1875 – kolorierte Ansicht von Ottobeuren
Titel
1875 – kolorierte Ansicht von Ottobeuren
Beschreibung
Was für ein Unterschied! Eine Zeichnung in einem Artikel von Pfarrer Hansjakob Heinrich, alias Adolf Heiter, über seinen Besuch in Ottobeuren 1875, wurde nachträglich koloriert und erhielt damit eine wunderbare Plastizität. Das winzig kleine Ottobeuren, komplett landwirtschaftlich geprägt, inmitten einer üppig grünen Landschaft. Die Klosterwald- und Alexanderstraße bilden die Ortsgrenze. Zum Vergleich ist hier das schwarz-weiße Original eingestellt, das 1880 erstmals in Druck ging.
Der Artikel ist lesenswert und wurde bereits in einem früheren Eintrag im virtuellen Museum behandelt. Hier nur ein kurzer Ausschnitt:
Aber jetzt, lieber Leser, ist’s hohe Zeit, daß ich Dir endlich einmal sage, wo wir eigentlich sind; sonst könntest Du am Ende meinen, das Ganze wär’ ein Märchen, das ich Dir zum Zeitvertreib vormache. So vernimm denn und lausche: wir sind im Kloster – Ottobeuren.
Du hast gewiß schon von vielen Klöstern gehört, aber von dem noch nicht viel. Und wenn du nicht gerade ein Bayer bist, so dürfte dir selbst der Name zum erstenmale zu Gesicht kommen. Und ich selbst wußte von diesem uralten Stift so viel wie nichts, ehe ich es betreten habe. Und doch war Ottobeuren eines der bedeutendsten Gotteshäuser im alten deutschen Reich.
Sylach, ein „mächtiger Herr in Schwaben“, ist sein Stifter und dessen Sohn Toto sein erster Abt, um das Jahr 764. Die Stiftung wuchs und blühte bis in unser Jahrhundert unter den so vielfach stürmisch wechselnden Zeitverhältnissen, an denen die katholischen Klöster stets ihren Antheil hatten. Zu Anfang des 17. Jahrhunderts halfen Äbte von Ottobeuren die hohe Schule in Salzburg gründen, und von seinen Mönchen saßen manche auf den Lehrstühlen dieser Universität, während unter den Daheimgebliebenen noch manch’ Einer durch Wissenschaft glänzte in der verborgenen Klosterzelle. War Ottobeuren auch nie entfernt so reich und mächtig, wie die Fürstabtei Kempten, so übertraf es diese doch um so mehr durch seine Klosterdisciplin und seine wissenschaftlichen Leistungen. Und als in Folge des Lüneviller Friedens beide Nachbarstifte dem Staate heimfielen, hatte Kempten ein Gebiet von 18 Quadratmeilen und Ottobeuren nur 4 ¾ zu verlieren.
Heute ist Ottobeuren noch groß in seinen Ruinen, und wenn auch nur wenige, so wandeln doch wieder Benediktiner-Mönche durch seine weiten Hallen und Gänge. Und der Fremdling, der zum erstenmale diese Räume betritt, wird staunend durch sie hinschreiten, vergangene Zeiten vor sich aufsteigen sehen und von Wehmuth erfaßt werden ob der sinkenden Pracht vergangener Tage.
Das schöne Bild – letztlich als originale Zeitungsseite aus dem „Illustrierten katholischen Familienblatt“ von 1880 – konnte im Oktober 2023 bei einem Antiquariat beschafft werden, es wurde zusätzlich digital nachbearbeitet. Nachdem eine Fotografie von Franz Biberstein als Vorlage diente, wäre es sensationell, wenn auch das Original-Foto einmal zum Vorschein käme!
Sammlung Helmut Scharpf; 10/2023
Der Artikel ist lesenswert und wurde bereits in einem früheren Eintrag im virtuellen Museum behandelt. Hier nur ein kurzer Ausschnitt:
Aber jetzt, lieber Leser, ist’s hohe Zeit, daß ich Dir endlich einmal sage, wo wir eigentlich sind; sonst könntest Du am Ende meinen, das Ganze wär’ ein Märchen, das ich Dir zum Zeitvertreib vormache. So vernimm denn und lausche: wir sind im Kloster – Ottobeuren.
Du hast gewiß schon von vielen Klöstern gehört, aber von dem noch nicht viel. Und wenn du nicht gerade ein Bayer bist, so dürfte dir selbst der Name zum erstenmale zu Gesicht kommen. Und ich selbst wußte von diesem uralten Stift so viel wie nichts, ehe ich es betreten habe. Und doch war Ottobeuren eines der bedeutendsten Gotteshäuser im alten deutschen Reich.
Sylach, ein „mächtiger Herr in Schwaben“, ist sein Stifter und dessen Sohn Toto sein erster Abt, um das Jahr 764. Die Stiftung wuchs und blühte bis in unser Jahrhundert unter den so vielfach stürmisch wechselnden Zeitverhältnissen, an denen die katholischen Klöster stets ihren Antheil hatten. Zu Anfang des 17. Jahrhunderts halfen Äbte von Ottobeuren die hohe Schule in Salzburg gründen, und von seinen Mönchen saßen manche auf den Lehrstühlen dieser Universität, während unter den Daheimgebliebenen noch manch’ Einer durch Wissenschaft glänzte in der verborgenen Klosterzelle. War Ottobeuren auch nie entfernt so reich und mächtig, wie die Fürstabtei Kempten, so übertraf es diese doch um so mehr durch seine Klosterdisciplin und seine wissenschaftlichen Leistungen. Und als in Folge des Lüneviller Friedens beide Nachbarstifte dem Staate heimfielen, hatte Kempten ein Gebiet von 18 Quadratmeilen und Ottobeuren nur 4 ¾ zu verlieren.
Heute ist Ottobeuren noch groß in seinen Ruinen, und wenn auch nur wenige, so wandeln doch wieder Benediktiner-Mönche durch seine weiten Hallen und Gänge. Und der Fremdling, der zum erstenmale diese Räume betritt, wird staunend durch sie hinschreiten, vergangene Zeiten vor sich aufsteigen sehen und von Wehmuth erfaßt werden ob der sinkenden Pracht vergangener Tage.
Das schöne Bild – letztlich als originale Zeitungsseite aus dem „Illustrierten katholischen Familienblatt“ von 1880 – konnte im Oktober 2023 bei einem Antiquariat beschafft werden, es wurde zusätzlich digital nachbearbeitet. Nachdem eine Fotografie von Franz Biberstein als Vorlage diente, wäre es sensationell, wenn auch das Original-Foto einmal zum Vorschein käme!
Sammlung Helmut Scharpf; 10/2023
Urheber
unbekannter Kupferstecher
Quelle
Sammlung Helmut Scharpf
Verleger
Helmut Scharpf
Datum
1875-07
Rechte
gemeinfrei