10.06.2018 - IFEU-Ausfahrt mit Station in Ottobeuren
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Zum dritten Male in Folge veranstaltete die Interessensgemeinschaft zur Förderung der Elektromobilität im Unterallgäu (IFEU) eine Ausfahrt quer durch den Landkreis. 50 Elektrofahrzeuge aller Art machten Station auf dem Marktplatz. Bürgermeister German Fries begrüßte die Gäste, IFEU-Organisator vor Ort Helmut Scharpf ging in einem Redebeitrag auf die Steine ein, die der Elektromobilität in Deutschland noch immer in den Weg gelegt werden, erinnerte aber gleichzeitig daran, dass das Kollabieren der bestehenden Verkehrsinfrastruktur zukünftig nach intelligenteren Lösungen verlangt, um Verkehr nachhaltiger zu organisieren. Hier der Redebeitrag sowie die daraus folgende Pressemitteilung:
Den IFEU-Mitglieder erzähle ich nichts Neues: Stellen Sie sich vor, Sie fahren eine herkömmliche Tankstelle an, aber an keiner der Zapfsäulen für Diesel oder Benzin lässt sich erkennen, was denn ein Liter kostet. Sie können nicht sicher sein, ob Sie überhaupt für die gezapften Liter zahlen können oder ob Ihnen nicht – ganz ungeachtet der Menge – vielleicht eine Pauschale abgeknöpft wird. Ja, Sie wissen noch nicht einmal, ob Sie an der Tankstelle überhaupt so ohne Weiteres tanken können, wenn Sie nicht Mitglied eines bestimmten Anbieters sind. Aber genau so stellt sich die Situation an den Ladesäulen 2018 in Deutschland dar.
Sie wollen ein Elektroauto kaufen? Ein paar wenige gibt es tatsächlich, bis zu 10.000 € teurer als in der „Verbrenner-Variante“; Hersteller überbieten sich mit den vielen Konzept- und Design-Studien allerdings lediglich in einer Disziplin: im Ankündigen von Phantomen. Wir erinnern uns: Die Post wollte sich ein Auslieferfahrzeug bauen lassen, baut den Scooter in einer eigenen Tochterfirma aber mangels Kooperationsbereitschaft der deutschen Automobilindustrie mittlerweile erfolgreich selbst. So gestaltet sich also die mobile Zukunft in einem Land, in dem für das Jahr 2020 einmal 1.000.000 E-Autos vorgesehen waren. Umgerechnet auf die Bevölkerung hatte Norwegen dies übrigens bereits im Juni 2017 nicht nur erreicht, sondern sogar weit übertroffen: Es wären 1,7 Mio E-Fahrzeuge. Und das schon vor einem Jahr!
Vor wenigen Tagen (Anfang Juni 2018) erhielt Deutschland – zusammen mit Luxemburg und Belgien – ein Mahnschreiben der EU-Kommission, in dem die Umsetzung der europäischen Richtlinie zum Aufbau von Elektro-, Gas- und Wasserstofftankstellen bemängelt wird. Die Rüge ist der erste Schritt eines förmlichen EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik. Bei einer Niederlage drohen hohe Zwangsgelder. Die Mitgliedstaaten hätten diese Richtlinie bis spätestens 18. November 2016 umsetzen müssen. Für eine Nachbesserung bleiben den Ländern gerade einmal zwei Monate Zeit.
Trotz all dieser Umstände ist es Mitbürgern wie Ihnen zu verdanken, dass sich etwas bewegt. Sie haben die Rolle von Pionieren eingenommen. Die IFEU zeigt mit der heutigen Ausfahrt einmal mehr, dass es geht, wenn man denn will. Auf unsere Politik brauchen wir nicht zu warten; die aufgezeigten Beispiele machen deutlich, dass Bundespolitiker und Autokonzerne trotz schöner Sonntagsreden beim Thema Elektromobilität aktiv auf der Bremse stehen und sich gezwungenermaßen nur deshalb bewegen, weil andere Länder und Regionen dieser Welt die Richtung vorgeben.
Bei aller Euphorie über die neue Antriebstechnik dürfen wir nicht vergessen, dass auch Elektromobilität nur Teil des Individualverkehrs ist. Wir alle verursachen Verkehrsbelastung; Elektromobilität kann deshalb nur ein Teilaspekt der Lösung sein. Die Rede von der „Stau-Republik Deutschland“ umfasst in ihrer Bedeutung auch Elektroautos. Es gilt, Mobilität neu und intelligent zu vernetzen, ÖPNV und Radverkehr massiv zu stärken. Was dies bewegen kann, konnte ich letzte Wochen in der Radler-Hauptstadt Kopenhagen selbst erfahren. Wenn man derartige Angebote schafft, dann werden sie angenommen.
Wer immer neue Straßen baut, wer alte Straßen verbreitert und innerorts weiterhin auf Tempo 50 setzt, braucht sich über das Ergebnis nicht zu wundern. In den Köpfen der Entscheidungsträger muss sich da noch so einiges bewegen; aber der Leidensdruck in der Bevölkerung wächst. Und der Klimawandel verlangt neben der Strom- und Wärmewende eben auch die Verkehrswende.
Ein Teil der Lösung wird im Ansatz auch in Ottobeuren verfolgt: Seit November 2015 gibt es – wie schon vorher in Türkheim und seit Kurzem in Mindelheim – auch im kleinen Marktflecken ein Carsharing, das im März 2017 auf einen ZOE umgestellt werden konnte. Die Gemeinde hat einen Tiefgaragenplatz in der Ortsmitte zur Verfügung gestellt und ich hoffe, sie wird dies auch bei einem bald anstehenden zweiten Elektroauto tun, verbunden mit der Möglichkeit, die nötige Ladeinfrastruktur aufzubauen, denn anders als beim Carsharing mit konventionellen Antrieben muss ich ab und zu eben ein weiteres Mal zum Fahrzeug, um es vom öffentlichen Ladepunkt wieder abzuhängen. Carsharing ist bewusst geplante Mobilität; Teil der „Sharing Economy“ zu sein, macht auch ökonomisch Sinn. Es ist aber beileibe kein Selbstläufer, elektrisches Fahren weckt zumindest Neugierde.
Jetzt genießt im „Fairtrade-Ort Ottobeuren“ noch ein faires Eis. Werft einen Blick in die Basilika und versetzen Sie sich damit in eine Zeit, in der man für die Strecke nach Memmingen in zwei Stunden brauchte. Zu Energiefragen und zu Fairtrade gibt es Stände; zum Carsharing stehe ich als Kümmerer für Neugierige gerne zur Verfügung. Ich danke Bgm. und IFEU-Mitglied German Fries für die Gastfreundschaft der Marktgemeinde und euch für euer Kommen und euer Interesse!
Die diesjährige Ausfahrt der Interessensgemeinschaft zur Förderung der Elektromobilität im Unterallgäu (IFEU; www.i-feu.de) führte am 10.6. von Mindelheim über Bad Wörishofen, Ottobeuren und Memmingen nach Buxheim. Mit 50 Fahrzeugen aller Art, vom E-Bike bis zum Linienbus der Stadtwerke Bad Wörishofen (Motto: „Tankst du noch oder lädst du schon?“) war so ziemlich alles vertreten, was elektrisch fährt. Die Fahrerinnen und Fahrer stellten den Zaungästen ihre Fahrzeuge vor und boten Probefahrten an.
In Redebeiträgen wurde auf die Bedeutung der Elektromobilität verwiesen, die in der Praxis aber noch immer von etlichen Faktoren behindert werde. IFEU-Organisator vor Ort Helmut Scharpf machte z.B. die Schwierigkeiten beim Laden deutlich und verglich die Situation mit einer herkömmlichen Tankstelle, an der man weder den Preis genannt bekommt, nicht weiß, ob man nach Litern oder Pauschal abgerechnet wird oder ob man dort ohne eine Mitgliedschaft so ohne Weiteres überhaupt tanken kann. Aber genau so läuft es an einer deutschen Ladesäule. Solche Alltagsprobleme würden von der Politik nicht bereinigt. Dass es auch anders geht, zeigte Scharpf am Beispiel Norwegen auf, wo es schon im Juni 2017 Zulassungszahlen gab, die, umgerechnet auf die Bevölkerungszahl in Deutschland, 1,7 Millionen Elektroautos entsprachen. Dort wurde längst übererfüllt, was uns einmal für 2020 versprochen war. Hierzulande wurde das Ziel „eine Million E-Fahrzeuge auf deutschen Straßen“ hingegen aufgegeben. Bei uns bleibt trotz Sonntagsreden und Ankündigungen der Status quo weitgehend erhalten. Bewegung gibt es nur, weil andere Länder und Regionen dieser Welt die Richtung vorgeben.
Bei aller Euphorie über neue Antriebstechniken darf man nicht vergessen, dass auch die Elektromobilität nur Teil des Individualverkehrs sei. Es gelte, „Mobilität neu und intelligent zu vernetzen, ÖPNV und Radverkehr massiv zu stärken“, so Scharpf, der gleichzeitig das Ottobeurer Carsharing-Modell vorstellte.
Bürgermeister und IFEU-Mitglied German Fries schnitt in seinem Grußwort die Einsparungen bei der Straßenbeleuchtung an und verwies auf die beiden Stände des Energiemanagements und der Fairtrade-Gruppe. Erfrischt mit einem fairen Eis beim „Pedro“ ging es weiter nach Memmingen.
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Die Fotos wurden von Thomas Scharpf (Ottobeuren) gemacht. Weitere Bilder und ausführliche Berichte - insbesondere auch zu den weiteren Stationen Mindelheim, Memmingen und Buxheim - finden Sie auf den IFEU-Seiten.
Nicht in Ottobeuren, aber in Memmingen: Zwei Teslas führten synchron eine Licht- und Musikshow aus. Wie das ausgesehen hat, lässt sich anhand eines Youtube-Videos nachvollziehen.
Zum Aufbau der Ottobeurer Ladeinfrastruktur finden Sie hier einen Beitrag aus dem virtuellen Museum.