27.04.1936 – Zeppelin-Post für die Fuchsfarm Ottobeuren, befördert auf der 1. Nordamerikafahrt der „Hindenburg“ (LZ 129)
Titel
Beschreibung
Briefe, die per Zeppelin befördert wurden, waren immer etwas besonderes, zumal, wenn sie bis aus den USA kamen. Rudolf Tisch betrieb vermutlich eine Silberfuchsfarm am Ort, den man auch heute noch als „Fuchsfarm“ bezeichnet (am südwestlichen Ortsrand von Ottobeuren) und an dem die Pfadfinder beheimatet sind. Die Tierzucht gab es dort wahrscheinlich nur bis zum 2. Weltkrieg. Früher und länger wurde die Silberfuchsfarm zwischen Böglins und Schellenberg betrieben.
Herr Tisch war möglicherweise einfach nur Sammler dieser sehr dekorativen Belege, da auf der Rückseite als Absenderstempel just sein eigener prangt.
Die Post lag vermutlich noch einige Zeit in Frankfurt. Der Zeppelinflug nach New York startete am 06.05.1936 um 21.30 Uhr und erreichte Lakehurst in der Rekordzeit von 61,5 Stunden am 9. Mai 1936.
Zum Luftschiff LZ 129 „Hindenburg“ gibt es freilich eine Wikipedia-Seite. Die Auswirkungen des Absturzes (ein Jahr später) auf die Zeppelinpostbeförderung sind dort wie folgt beschrieben:
Nach dem Absturz der „Hindenburg“ und dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges fand die Zeppelinpost ein jähes Ende. Die letzte Zeppelinpost in Deutschland wurde im Oktober 1939 mit dem Luftschiff LZ 130 befördert.
Zu den verwendeten Poststempeln:
27.04.1936 - 10 Uhr
Bahnpostamt Frankfurt (Main), Auslandsstelle mit Einschreibezettel Frankfurt (Main) 2 und Luftpostaufkleber
09.05.1936: zwei Stempel aus New York, FOREIGN - Ausland und REG'Y.DIV. - letzterer vermutlich Abkürzung für „registry division“ („American Registration cancel for incoming registered mails“), also der Eingangsstempel der Abteilung für eingehende Einschreibebriefe
17.05.1936, 8 - 9 Uhr vormittags, Zweikreisstempel bei der Ankunft in Ottobeuren.
Was das Porto von 5 Reichsmark und die New Yorker Stempel angeht, so hoffen wir noch auf die Unterstützung von Zeppelinpost-Sammlern! Der Beleg (aus der Sammlung Scharpf) trägt auf der Vorderseite rechts unten den Stempel des Prüfers „Grabowski“.
Die beiden Marken waren die höchsten Wertstufen der Flugpost-Serie vom 21.01.1934 (gültig bis 31.12.1939) - Deutsches Reich, Michel-Nr. 538y und 539y (das „y“ steht für waagrechte Riffelung).
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Ein zweite Zeppelinpost mit demselben Datum an Herrn Tisch konnte im Februar 2022 angekauft werden. Sie wurde offensichtlich auch bei Ausstellungen eingesetzt (s. pdf).
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In Ottobeuren gab es am 02.04.1909 einen Zeppelin-Überflug, der Verschönerungsverein errichtete 1912 einen Gedenkstein im Bannwald.
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Ottobeurer Tagblatt / Memminger Volksblatt, Mittwoch, 2.10.1929, S. 6
Ottobeuren, 2. Okt. Das Luftschiff „Graf Zeppelin“ über Ottobeuren.
War das ein Jubel und eine freudige Erregung unter der ganzen Einwohnerschaft, als gestern Mittwoch nachmittags kurz nach halb 8 Uhr die Nachricht durch den Markt eilte: „der Zeppelin kommt!“ Schon am Morgen als durch Radio die Nachricht von dem um 8.20 Uhr früh in Friedrichshafen erfolgten Start bekannt wurde, im Laufe des Vormittags dann die ersten Standortsmeldungen und die voraussichtliche Reiseroute durchgegeben wurden, die bei der Heimfahrt über Augsburg und Bad Wörishofen führen sollte, hegten viele den heißen Wunsch im Herzen, der Weltenbezwinger möchte unsern Markt überfliegen. Nach etwas ungeduldigem Warten – das Luftschiff überflog nachmittags 2.15 Uhr schon München und hat anscheinend von dort aus noch einen größeren Abstecher gemacht oder ziemlich lange die Oktoberfestwiese von oben betrachtet – erschien das stolze Luftschiff von nordöstlicher Richtung kommend über Ottobeuren. Durch die Freudenrufe und das Geräusch der Motoren aufmerksam gemacht, waren Straßen und Plätze alsbald gefüllt von einer begeisterten Menge von Zuschauern. In langsamem Fluge und in geringer Höhe (vielleicht ca. 200 Meter) schwebte das riesige Luftschiff der nördlichen Peripherie des Marktes entlang, rechts an Kirche und Kloster vorbei, um dann ziemlich scharfen Südwestkurs zu nehmen. Tausende von Augenpaaren verfolgten das Luftschiff, an dem Führer-, Passagier- und die Motorgondeln, Bauzeichen etc., deutlich und genau zu sehen waren, bis der Bezwinger der Lüfte und Umsegler der Erde den Blicken langsam entschwand. Dankbar und in Anerkennung der hohen Ehre, die uns durch den Besuch des „Grafen Zeppelin“ zuteil wurde, konstatieren wird die denkwürdigen Augenblicke, dem König der Lüfte frohe Fahrt zu seiner heute angetretenen Schweizerreise wünschend! —