22.06.1948 – Hoffnung auf die Währungsreform

Titel

22.06.1948 – Hoffnung auf die Währungsreform

Beschreibung

Ein Tag nach dem Inkrafttreten der Währungsreform schrieb die damals in Ollarzried wohnhafte Anni Schuchmilski über ihre Hoffnung auf all die Dinge, die es ab sofort wieder zu kaufen geben wird. Wieder einmal ein besonderer zeitgeschichtlicher Beleg für das virtuelle Museum!

Wikipedia: „Am 21. Juni 1948, dem Stichtag der Währungsreform, erlosch die Gültigkeit aller alten Zahlungsmittel außer den Münzen zu 10 und 50 Pfennig und den 1 RM Banknoten die zu einem Zehntel ihres Nennwertes vorerst noch gültig blieben, bis die neuen Münzen ausgegeben werden konnten; gleiches galt für Briefmarken.“
Letzteres erklärt das hohe Porto von 120 Pfennigen, die eingedruckte Wertangabe der Ganzsache (12 Reichspfennige) musste verzehnfacht werden. Die Briefmarken der „Gemeinschaftsausgabe der Alliierten Besetzung“ waren bis 22.06.1948 gültig, der Ottobeurer Poststempel am 23.06.1948 lag damit offiziell sogar schon außerhalb der Gültigkeit. Vermutlich galt für die erste Briefkastenleerung am 23.6.1948  eine Kulanzregelung.
Die Frankatur im Einzelnen:
1 x 10 Reichs-Pfennige (Michel Nr. 918) aus der „Ziffernserie“ der Kontrollratsausgabe
1 x 12 Pf (Michel Nr. P 954); als eingedrucktes Wertzeichen in der Ganzsache der Deutschen Post
1 x 2 Pf (Mi.-Nr. 943) aus der Serie „Arbeiter“
4 x 24 Pf (Mi.-Nr. 951); dito

Auf einer Seite des Briefmarkensammler-Vereins Göttingen wird erklärt: „Die Marken in alter Reichsmarkwährung, welche noch im Besitz der Bevölkerung waren, durften zu 1/10 ihres Wertes als Zehnfachfrankaturen bis 22. Juni 1948 aufgebraucht werden. Die noch zahlreich vorhandenen Bestände der Kontrollratsausgaben in amtlicher Hand erhielten einen Posthörnchen Überdruck in Band- und Netzform und waren dann bis 19. September 1948 gültig.“

Die Währungsreform von 1948 trat am 20. Juni 1948 in der Trizone, den drei westlichen Besatzungszonen Deutschlands, in Kraft. Ab dem 21. Juni 1948 war dort die Deutsche Mark („DM“, auch „D-Mark“) alleiniges gesetzliches Zahlungsmittel. Die beiden bisher gültigen Zahlungsmittel Reichsmark und die (zu ihr fest im Verhältnis 1:1 notierende) Rentenmark (beide abgekürzt als „RM“) wurden zwangsumgetauscht und dabei mehr oder weniger im Nennwert herabgesetzt.

Der Text der Karte – gestempelt in Ottobeuren am 23. Juni 1948:

Frau Erna August
2 Potsdam
Breitestraße 43
Russische Zone

Ollarzried, den 22.6.1948
Meine Lieben dort!
Bevor heute unsere Briefmarken verfallen, will ich Euch schnell noch ein paar Zeilen schreiben und mich für Tante Ernas letzte Karte herzlich bedanken. Hoffentlich geht es Euch allen gesundheitlich gut, was ich von mir auch behaupten kann. Ist Onkel Alfreds Arm wieder geheilt? Mutti schrieb mir von seinem Unfall. – Ich bin gespannt, wie sich bei Euch die Währungsreform entwickeln wird. Ich selbst bin froh, daß sie endlich gekommen ist, denn ich hoffe, daß man nun allmählich etwas mehr und vor allem nützliche und brauchbare Dinge kaufen kann. Ich habe mir schon eine ganze Liste aufgestellt. Zuerst möchte ich mir ein Rad kaufen, das ist für unsere Wegverhältnisse äußerst zweckmäßig.
Ich bin immer noch in meinem kleinen Dorf und möchte vorerst schon noch hier bleiben, denn das Leben ist im Augenblick auf dem Lande doch billiger und das ist jetzt wieder wichtig geworden. – Meine Reisepläne in den Sommerferien sind ja nun alle hinfällig geworden und ich werde wohl hier bleiben müssen. Ich wollte in diesem Jahr nicht wieder nach Berlin fahren, sondern wollte mir mal die Bayerischen Alpen ansehen. Schade, nun wird wohl nichts daraus werden. – Aber ich werde mich auch hier nicht langweilen. – Was macht Onkel Pauls Arbeit? – So, nun Euch allen dort und den Kindern herzlichste Grüße, Eure Anni.
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Welche Probleme die Währungsreform den Firmen machte, wird anhand eines Rundschreibens deutlich, das die Turmuhren-Firma Philipp Hörz aus Ulm (heute: Biberach) mit Datum 28.06.1948 an die Geschäftskunden verschickte – darunter das Pfarramt Ottobeuren.
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Die Postkarte konnte bei einem Händler in Paris angekauft werden. Sammlung Helmut Scharpf, 12/2025

Urheber

Anni Schuchmilski

Quelle

Samlung Helmut Scharpf

Verleger

Helmut Scharpf

Datum

1948-06-22

Rechte

gemeinfrei