08.04.1918 - Erstkommunion in der Basilika Ottobeuren
Titel
Beschreibung
Die meisten Gesichter der 71 Kommunionkinder vermitteln trotz des freudigen Anlasses keinen besonders fröhlichen Eindruck. Die Zeit im vierten Kriegsjahr war von Entbehrungen geprägt. Der Geistliche links ist der Abt von St. Stephan, Placidus Glogger (im Amt von 1915 - 1941; für das Priorat Ottobeuren bis 1920; weiterer Link), rechts steht der Ottobeurer Pfarrer, Pater Augustin Krimm (im Amt von 1912 - 1930) und zwischen den beiden der 2. Abtprimas des Benediktinerordens, Fidelis von Stotzingen (Abtprimas von 1913-47). Laut Gästebuch der Abtei hielt es sich in Vorbereitung auf die Wiedererlangung der Selbständigkeit der Abtei Ottobeuren vom 6.-8. April 1918 in Ottobeuren auf.
Im Ottobeurer Tagblatt, Nr. 78 vom 6.4.1918, wurde die Erstkommunion auf S. 4 (Rubrik Kirchenzeiger) angekündigt: Ottobeuren.
Samstag: 6 Uhr hl. Messe für Johanna Weiß,
7einv.[iertel] Uhr f. Anna Fink und für Alexander und
Genoveva Reichardt, 8 Uhr für Walburga Noll.
Sonntag: Weißer Sonntag. 6 Uhr gest. Jahresmesse f. Jungfrau Franziska Schwank, für Martin und Magdalena Buchmayr, 7 Uhr für Joseph, Kreszenzta und Maria Beata Hops, 7einv. Uhr für Kreszenzia Geiger von Reuthen. Die nächtliche Anbetung läßt für ihre verstorb. Mitglieder zwei hl. Messen lesen. 8 Uhr Erstkommunionfeier, Abholung der Kinder vom Schulhause, Ansprache, Pontifikalmesse; Jahresmesse für Ottilie Wölfle.
Als nächstes Tagblatt, das an sich täglich außer sonntags erschien, ist leider erst wieder die Ausgabe 83 vom 10. April erhalten. Einen Bericht von der Erstkommunion haben wir deshalb leider (noch) nicht - ist geg. im Stadtarchiv Memmingen zu finden.
Unter Ottobeuren wurden auf S. 3 folgende zwei Punkte genannt, wobei vor allem der zweite einen Eindruck der Kriegszeit vermittelt:
o Die 2. Schulstelle zu Ottobeuren wurde dem Hauptlehrer Franz Strobl in Gundelfingen ab 1. Mai verliehen.
o Wo bleibt die Vergeltung: Aus unserem Leserkreis wird uns geschrieben; Niemand wird ohne die tiefste Entrüstung die Mitteilung des Roten Kreuzes in Nr. 81/1918 dieses Blattes gelesen haben, wonach in Rumänien mindestens 12 000 deutsche Gefangene zu Tode gemartert worden sind. Da ist die Frage wohl berechtigt, welche Vergeltungsmaßregeln ergreift das Reich gegenüber dieser niederträchtigen gemeinem Mörderbande? Mit Geldentschädigungen an die Hinterbliebenen kann es da nicht abgetan sein. Umsomehr als wir bei Rußland und womöglich in noch höherem Maße bei Frankreich das gleiche erleben werden, denn namentlich die Franzosen zeigen gerade in der Gefangenenbehandlung ebenfalls einen ganz gemeinen Charakter.
In der (nächst-erhaltenen) Ausgabe Nr. 86 vom 13.04.1918 ist auf Seite sechs eine Bekanntmachung von Bürgermeister Anton Frey abgedruckt, Betreff: Fleisch- und Brotkartenabgabe, sowie Kochmehlverteilung in der Gemeinde Ottobeuren. Die Fleischmarken für Memmingen und Ottobeuren sahen so aus.
Recht kurios ist eine weitere Meldung zur Versorgungslage (6.4.1918, S. 4):
Stephansried. (Das Schwein im Luftballon!) Dieser Tage landete hier ein Luftballon, dessen Insassen ein lebendes Schwein mit sich führten. Von der Landungsstelle aus begaben sich die „modernen Hamsterer“ nach Attenhausen, wo sie gleichfalls Hamsterstreifzüge veranstalteten, um dann wieder durch die Luft das Weite zu suchen.
Auf derselben Seite (pdf S. 160; siehe Abbildung) wird das Kinoprogramm beworben:
Kinematograph im Postsaale Ottobeuren. Am Sonntag, den 14. April 1918, abends halb 8 Uhr
„In diesem Zeichen wirst du siegen“
Religiöser Kunstfilm in Akten.
„Treue hier, Verrat dort"
Vaterländischer Kriegsfilm in 8 Akten.
„Lillys Entführung“
Lustspiel in 2 Akten. 75338
Jugendliche unter 17 Jahren haben abends keinen Zutritt. Nachmittags halb 4 Uhr Kinder-Vorstellung.
Kurios ist die Umstellung von Winter- auf Sommerzeit. Unter Lokales hieß es in der Ausgabe vom 13.4.1918, auf S. 3:
Die Sommerzeit beginnt am 15. April 1918, vormittags 2 Uhr, nach der gegenwärtigen Zeitrechnung und endet am 16. September 1918, vormittags 3 Uhr, laut Bundesratsverordnung. Die öffentlich angebrachten Uhren sind am 15. April 1918, vormittags 2 Uhr, auf 3 Uhr vorzustellen, am 16. September ds. Js., vormittags 3 Uhr auf 2 Uhr zurückzustellen.
(Kommt uns heute noch bekannt vor. Auch damals gab es Proteste - aus der Landwirtschaft - und Eingaben beim Bundesrat gegen die Einführung.)
Auf Seite vier wird die achte Kriegsanleihe beworben. Als letzter Tag der Rückzahlung wird der 1. Juli 1967 angegeben! In der ordentlichen Versammlung des Darlehenskassensvereins Ottobeuren beschloss man die Zeichnung von 60.000 Mark. (Bericht 16.4.1918, S. 3, Anzeige zur Zeichnung der 8. Deutschen Kriegsanleihe auf S. 4; pdf 164). Ottobeuren zeichnete sich bei der Zeichnung von Kriegsanleihen besonders aus.
Bei all dieen Zeitumständen: Kein Wunder, dass die armen Jungs solche Gesichter machen ...