17.05.1919 – Soldaten in der Bahnhofstraße
Titel
Beschreibung
Etwa 100 Soldaten marschieren in der Ottobeurer Bahnhofstraße – vom Bahnhof kommend – in Richtung Marktplatz. Begleitet werden sie von der vorauslaufenden Blechmusik und vielen Schaulustigen. Links ist das „Breher-Haus“ (Bahnhofstraße 37) zu sehen, daneben das „Feneberg-Haus“. Auf dem Wegweiser (an der Ecke zur heutigen Guggenberger Straße) steht „Nach Kaufbeuren“.
Das Foto (in Ansichtskartengröße) ist weder datiert noch beschriftet. Welches Ereignis hier genau festgehalten wurde, ist nicht gesichert zu sagen. Es könnte sich zwar um Kriegsheimkehrer des Ersten Weltkriegs handeln; wobei unklar ist, ob diese hätten Waffen tragen dürfen. Deutlich wahrscheinlicher handelt es sich um die Rückkehrer von der Niederschlagung des Spartakus-Aufstands (München und Kempten, Ende April bis Mitte Mai 1919). Die Freiwilligen hatten sich ursprünglich am 28.04.1919 in Ottobeuren gesammelt, um mit dem „Freikorps Schwaben“ von Memmingen aus nach München aufzubrechen und anschließend noch nach Kempten zu ziehen. Wenn man genau hinsieht, dann erkennt man bei vielen der Teilnehmer sogar das Emblem des Freikorps Schwaben, das Edelweiß, an den Krägen.
Welchen gesellschaftlichen Stellenwert das Engagement Ottobeurens hatte – insbesondere aus der Geschäftswelt – zeigte sich sogar noch sechzehn Jahre später (am 5. Mai 1935), als Pitrof zu einem Veteranentreffen nach Ottobeuren kam.
Der Kompanierführer Daniel Ritter von Pitrof (*14.02.1873 in Ochsenfurt, †27.10.1960 in Hechendorf) beschreibt die Rückkehr nach Ottobeuren in seinem Buch von 1937 („Gegen Spartakus in München und im Allgäu“) auf S. 175 wie folgt:
Am 17. Mai war die 3. Kompagnie in ihre Heimat Ottobeuren abgerückt. Die Presse berichtete über die Heimkehr: Die Ottobeurer Kompagnie in der Stärke von etwa 100 Mann unter Führung von Oberleutnant [Michael] Raich [*21.06.1885] kehrte Samstag mit Extrazug, von Kempten kommend, in die Heimat zurück. Bei der Einfahrt des Zuges in den Bahnhof intonierte die hiesige Blechmusikgesellschaft einen schneidigen Marsch und geleitete die Heimgekehrten unter klingendem Spiel zum Marktplatz, wo ihnen Beigeordneter Pfallner [korrekt: Max Pfalner] im Namen der Gemeinde ein herzliches Willkomm entbot und ihnen den wohlverdienten Dank aussprach. Der Redner verlieh besonders auch der Freude Ausdruck, daß es allen vergönnt war, gesund und wohlbehalten in die liebe Heimat zurückzukehren, und forderte die Anwesenden auf zu einem Hoch, das freudigen Widerhall fand. Oberleutnant Raich dankte im Namen der heimgekehrten Kameraden für den schönen Empfang und betonte deren Bereitwilligkeit, in jeder ferneren Gefahr unser liebes Vaterland zu schützen.
Sammlung Helmut Scharpf, 01/2025