1916 - Die Kreiserziehungsanstalt für arme Knaben
Titel
Beschreibung
„Klostermeggel“ gab es von 1855 bis ca. 1974, doch außer Erzählungen von älteren Ottobeurern über die wenigen Begegnungen mit den ansonsten recht isoliert lebenden Knaben ist kaum etwas über sie bekannt. Etwas Licht ins Dunkel bringt eine Artikel aus dem Jahr 1916:
Rupprecht K.: Die Kreiserziehungs- und Beschäftigungsanstalt für arme Knaben im Benediktinerkloster zu Ottobeuren, Sonderdruck aus den „Bayerischen Caritas-Blättern“ No. 8/9, Jahrg. 1916, Buchdruckerei J. B. Lindl, München, 1916, 8 S.
Rupprecht war Staatsanwalt für Jugendstrafsachen. Jugendgerichte wurden in Bayern am 1. Januar 1909 eingeführt. In seinem Artikel „Das Jugendgericht" schreibt er: „... Fürsorge, Erziehung, Anleitung zur Arbeit, Führung zu einem ehrlichen, soliden Leben, das sind die Ziele, die das Jugendgericht sich für seine Schützlinge gesetzt hat.“ Rupprecht wandte sich dabei entschieden gegen den Vorwurf der „Humanitätsduselei“. Als würde er einen modernen Umgang mit dem Problem der Jugenkriminalität vorwegnehmen schreibt er: „Um Übel zu beheben, muß man die Wurzel kennen, aus denen sie (= die Jugendlichen) entsprießen; ungünstige Familienverhältnisse, schlechte, lieblose Erziehung, beginnende Verwahrlosung sind meist mehr als der Charakter des jungen Menschen Schuld an der Straftat. Der Polizei allein die Erhebung dieser Verhältnisse zu überlassen, liegt nicht im Interesse der Jugendlichen, noch seiner Familie. Es gehört Takt und Liebe zu dieser mühevollen Erhebung, die weder den jungen Menschen, noch seine Eltern bloßstellen soll; es gehört aber auch viel Mitgefühl mit dem Elend und der Not der Kreise, aus denen sich hauptsächlich die Rechtsbrecher stellen, dazu, um Ersprießliches zu leisten.“ (aus: Rupprecht K.: Das Jugendgericht, in: Kober Karl, Engelmann Th (Hrsg.): Dr. J. A. Seuffert's Blätter für Rechtsanwendung, Verlag U. E. Sebald, Nürnberg, 1.5.1910, S. 301 - 306)
Diese Grundhaltung kommt auch in seinem Artikel über die Anstalt in Ottobeuren klar heraus. Er beginnt zwar zunächst mit ungehaltenen Äußerungen über die Säkularisation, schwenkt auf Seite 5 dann aber doch sehr detailliert auf die Beschreibung der Hintergründe.
Vom Original aus der Sammlung von Georg Bäurle konnten nur drei Seiten im Original hier eingestellt werden, da das Papier zerrissen und schon stark vergilbt war. Die Abschrift von Helmut Scharpf jedoch enthält den gesamten Text und alle Bilder. (Die Wod-Datei ist über 12 MB groß, die pdf mit gleichem Inhalt unter 1 MB.)