1734 -1782 – Kupferstich der „Freisinger Seminarmadonna“ von Sondermayr
Titel
Beschreibung
„Königin des heiligsten Rosenkranzes und des blauen Skapuliers der unbefleckten Empfängnis.“ So könnte die Übersetzung der lateinischen Bildunterschrift („Regina SS. Rosarij et Scapularis Immaculata. Ottoburæ“) lauten. Die dargestellte „Freisinger Seminarmadonna“ (um 1690) war die Patronin des ehemaligen Bischöflichen Lyzeums in Freising, an dem auch Ottobeurer Lehrer unterrichteten. Die dem Gnadenbild nachempfundene Gliederpuppe aus der Zeit wurde von den Studierenden prächtig gekleidet; sie verschwand in der Säkularisation, wurde jetzt aber wiederentdeckt. Auch in Ottobeuren gab es eine solche Gliederpuppe.
Über dem Marienaltar der Basilika Ottobeuren findet sich – thematisch passend – eine Abbildung der „Verheißung des Karmeliters Simon Stock“ (im 13. Jh.) durch Maria; sie überreicht ihm ein Skapulier. Die Benediktiner tragen das Skapulier über der Tunika. Im Fresko darüber („Gnadentreppe“) schweben zwei Putten mit Skapulieren und Rosenkränzen über dem Abt Anselm Erb. Ein Putto trägt ein Lilienszepter. Die kleinen Skapuliere trugen die Mitglieder der Bruderschaften um den Hals, an ihren Enden hingen Kupferstichbilder, was auch im Fresko der Gandentreppe erkennbar ist.
Das Altarblatt in der Zelle des 2017 verstorbenen Pater Benedikt Kuen war die Madonna als Ölgemälde ebenfalls abgebildet.
Mitglieder der 1579 in Ottobeuren gegründeten Rosenkranzbruderschaft – der größten und bedeutendsten – und der Skapulierbruderschaft bekamen jeweils einen Abdruck des Gnadenbildes, die Kupferstecher mussten mehrmals nachstechen. Die Skapulierbruderschaft in Ottobeuren wurde 1714 der Rosenkranzbruderschaft angegliedert. Trotz zwischenzeitlicher Aufhebung existierte sie bis nach 1950 und ging dann vermutlich in den christlich geprägten Vereinen (Frauenbund, Kolpingsfamilie etc.) auf.
Bruderschaften gab es in Ottobeuren noch etliche mehr, sie werden im dritten Band des Ottobeurer Geschichtsschreibers Pater Maurus Feyerabend erwähnt. Hier alle Fundstellen:
- Rosenkranzbruderschaft (S. 254)
- Benediktusbruderschaft (S. 717)
- Bruderschaft zum Trost der armen Seelen (S. 679)
- Laurentiusbruderschaft (? S. ?)
- Bruderschaft zum hl. Altarsakrament (S. 630)
- Herz Jesu - Bruderschaft (S. 631; bestand seit 1678)
Auf S. 254 schrieb Feyerabend zur „Erzbruderschaft des heiligen Rosenkranzes“, sie habe „schon im dritten Jahre nach ihrer Entstehung 1540 Mitglieder“ gehabt. Zu den Mitgliedern zählten „die meisten Klostergemeinden Schwabens, wie auch der Schweitz“ [Schweiz].
Jeder getaufte erwachsene Katholik konnte Mitglied werden. Sie waren streng gegliedert, ein geistlicher Präses stand jeweils vor. Man kam insb. zu den kirchlichen Feiertagen zusammen, von denen es früher erheblich mehr gab, und nahm an Prozessionen teil. Dafür - und zu den kirchlichen Hochfesten - wurde die Madonna festlich neu gekleidet. Die Mitglieder machten hierfür Spenden, die Frauen gaben Schmuck.
Die Bruderschaften wurden staatlicherseits 1805 aufgelöst. Im selben Jahr wurde die Abteikirche zur Pfarrkirche, der neue Pfarrer Theodor Clarer (Pfarrer von 1805-20; geb. 15.07.1766 in Dorndorf bei Ulm, gest. 18.07.1820) ließ das Romanische Kreuz entfernen, die Wallfahrt kam zum Erliegen. Auch die (Ottobeurer) Gliederpuppe der Freisinger Seminarmadonna verschwand. Clarers Vorgänger war, Pater Franz Sales Depra.
Von der Freisinger Seminarmadonna gibt es viele Abzüge und Nachbildungen, eine Ausstellung im Museum Tegernsee zeigte 2019 sogar ein Fragment eines Himmelbettes mit einer solchen Darstellung. Im Kloster Ottobeuren existieren drei Druckzustände des Kupferstichs, zwei mit der Signatur Sondermayrs, einen – von 1777 – ohne. Beim ersten von 1734 fehlt in der Signatur das „Ottoburae“. Es gab eine Auflage von 3000 Stück. Der zweite ist „nach 1734“ (ggf. 1777) datiert. Dritter Druckzustand: 1782 reparierte ein „welscher Künstler“ die abgenutzte Platte – erkennbar an den zusätzlichen Schraffuren. Dies dürfte deshalb die Platte aus der Sammlung von Helmut Scharpf sein.
Im Klosterarchiv gibt es zwei weitere Stiche der Seminarmadonna, einen von 1703 und einen späteren, der zum direkten Vorbild für den vorliegenden Stich wurde.
Das Tragen eines Skapuliers geht auf eine Verheißung der Jungfrau Maria zurück, die besagt, dass wer mit diesem Skapulier bekleidet sterbe, aus dem Fegefeuer errettet werde [bei Wikipedia steht falsch: aus der Hölle]. Diese Verheißung, die der Überlieferung nach Simon Stock, einem Karmeliten des 13. Jahrhunderts, zuteil wurde, ist von der katholischen Kirche anerkannt. Verstanden wird sie in der Regel so, dass die Fürsprache Mariens den Skapulierträger entweder vor der schweren Sünde bewahrt oder ihn rechtzeitig zur Umkehr bewegt.
Vom Kupferstich des Augsburgers Simon Thaddäus Sondermayr (1697 - 1754) gibt es im Archiv der Abtei Ottobeuren mehrere Fassungen. Der vorliegende Stich war ein Belegexemplar für die zugehörige Kupferplatte, die im März 2020 angekauft werden konnte.
Stiche des Augsburger Kupferstechers Sondermayr finden sich im Internet auch für die Wieskirche in Steingaden und Maria Steinbach im Illerwinkel. Die „Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel“ verfügt über einen Stich, der die Hl. Crescentia aus Kaufbeuren zeigt.
Das Germanische Nationalmuseum, das die Platte (Format ohne Rand ca. 6 x 9,7 cm) ausgemustert hat, bezeichnet Sondermayr als „Zeichner, Stecher und Verleger“; Datierungen seiner Werke variieren von 1727-1755; die Deutsche Nationalbibliothek gibt als seinen Beruf „Kupferstecher“, seinen Wirkort mit „Augsburg“ an.
Maria hält in ihrer Rechten einen Rosenkranz, an ihrem linken Handgelenk ein Skapulier, in der Hand außerdem eine Lilienszepter mit drei Lilien (als Symbol für ihre Unbeflecktheit).
Bei Wikipedia heißt es auf der Seite über Skapuliere:
Skapuliere gibt es als Teil des Ordensgewandes. (...) Außer dem braunen Skapulier gibt es noch mehrere andere, von der katholischen Kirche als Sakramentalien approbierte Skapuliere, etwa das weiße Skapulier der Trinitarier, das rote Passionsskapulier, das schwarze Passionsskapulier und das blaue Skapulier der Unbefleckten Empfängnis.
Die kleinen Skapuliere leiten sich von den Skapulieren der dritten Ordens ab, die sich wiederum von einer verkürzten Form des großen Skapulieres ableiten, die Angehörige monastischer Orden früher während der Nachtruhe zu tragen pflegten. Die kleinen Skapuliere bestehen aus zwei, aus Stoff (in der Regel Wolle) in der Farbe des Habits der Ordensgemeinschaft gefertigten Vierecken, die durch zwei Schnüre so miteinander verbunden sind, dass jeweils eines auf der Brust und eines auf dem Rücken getragen wird. Die Größe der Stoffstücke variiert; manche sind kleiner als eine Briefmarke, andere bis zu 10 cm groß. Oft sind auf den Skapulieren kleine Abbildungen, etwa des Herzens Jesu oder der Gottesmutter angebracht.
Das braune Skapulier
Von den verschiedenen kleinen Skapulieren ist das Skapulier des Karmel, genannt „das braune Skapulier“ oder einfach nur „das Skapulier“, das bekannteste. Seine Verbreitung verdankt es vor allem einer Verheißung der Jungfrau Maria, die besagt, dass wer mit diesem Skapulier bekleidet sterbe, nicht das Feuer der Hölle erleiden müsse. Diese Verheißung, die der Überlieferung nach Simon Stock, einem Karmeliten des 13. Jahrhunderts, zuteilwurde, ist von der katholischen Kirche anerkannt. Verstanden wird sie in der Regel so, dass die Fürsprache Mariens den Skapulierträger entweder vor der schweren Sünde bewahrt oder ihn rechtzeitig zur Umkehr bewegt. Das Karmelskapulier muss nach kirchlicher Vorschrift von einem Priester aufgelegt werden, die Mitgliedschaft in einer Skapulierbruderschaft ist jedoch nicht mehr verpflichtend.
Eine schöne Abbildung einer Kopie der Freisinger Seminarmadonna (um 1735) aus dem Diözesanmuseum Freising findet sich bei Cornelia Plott (S. 109) in ihrer Diplomarbeit von 2006 (TU MÜnchen, Studiengang Restaurierung, Kunsttechnologie und Konservierungswissenschaft): Die Darstellung textiler Schmucktechniken durch Bildhauer und Fassmaler an ausgewählten Skulpturen von Franz Ignaz Günther und seinem Umkreis
Dazu schreibt sie:
Eine Kopie (...) zeigt textile Schmucktechniken, die denen an der Bekleidung der Maria Immaculata von Ignaz Günther ähnlich sind. Es handelt sich um ein Gemälde in Öl auf Leinwand. Die Freisinger Seminarmadonna ist ebenfalls eine Maria Immaculata. In der linken Hand hält sie ein Lilienzepter. Maria trägt einen dunkelblauen Umhang und ein weißes Kleid aus Seidendamast. An beiden Bekleidungsstücken werden aufwändige Goldstickereien dargestellt. Die Stickereien zeigen ein Muster aus Ranken mit Stielen, Blättern und kleinen Blüten. Die durch Ranken gebildeten, meist kreisförmigen Motive zeigen diverse Ziermuster.
Pater Rupert Pusinovsky sei für seinen Rat vom 30.03.2020 herzlich gedankt. Zusammenstellung und Sammlung Helmut Scharpf, 03/2020