1860 - Gut Boschach (Aquarell)
Titel
Beschreibung
Dem Aquarell vom Beckeler-Haus (am Marktplatz) stilistisch ähnlich ist diese Ansicht der Wirtschaftsgebäude von Gut Boschach aus dem Jahr 1860. Es stammt aus dem Besitz der Familie Sander, die noch bis zum Abriss des Gebäudes in der Faichtmayrstr. (2013) den Hausnamen „zum Boscherbaur“ trug, nachdem Boschach offenbar den ursprünglichen Familiensitz darstellte. Wer das Bild gemalt hat, ist nicht bekannt. Auch wenn heute in Boschach nichts mehr von den abgebildeten Gebäuden steht: Bereits 1860 waren die Gebäude gerade mal zehn Jahre alt, da die Vorgängerbauten nach einem Blitzeinschlag verbrannten (Zeitungsmeldung s.u.).
Vermutlich ist die Ökonomie im Zuge der Säkularisation privatisiert worden. Das Memminger Volksblatt Nr. 201 vom 31.08.1918 berichtete auf S. 3:
Besitzwechsel. Das Hofgut Boschach bei Ottobeuren, mit ca. 260 Tagwerk Grundstücken (bisheriger Besitzer Hr. Fl.[Florian] Geiger in Ottobeuren) ging durch Kauf an Herrn Joh. Bader aus Künselsau (Württemberg) über.
Die Größe des ehemaligen Hofgutes (Hof = Kloster) ermöglichte 1981 die Einrichtung eines Golfclubs (Besitzer / Verpächter: Hans Ungemach, *01.03.1934, †26.04.2018).
Den Zustand des Bildes und das Ergebnis der Computer-Nachbearbeitung durch Walter Buchmiller können Sie hier auch im direkten Vergleich abrufen. Das Original ist stark vergilbt und weist etliche Stockflecken auf. Stefanie Sander stellte das Original dem virtuellen Museum zur Verfügung und übergab es anschließend dem Klosterarchiv zur Aufbewahrung.
Das Foto vom 10. März 2013 zeigt eines der Gebäude vom Ortsteil Boschach heute. Aus welcher Perspektive damals gemalt wurde, ist noch unklar; vermutlich von Osten. Nähere Informationen erbeten! Boschach gehörte vor der Gebietsreform zu Haitzen.
Auf dem früheren Hofgut spielten sich zwei Dramen ab: Am 13.06.1843 verstarb der Bauer Ignatz Reisch im Alter von nur 38 Jahren an Auszehrung. Sieben Jahre später traf es die Witwe samt Kindern und Dienstboten erneut hart: Am 23.08.1850 kam es zu einem Blitzeinschlag, mit verheerenden Folgen. Das Ottobeurer Wochenblatt Nr. 35 vom 29.08.1850 berichtete auf der Titelseite:
Aufforderung
zu mildthätigen Beiträgen für die durch Brand verunglückte Bauerswittwe Reisch in Boschach.
Am Freitag, den 23ten d. Nachts 9 Uhr schlug ein Blitzstrahl in das Haus der Bauerswittwe [Maria] Reisch [geb. Keßler] von Boschach und setzte es augenblicklich in helle Flammen.
Da die Dienstbothen und Kinder bereits zu Bette gegangen waren, so nahm das Feuer, bis diese in Sicherheit gebracht waren, so sehr überhand, daß nur weniges Vieh gerettet werden konnte. Die Hausfrau, deren Schwester, Kinder und Dienstbothen brachten nicht einmal ihre Kleider heraus; das ganze Wohn- und Oekonomiegebäude mit aller Haus- und Baumannsfahrniß, 6 Pferde, 1 Stier und 10 Kalbeln, der Getreidevorrath, alle bereits eingeheimsten Winterfrüchte, 3000 Zentner Heu, alle Wagen, das erst angekaufte Holz etc. etc. war ein Raub der Flammen.
Dieses Unglück ist für die Wittwe Reisch, welche nach vielen früher erlittenen Drangsalen eben angefangen hatte, sich etwas zu erhollen [erholen], um so trauriger, als deren Gebäude nur um 4000 fl. [Gulden] versichert sind, ihre Mobilien, Vieh und Getreide etc. etc. aber gar nicht assekuriert [versichert] waren.
In dieser trostlosen Lage, ohne Obdach, ja ohne Kleider für sich und ihre Kinder, ohne Getreid zur Nahrung und zur bevorstehenden Aussaat, und ohne Mittel, sich diese dringende Bedürfnisse anzuschaffen, sieht sie mit ihrer Familie dem Untergange entgegen, wenn ihr nicht von edlen Menschenfreunden geholfen wird. Es ergeht daher an alle Diejenigen, welche an ihrem ganz unverschuldeten gränzenlosen Mißgeschicke Antheil nehmen, die Aufforderung, sie mit mildthätigen Gaben in Geld oder Naturalien zu unterstützen.
Alles, was an Letztern gespendet werden will, besonders: Kleider, Leibwäsche, Speis- und Saamgetreide, Hausgeräthschaften, Baumannsfahrnisse etc. etc. ist willkommen, und wird dankbar angenommen.
Zur Familie Reisch konnten ein paar Informationen gesammelt werden. Die Hochzeit fand laut Ottobeurer Wochenblatt vom 15.12.1836 am 22,11,1836 statt: „Den 22. November, der Jüngling Ignatius Reisch Bauernsohn von Pleß, mit der Jungfrau, Maria Keßler, Baurentochter von Boschach.“
Im Ottobeurer Wochenblatt vom 15.03.1838 wurde die Geburt einer Tochter angekündigt: „Den 9. Februar, M. Scholastika, Hildegardis, d. V.: Ignatius Reisch, Bauer in Boschach“
Am 13.06.1839 meldete das Ottobeurer Wochenblatt auf Seite 2 die Geburt der Tochter Maria Reisch: „Den 18. Maria, d. V.: Ignatz Reisch, Bauer von Boschach“
Ottobeurer Wochenblatt, 7.1.1841: „Den 27.[12.1840], Joseph, d. V.: Ignatz Reisch, Bauer in Boschach“
Ottobeurer Wochenblatt, 3.11.1842: „Den 18.[10.1841], Franziska Romana, d. V.: Ignatz Reisch, Bauer in Boschach“
Zum frühen Tod des Familienoberhauptes lesen wir im Ottobeurer Wochenblatt Nr. 27 vom 06.07.1843, S. 3: „Den 13. Ignatz Reisch, Bauer in Boschach, 38 Jahre alt, an Abzehrung.“)
Bis zum Brand 1850 finden sich keine weiteren Hinweise auf die Familie; die Jahrgänge 1848 und 49 fehlen allerdings.
Der komplette Jahrgang 1850 ist hier abrufbar.