1720 – kolorierte Fassung des Kupferstichs der „Herrschaft Mindelheim“
Titel
1720 – kolorierte Fassung des Kupferstichs der „Herrschaft Mindelheim“
Beschreibung
Die bekannte Homann’sche Karte der Herrschaft Mindelheim von ca. 1720 konnte im November 2023 bei einer Auktion in Leipzig erworben werden – in einer einmaligen kolorierten Fassung. Ottobeuren ist links unten eingezeichnet. Bei Wikipedia heißt es zum Urheber:
„Johann Baptist Homann (* 20. März 1664 in Oberkammlach, † 1. Juli 1724 in Nürnberg) war ein deutscher Kartograph, Verleger, Kupferstecher und fertigte Globen.“
Der lateinische Kartentitel und -text der „Neuen geografischen Karte der Herrschaft Mindelheim“: „Protoparchiae Mindelhemensis Nova Tabula Geographica, Quam, Ob singularem erga Patriam Amorem, Perillustri ac Generoso Domino D. Maximiliano Antonio L. B. de Zündt, Domino in Kintzingen, Kimpfenhausen, et Harkirchen etc. etc. Sereniß. Elect Bavariae Camerario, et Confiliario Aulico; nec non Supremo Urbis, et Protoparehiae Mindelh[emenis] Praef. et Granario. Patrono suo Gratiosißimo submiße dedicat Jo. Baptista Homann. Sac. Caes. Maj. Geographus torquatus, et Regiae Boruß. Societatis Scientiaru nembrum Norimbergae.“
Die Schriftrolle enthält eine Widmung für Maximilian Anton Freiherr von Zündt, darüber befinden sich Putten mit Wappen. (Zur Familie Zündt, die die Karte vermutlich finanzierte, findet sich ein Zusammenhang mit Mindelheim, über den genannten Freiherrn liegen jedoch keine näheren Informationen vor.)
An Wappen sind zu sehen: das Wappen des Kurfürstentums Bayern (1623–1777) sowie das Mindelheimer Stadtwappen (Das Wasser symbolisiert die Mindel, die Glocke stellt eine Markt- oder Ratsglocke dar und steht für die Autonomie der Bürger Mindelheims, vgl. Homepage der Stadt.)
Was es mit dem Wappen mit den drei Hirschen auf sich hat, ist unklar, vielleicht ein Bezug auf das alte schwäbische Adelsgeschlecht der Grafen von Rechberg. (Auch über der Ritterrüstung sieht man eine Hirsch-Abbildung.)
Im Sinne einer Legende wird erklärt, warum manchen Orten - u.a. Erkheim (hier: Erckheim bzw. Ierckhaim) ein Sternchen zugeordnet ist: „Benevole Spectator adverte. Loca hoc signo * notata non at Mindelhemensem amplius Protoparchiam pertinere.“ (Etwa: „Der Betrachter möge bitte beachten, dass die mit diesem Zeichen * gekennzeichneten Orte nicht mehr zur Herrschaft Mindelheim gehören.“)
Auf dem Schild in der Kartusche rechts oben – mit einer jagdlich-landwirtschaftlichen Allegorie – werden zwei Verse des römischen Dichters Ovid zitiert (Ex Ponto 1,3,35): „Nescio qua natale solum dulcedine cunctos. Ducit et immemores non sinit esse sui.“ („Mit – ich weiß nicht, welcher – Süße zieht der Ort, wo man geboren, alle an und lässt sie ihn nicht vergessen.“) Möglicherweise spielt Homann damit auf seinen Geburtsort Oberkammlach an.
Darunter findet sich eine ca. 12 x 6 cm große Stadtansicht von Mindelheim („Die Stadt Mindelheim gegen Mitternacht anzusehen“) in barocker Umrandung. „Mitternacht“ steht für Norden, sprich, gezeigt wird der Blick von Süden aus auf („gegen“) die (nördlich vom Standpunkt gelegene) Stadt Mindelheim.
Am unteren Kartenrand sind ein Meilenanzeiger („Maas-Stab von zwey Stunden“, entspricht ca. 1 : 40.000) und eine Windrose abgebildet.
Von der Karte gibt es viele, die das Herrschaftsgebiet Mindelheims farbig hervorheben, in der hier vorliegenden sind weitere Bereiche – wie die große allegorische Titelkartusche oben links sowie die figürliche Kartusche mit der Ansicht von Mindelheim rechts – koloriert; Grenz- und Flächenkolorit. Flächenkoloriert hervorgehoben sind die Grenzen der Forstbezirke (Hutungen, Mindelheim, Loppenhausen, Daschberg, Mussenhausen, Dierlewang, Dorshausen, Kirchdorf u. a.).
Die Darstellung misst 49 x 58 cm, die Blattgröße beträgt 51 x 62,5 cm.
Im Zentrum wird das Territorium der Herrschaft Mindelheim zwischen Kirchheim, Türkheim und Memmingen gezeigt. Das Territorium des Klosterstaats Ottobeuren ist nicht eigens abgegrenzt, sondern „der Stadt Memmingen Gebiet“ zugewiesen. Um das Kloster „Ottenbeuren“ werden die Orte Theinseberg [Theinselberg], Luipls [Leupolz], Attahausen [Attenhausen], Frechenried [Frechenrieden], Altsried [Altisried] und Eheim genannt.
Ausschnitt siehe
Wer die einzelnen Herrschaftsgebiete – mit Stand 1801 – differenziert betrachten möchte, findet sie auf der Karte, die 1906 vom „Historischen Verein für Schwaben und Neuburg“ veröffentlicht wurde:
Wertvolle Hinweise ergeben sich auf der Seite „Landkarten-Ausstellung“: Der Maßstab der Karte wird mit „ca. 1 : 40.000“, als Datierung „zwischen 1716 u. 1724“ angegeben. Zur Datierung wird auf „Sandler, S. 89, Blatt 10“ verwiesen: „Es ist zu beachten, dass Homann der Titel eines „Kaiserlichen Geographen“ am 17. August 1715 verliehen wurde (vgl. Diefenbacher, S. 260).“ Auf der erwähnten Landkarten-Seite ist zur zeitlichen Einordnung von einem „1. Zustand der Karte ohne Druckprivileg“ die Rede, das kaiserliche Druckprivileg hätte der Verlag Homann „erstmals am 14. Juni 1729“ erhalten. Die Bayerische Staatsbibliothek hat ein Exemplar mit kaiserlichem Privileg. (Wobei auch die Abkürzung „Sac. Caes. Maj.“ = „Cum Privilegio Sacrae Caesareae Majestatis“ = „Mit Genehmigung seiner heiligen kaiserlichen Majestät“ für dieses Privileg steht.)
In einem früheren Beitrag auf Ottobeuren macht Geschichte ist der Kartenausschnitt (eines weiteren Exemplars) mit Ottobeuren bereits abgebildet.
Literatur:
Sandler, Christian: Johannes Baptista Homann, die Homännischen Erben, Matthäus Seutter und ihre Landkarten. Beiträge zur Geschichte der Kartographie, Amsterdam, 1979, 152 S. (hier: S. 89, Blatt 10)
Diefenbacher, Michael: „auserlesene und allerneueste Landkarten“. Der Verlag Homann in Nürnberg 1702 - 1848. Eine Ausstellung des Stadtarchivs Nürnberg und der Museen der Stadt Nürnberg, mit Unterstützung der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz im Stadtmuseum Fembohaus vom 19. September bis 24. November 2002, Tümmels-Verlag Nürnberg, 2002, 275 S. (hier: S. 261)
(= Ausstellungskatalog des Stadtarchivs Nürnberg, Nr. 14)
Die Beziehungen zwischen Ottobeuren und Mindelheim vor der Säkularisation sind hier dargestellt.
Der vorliegende Beitrag ist der 844. und gleichzeitig letzte Eintrag für 2023!
„Johann Baptist Homann (* 20. März 1664 in Oberkammlach, † 1. Juli 1724 in Nürnberg) war ein deutscher Kartograph, Verleger, Kupferstecher und fertigte Globen.“
Der lateinische Kartentitel und -text der „Neuen geografischen Karte der Herrschaft Mindelheim“: „Protoparchiae Mindelhemensis Nova Tabula Geographica, Quam, Ob singularem erga Patriam Amorem, Perillustri ac Generoso Domino D. Maximiliano Antonio L. B. de Zündt, Domino in Kintzingen, Kimpfenhausen, et Harkirchen etc. etc. Sereniß. Elect Bavariae Camerario, et Confiliario Aulico; nec non Supremo Urbis, et Protoparehiae Mindelh[emenis] Praef. et Granario. Patrono suo Gratiosißimo submiße dedicat Jo. Baptista Homann. Sac. Caes. Maj. Geographus torquatus, et Regiae Boruß. Societatis Scientiaru nembrum Norimbergae.“
Die Schriftrolle enthält eine Widmung für Maximilian Anton Freiherr von Zündt, darüber befinden sich Putten mit Wappen. (Zur Familie Zündt, die die Karte vermutlich finanzierte, findet sich ein Zusammenhang mit Mindelheim, über den genannten Freiherrn liegen jedoch keine näheren Informationen vor.)
An Wappen sind zu sehen: das Wappen des Kurfürstentums Bayern (1623–1777) sowie das Mindelheimer Stadtwappen (Das Wasser symbolisiert die Mindel, die Glocke stellt eine Markt- oder Ratsglocke dar und steht für die Autonomie der Bürger Mindelheims, vgl. Homepage der Stadt.)
Was es mit dem Wappen mit den drei Hirschen auf sich hat, ist unklar, vielleicht ein Bezug auf das alte schwäbische Adelsgeschlecht der Grafen von Rechberg. (Auch über der Ritterrüstung sieht man eine Hirsch-Abbildung.)
Im Sinne einer Legende wird erklärt, warum manchen Orten - u.a. Erkheim (hier: Erckheim bzw. Ierckhaim) ein Sternchen zugeordnet ist: „Benevole Spectator adverte. Loca hoc signo * notata non at Mindelhemensem amplius Protoparchiam pertinere.“ (Etwa: „Der Betrachter möge bitte beachten, dass die mit diesem Zeichen * gekennzeichneten Orte nicht mehr zur Herrschaft Mindelheim gehören.“)
Auf dem Schild in der Kartusche rechts oben – mit einer jagdlich-landwirtschaftlichen Allegorie – werden zwei Verse des römischen Dichters Ovid zitiert (Ex Ponto 1,3,35): „Nescio qua natale solum dulcedine cunctos. Ducit et immemores non sinit esse sui.“ („Mit – ich weiß nicht, welcher – Süße zieht der Ort, wo man geboren, alle an und lässt sie ihn nicht vergessen.“) Möglicherweise spielt Homann damit auf seinen Geburtsort Oberkammlach an.
Darunter findet sich eine ca. 12 x 6 cm große Stadtansicht von Mindelheim („Die Stadt Mindelheim gegen Mitternacht anzusehen“) in barocker Umrandung. „Mitternacht“ steht für Norden, sprich, gezeigt wird der Blick von Süden aus auf („gegen“) die (nördlich vom Standpunkt gelegene) Stadt Mindelheim.
Am unteren Kartenrand sind ein Meilenanzeiger („Maas-Stab von zwey Stunden“, entspricht ca. 1 : 40.000) und eine Windrose abgebildet.
Von der Karte gibt es viele, die das Herrschaftsgebiet Mindelheims farbig hervorheben, in der hier vorliegenden sind weitere Bereiche – wie die große allegorische Titelkartusche oben links sowie die figürliche Kartusche mit der Ansicht von Mindelheim rechts – koloriert; Grenz- und Flächenkolorit. Flächenkoloriert hervorgehoben sind die Grenzen der Forstbezirke (Hutungen, Mindelheim, Loppenhausen, Daschberg, Mussenhausen, Dierlewang, Dorshausen, Kirchdorf u. a.).
Die Darstellung misst 49 x 58 cm, die Blattgröße beträgt 51 x 62,5 cm.
Im Zentrum wird das Territorium der Herrschaft Mindelheim zwischen Kirchheim, Türkheim und Memmingen gezeigt. Das Territorium des Klosterstaats Ottobeuren ist nicht eigens abgegrenzt, sondern „der Stadt Memmingen Gebiet“ zugewiesen. Um das Kloster „Ottenbeuren“ werden die Orte Theinseberg [Theinselberg], Luipls [Leupolz], Attahausen [Attenhausen], Frechenried [Frechenrieden], Altsried [Altisried] und Eheim genannt.
Ausschnitt siehe
Wer die einzelnen Herrschaftsgebiete – mit Stand 1801 – differenziert betrachten möchte, findet sie auf der Karte, die 1906 vom „Historischen Verein für Schwaben und Neuburg“ veröffentlicht wurde:
Wertvolle Hinweise ergeben sich auf der Seite „Landkarten-Ausstellung“: Der Maßstab der Karte wird mit „ca. 1 : 40.000“, als Datierung „zwischen 1716 u. 1724“ angegeben. Zur Datierung wird auf „Sandler, S. 89, Blatt 10“ verwiesen: „Es ist zu beachten, dass Homann der Titel eines „Kaiserlichen Geographen“ am 17. August 1715 verliehen wurde (vgl. Diefenbacher, S. 260).“ Auf der erwähnten Landkarten-Seite ist zur zeitlichen Einordnung von einem „1. Zustand der Karte ohne Druckprivileg“ die Rede, das kaiserliche Druckprivileg hätte der Verlag Homann „erstmals am 14. Juni 1729“ erhalten. Die Bayerische Staatsbibliothek hat ein Exemplar mit kaiserlichem Privileg. (Wobei auch die Abkürzung „Sac. Caes. Maj.“ = „Cum Privilegio Sacrae Caesareae Majestatis“ = „Mit Genehmigung seiner heiligen kaiserlichen Majestät“ für dieses Privileg steht.)
In einem früheren Beitrag auf Ottobeuren macht Geschichte ist der Kartenausschnitt (eines weiteren Exemplars) mit Ottobeuren bereits abgebildet.
Literatur:
Sandler, Christian: Johannes Baptista Homann, die Homännischen Erben, Matthäus Seutter und ihre Landkarten. Beiträge zur Geschichte der Kartographie, Amsterdam, 1979, 152 S. (hier: S. 89, Blatt 10)
Diefenbacher, Michael: „auserlesene und allerneueste Landkarten“. Der Verlag Homann in Nürnberg 1702 - 1848. Eine Ausstellung des Stadtarchivs Nürnberg und der Museen der Stadt Nürnberg, mit Unterstützung der Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz im Stadtmuseum Fembohaus vom 19. September bis 24. November 2002, Tümmels-Verlag Nürnberg, 2002, 275 S. (hier: S. 261)
(= Ausstellungskatalog des Stadtarchivs Nürnberg, Nr. 14)
Die Beziehungen zwischen Ottobeuren und Mindelheim vor der Säkularisation sind hier dargestellt.
Der vorliegende Beitrag ist der 844. und gleichzeitig letzte Eintrag für 2023!
Urheber
Johann Baptist Homann
Quelle
Sammlung Helmut Scharpf
Verleger
Helmut Scharpf
Datum
1720-06-15
Rechte
gemeinfrei