23.02.2025 – Bundestagswahlen in Ottobeuren
Titel
Beschreibung
84,4 % der 159.352 Wahlberechtigten haben im Wahlkreis 255 Memmingen-Unterallgäu am 23. Februar 2025 ihre Stimme abgegeben, in Ottobeuren lag die Wahlbeteiligung sogar bei 85,7 %. Bundesweit lag die Wahlbeteiligung bei 82,5 % (in 2021 bei 76,4 %), die höchste Wahlbeteiligung seit 38 Jahren. Höher war die Wahlbeteiligung mit 84,3 Prozent zuletzt 1987.
Auf der Seite des Landkreises wurden alle lokalen Wahlergebnisse zusammengefasst. Auch auf der Seite des Landeswahlleiters in Bayern finden sich entsprechende Statistiken.
Die Ergebnisse in Ottobeuren (mit 8.017 Wahlberechtigten):
Erststimmen:
CSU 49,4 %
SPD 8,1 %
Grüne 8,4 %
FDP 3,1 %
AfD 18,6 %
Freie Wähler 7,8 %
Übrige 4,5 %
Die Mehrheit der Erststimmen konnte Dr. Florian Dorn (Bad Grönenbach; *1986) auf sich vereinigen und wird in den Bundestag einziehen. Der promovierte Volkswirt aus Bad Grönenbach erzielte im Wahlkreis 43,8 Prozent der Erststimmen. In Berlin möchte er sich vor allem in der Wirtschafts- und Finanzpolitik engagieren. Dorn arbeitet er seit 2016 beim Ifo-Institut für Wirtschaftsforschung in München. Dort ist er persönlicher Referent des Präsidenten Clemens Fuest.
Aus dem Allgäu ziehen darüber hinaus ein bzw. bleiben im Bundestag: Stephan Stracke (50), CSU, Wahlkreis Ostallgäu, er gewann das Direktmandat mit 45,5 Prozent der Erststimmen und bleibt im Bundestag; ebenso Mechthilde Wittmann (57), CSU, für den Wahlkreis Oberallgäu, wo sie das Direktmandat mit 36,8 Prozent der Erststimmen gewann. Ebenfalls bleiben: Dr. Rainer Rothfuß (53), AfD, Wahlkreis Oberallgäu, er zieht über Platz 3 der Landesliste ein (Zweitstimmen) und Peter Felser (55), AfD, Wahlkreis Oberallgäu, der über Platz 9 der Landesliste einzieht (Zweitstimmen).
Zweitstimmenwahl in Ottobeuren:
CSU 42,8 %
SPD 8,3 %
Grüne 8,7 %
FDP 4,5 %
AfD 19,5 %
Freie Wähler 5,8 %
BSW 2,6 %
Übrige 7,7 %
Zu den „Übrigen“ gehören: Die Linke 4,3 %, dieBasis 0,8 %, Tierschutzpartei 0,8 %, die PARTEI 0,6 %, ÖDP 0,5 %, Bayernpartei 0,2 %, Volt 0,4 %, PdH 0,0 %, MLPD 0,0 %, Bündnis Deutschland 0,0 %, BSW 2,6 %
6.872 Ottobeurer Wählerinnen und Wähler haben gewählt (85,7 %), es gab 17 ungültige Stimmen (= 0,2 %), 6.855 Stimmen waren gültig (= 99,8 %).
Im Memminger Kurier vom 1.3.2025 (S. 9) waren für Ottobeuren leicht unterschiedliche Wahlergebnisse abgedruckt; die Wahlbeteiligung mit 85,1 % angegeben:
Erststimme Zweitstimme
Dorn (CSU) 47,0 CSU 40,8
Kuchlbauer (AfD) 18,8 AfD 19,6
Linse (Grüne) 9,5 Grüne 9,6
Keller (SPD) 8,7 SPD 9,0
Kroeschell (FW) 7,7 Freie Wähler 5,8
In Ottobeuren wurde – wie immer – überwiegend auf den extra aufgestellten fünf Plakatwänden plakatiert (ca. sechs Wochen vor der Wahl Bauhof aufgestellt), diesmal ab dem 20.01.2025. Eine Plakatierungsverordnung gibt es nicht; es gelten die gesetzlichen Vorgaben. Marktplatz, Ruperstraße und direktes Basilikaumfeld sollen frei bleiben. Wahlkampfstände (auf öffentlichem Grund mit Sondernutzungserlaubnis mit einer kleiner Verwaltungsgebühr) und -veranstaltungen gab es seitens der CSU und der Grünen, einmal auch der Linken). Zerstörungen von Wahlplakaten kamen immer wieder vor (insb. von Plakaten der FW, Grünen und AfD), der Vandalismus hielt sich diesmal aber in Grenzen.
Die Wahlbezirke:
Stimmbezirk 0001, Haus des Gastes, Marktplatz 14, EG, Gymnastikraum
Stimmbezirk 0002, Haus des Gastes, Marktplatz 14, 1. OG, Kursaal
Stimmbezirk 0003, Haus des Gastes, Marktplatz 14, 1. OG, Scholastikaraum
Stimmbezirk 0004, Haus des Gastes, Marktplatz 14, 1. OG, Konferenzraum
Die Stimmbezirke werden regelmäßig an die gesetzlichen Vorgaben angepasst. Die Ortsteile waren in 2025 beim Stimmbezirk 0004 dabei; die Ergebnisse werden aber nicht differenziert ausgewertet.
Auszählräume Briefwahl:
Briefwahl 0011, Haus des Gastes, Marktplatz 14, EG, ehemaliger Leseraum
Briefwahl 0012, Rathaus, Marktplatz 6, Sitzungszimmer
Briefwahl 0013, Rathaus, Marktplatz 6, Zwischengeschoß, Kasse
Briefwahl 0014, Haus des Gastes, Marktplatz 14, 2. OG rechts, Blasmusikraum
Briefwahl 0015, Haus des Gastes, Marktplatz 14, 2. OG links, Musikraum
In Deutschland stellt sich das Ergebnis wie folgt dar (Quelle: heute.de, vorläufiges Endergebnis 24.02.2025, 6:44 Uhr; in Klammern die Veränderung zum Wahlergebnis 2021:
CDU/CSU: 28,52 (+ 4,4 %)
AfD 20,8 % (+ 10,4 %)
SPD 16,41 % (- 9,3 %)
GRÜNE 11,61 % (- 3,1 %)
Linke 8,77 % (+ 3,9 %)
FDP 4,33 % (- 7,1 %)
BSW 4,97 %
Übrige: 4,58 % (+ 0,9 %)
Der Bundestag wurde von 736 Abgeordnetensitze auf 630 Sitze verkleinert. Die Wahlrechtsreform war am 17. März 2023 durch die Ampel-Regierung beschlossen worden. Die Reform sieht einen Verzicht auf die bisherige Zuteilung sogenannter Überhang- und Ausgleichsmandate vor. Überhangmandate sind bisher angefallen, wenn eine Partei über die Erststimmen mehr Direktmandate in den Wahlkreisen gewonnen hat, als es ihrem Listenergebnis entsprach. Dies führt in einzelnen Fällen dazu, dass künftig nicht alle Direktkandidaten, die in ihrem Wahlkreis die meisten Erststimmen erhalten, in das Parlament einziehen. In Bayern bedeutete dies, dass drei der Wahlkreis-Gewinner leer ausgingen.
Frauenanteil: Laut Statistik des Bundestages sind unter den 630 Abgeordneten 204 Frauen - das sind 32,4 %. Bei der CDU liegt der Frauenanteil bei 22,6 Prozent (2021: 23,8), bei der CSU bei 25 Prozent (2021: 22,2). Am höchsten ist der Anteil weiblicher Abgeordneter bei Bündnis 90/Die Grünen mit 61,2 Prozent (58,5 Prozent), am niedrigsten bei der AfD mit 11,8 Prozent (13,3 Prozent). Bei der SPD beträgt der Frauenanteil nach den Angaben 41,7 Prozent (41,8 Prozent), bei der Linken 56,2 Prozent (vormals 53,9 Prozent).
Bayern:
9,46 Millionen Wahlberechtigte waren in Bayern zur Bundestagswahl aufgerufen – darunter rund 362.000 Erstwähler. Der Versuch der Freien Wähler unter Hubert Aiwanger, über Direktmandate in den Bundestag einzuziehen, misslang, bundesweit erzielten die Freien Wähler lediglich 1,5 Prozent. Selbst der FW-Chef war als Direktkandidat in seinem eigenen Wahlkreis Rottal-Inn nur auf dem dritten Platz gelandet.
Die CSU kam in Bayern auf einen Stimmenanteil von 37,2 Prozent. Laut vorläufigem Ergebnis verbesserten sich die Christsozialen gegenüber 2021 zwar um 5,4 Punkte auf 37,2 Prozent. Es ist dennoch das zweitschlechteste Bundestagswahl-Ergebnis der CSU seit 1949. Auf Platz zwei folgte die AfD mit 19,0 Prozent (+10,0 Punkte). (Abweichung: Der Deutschlandfunk schrieb: „In Bayern kam die CSU auf 37,2 Prozent der Zweitstimmen. Das ist zwar ein Plus von 5,5 Punkten, zugleich jedoch das drittschwächste Ergebnis bei einer Bundestagswahl. Bundesweit kommen die Christsozialen auf 6 Prozent. Die im Land mitregierenden Freien Wähler erhielten 4,3 Prozent.“)
Die SPD stürzte ab auf 11,6 % (-6,4 Punkte). Damit landen die Sozialdemokraten hinter den Grünen, die auf 12,0 % kamen (-2,1). Die FDP brach auf 4,2 % ein (-6,4 Punkte).
Ein deutliches Minus mussten auch die Freien Wähler hinnehmen: Sie erhielten 4,3 % (-3,1). Die Linke verbesserte sich auf 5,7 % (+2,9). Die anderen Parteien, unter ihnen das Bündnis Sahra Wagenknecht, kommen zusammen auf 6,0 % (-0,4).
In allen 47 bayerischen Wahlkreisen gab es eine Erststimmenmehrheit zugunsten der CSU. Den höchsten Anteil mit 50,5 Prozent der gültigen Erststimmen erzielte die CSU im Wahlkreis 247 Bad Kissingen, den niedrigsten Anteil mit 30,2 Prozent im Wahlkreis 243 Nürnberg-Nord.
Am Wahltag arbeiteten im Freistaat Bayern insgesamt über 140.000 Ehrenamtliche in den rund 18.000 Wahl- und Briefwahlvorständen und viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Gemeinden, Landratsämtern sowie bei den Kreiswahlleitungen. Landeswahlleiter Dr. Thomas Gößl bedankte sich bei den Ehrenamtlichen für ihr großes Engagement. Rund 675.000 ehrenamtliche Wahlhelferinnen und -helfer waren der Bundeswahlleiterin Ruth Brand zufolge am vergangenen Wochenende im Einsatz. Fun fact: Dafür erhalten die Freiwilligen in der Regel eine Art Aufwandsentschädigung – das sogenannte Erfrischungsgeld. Sonderlich üppig fällt das meist nicht aus, aber zumindest muss das Geld üblicherweise nicht versteuert werden. Nur Erfrischungsgelder, die den Wert von 250 Euro übersteigen, müssen in der Einkommensteuererklärung angegeben werden.
In Ottobeuren waren 62 ehrenamtliche Helfer beteiligt. Über 2.500 Anträge auf Briefwahl lagen vor, die aber – wegen des späten Drucks – erst zwei Wochen vor der Wahl verschickt werden konnten.
Die Sitzverteilung im neuen Bundestag in 2025 sieht wie folgt aus:
CDU/CSU: 208 Sitze, AfD 152, SPD 120, Grüne 85, Linke 64, SSW 1
Die absolute Mehrheit liegt bei 316 Sitzen. Rechnerisch ergibt sich aus dem Wahlergebnis eine mögliche Koalition aus CDU/CSU und SPD (mit 328 Sitzen), CDU/CSU, SPD und Grünen mit 413 Sitzen sowie CDU/CSU und AfD mit 360 Sitzen.
Nachdem FDP und BSW an der 5%-Hürde gescheitert sind, benötigt die CDU/CSU-Fraktion nur einen Koalitionspartner. Eine Koalition mit der AfD wurde von Friedrich Merz von vornherein ausgeschlossen („Brandmauer“).
Die unter 30-Jährigen haben anders gewählt:
Linke 24 % (+ 16 %), AfD 21 % (+ 13 %), CDU/CSU 13 % (+ 2 %), Grüne 12 % (- 11 %), SPD 11 % (- 6 %), FDP 6 % (- 11 %).
Zu den Besonderheiten dieser Bundestagswahl gehörte, dass die AfD in allen fünf ostdeutschen Flächenländern stärkste Kraft geworden ist. Keine Partei verzeichnet bei dieser Wahl so große Zugewinne wie die AfD. Besonders stark ist sie in Ostdeutschland, aber auch in Bayern gab es ein deutliches Plus. Die Kanzlerkandidatin Alice Weidel freute sich über „das beste Ergebnis in unserer Parteigeschichte“. Weidel zog daraus den Schluss: „Wir sind Volkspartei.“
In der Memminger Zeitung vom 25.02.2025 kommentierte Helmut Kustermann das Wahlgeschehen in der Allgäu-Rundschau („CSU-Sieg mit bitterem Beigeschmack“): „In fast allen Wahllokalen im Kaufbeurer Stadtteil Neugablonz erreichte die AfD mehr als 40 Prozent der Stimmen, in der Unterallgäuer Gemeinde Kirchhaslach waren es über 38 Prozent. Unabhängig von solchen Ausreißern nach oben war die AfD im Allgäu auch in der Breite stark und erzielte viele Ergebnisse über 20 Prozent - gerade im Unterallgäu.“
Die Anschläge von Erfurt, Aschaffenburg und München haben das Thema Migration nach oben getragen. Bodo Ramelow, der früherer Ministerpräsident von Thüringen (Linke), machte im Deutschlandfunk am 24.02.2025 hierzu einige bemerkenswerte Aussagen. Er blickte dabei mit Sorge auf AfD-Wahlerfolge (in Thüringen 38,7 %): Im Wahlkampf hätten alle nur noch über kriminelle Ausländer geredet, nicht über Migration „im Sinne von gelingender Zuwanderung“. Der Deutsche als Täter sei komplett aus dem Blickwinkel verloren gegangen. Das habe „nichts mehr mit sozialer Arithmetik zu tun“. Die Linke thematisierte stattdessen die Themen Mietpreisentwicklung, Kosten für Fernwärme, Nebenkosten, Alters- und Kinderarmut. Thüringen brauche Migration, „gelingende Migration“. Ramelow wörtlich: „Bei uns gehen 300.000 Menschen in Rente und nur 150.000 junge Leute folgen nach. Wir zerstören und gerade unsere eigene Zukunft, indem wir alles nur noch auf kriminelle Ausländer reduzieren. Wir übersehen dabei, dass Kriminalität losgelöst von der Herkunft betrachtet werden muss. Taten sind Taten und Täter Täter. Seit dem 1. Januar hatten wir 15 Morde an Partnerinnen – Femizide –, das wird überregional nicht einmal zur Kenntnis genommen. Dies wird nicht einmal ansatzweise so hart diskutiert als wenn der Geburtsort ausländisch ist. Wenn alle nur noch von den Themen reden, die die AfD vorgibt, dann ist es kein Wunder, wenn man auch in Ostdeutschland das Original wählt. Es löst sich kein Problem von selbst. Jedes Problem, das wir haben, muss gelöst werden, aber sich davor zu drücken, Lösungen zu organisieren, und am Ende den Ausländern oder den Schwächsten der Gesellschaft die Schuld in die Schuhe zu schieben, das unterscheidet uns dann doch. Wir treten nicht nach unten, um Probleme zu lösen. 150.000 fehlende Menschen sind ein ernsthaftes Problem für ein Bundesland und in diesem Bundesland [Thüringen] wählt man jetzt 38 Prozent blau. Das heißt, Menschen, die anderer Herkunft sind, gehen [sogar] aus dem Land weg. Ich kenne keine illegale Zuwanderung, ich kenne nur Menschen, die Asylanträge gestellt haben. In der Debatte um die Frage des Schengen-Raum hat Deutschland immer versucht, sich einen schlanken Fuß zu machen.“
Quelle: Deutschlandfunk, 24.02.2025
Der SPIEGEL bemerkte, die Linke habe sich „aus der Versenkung zurückgekämpft“. Eine Wählewanderung gab es vor allem von den Grünen in Richtung Linke zu beobachten. Die Stuttgarter Zeitung analysierte: „Jungwähler haben der Linken und der AfD zu einem Höhenflug verholfen. Die Union holt sich mehr als eine Million Wähler von der SPD zurück.“
Die Union unter ihrem Kanzlerkandidaten Friedrich Merz strebt eine Regierung bis Ostern an. Am 25. März 2025 kommt der neu gewählte Bundestag das erste Mal zusammen. Die Aufgaben sind gewaltig, z.B.: Fachkräftemangel, Haushalt (ggf. „Sondervermögen“) und Reform der Schuldenbremese, Erhöhung der Verteidigungsausgaben / Ukraine-Krieg, Sicherung der Rente, Zuwanderung und Migration, Stärkung Europas, Verlust des transatlantischen Verbündeten USA unter Trump, Sanierung der Infrastruktur (Straßen, Brücken, Schiene, Bau neuer Stromtrassen), Wohnungsnot, Energiepreise, Inflation, Energiewende, Entbürokratisierung oder Ankurbelung der Wirtschaft.
Fotos und Zusammenstellung: Helmut Scharpf, 02/2025