directeur des Archives du ministère des Affaires étrangères ; Monique Constant, conservateur général du patrimoine, adjoint au directeur des Archives

Selon le sommaire, le sujet est: chapitre 4: les représentations diplomatiques (p. 135-164)

On trouve la tombe des soldats d´Ottobeuren à la page 158, la lettre d´Adolf Fergg (aussi bien que la traduction: mais seulement le recto) à la page 159 (la numero 62 dans le catalogue). Ici, on a le texte et aussi les références citées à und autre endroit:

“62. Diplomatie du peuple”
La mémoire de soldats francais au mémorial à Ottobeuren

1911
Photo du monument commémoratif, hauteur 16,8 cm x largeur 12,7 cm; la lettre du l´association de guerre h. 21 cm x l 32,8 cm; la traduction, h 19,7 cm x l. 31,2 cm
Nantes, MAE, Consultat francais de Munich, carton 26

Recherche, Abschriften, Zusammenstellung: Helmut Scharpf, 03/2019

Urheber

Ottobeurer Wochenblatt

Quelle

Heidi und Hans Kraft, Archiv Nantes

Verleger

Helmut Scharpf

Datum

1871-02-09

Rechte

Texte gemeinfrei, das Foto und die Briefe nicht (Archiv Nantes)