1772 – Die im Bauernkrieg 1525 zerstreuten Gebeine von Äbten und Heiligen werden in der Seitenkapelle des Hl. Martin in einem Sammelgrab untergebracht
Titel
1772 – Die im Bauernkrieg 1525 zerstreuten Gebeine von Äbten und Heiligen werden in der Seitenkapelle des Hl. Martin in einem Sammelgrab untergebracht
Beschreibung
Auch in der 1766 geweihten barocken Basilika findet sich ein Zeugnis des Bauernkriegs von 1525! In seinem Vortrag „Ottobeuren im Bauernkrieg 1525“ am 1.7.2025 wies Klosterarchivar Pater Rupert Prusinovsky auf den Zusammenhang hin: In der gotischen „Kindelmann-Kirche“ waren die Gräber der Äbte im Boden der Kirche eingelassen. Die Abtei Ottobeuren gehörte zu den Klöstern, die von den rebellierenden Bauern geplündert wurden. Um an das Gold und Silber zu kommen, brachen sie 1525 in der Kirche die Gräber und Reliquienschreine auf und warfen die Gebeine umher, so dass man beim anschließenden Aufräumen nicht mehr wusste, welche Knochen und Schädel von welchem Abt oder welchem Heiligen stammten. Man verbrachte die Überreste in ein Sammelgrab, das sich seit 1772 in einer der linken Seitenkapellen befindet, in der St.-Martins-Kapelle.
Transkript der lateinischen Inschrift des Epitaphs:
Übersetzung (Google):
Den Heiligen, deren Reliquien in der heutigen Kirche entweder wegen der großen Menge nicht in die Altäre aufgenommen werden konnten oder durch die Wut von Bauern und Ketzern manchmal entweiht und verfälscht wurden: Dieser heilige und ehrwürdige Ort wurde im Jahr der Erlösung 1772 nach der Rebellion und dem kurzen Abfall vom Glauben im Jahr 1525 besonders geweiht.
(Die letzten drei Worte und die Zahl „247“ konnten sprachlich zwar nicht entschlüsselt werden, Pater Maurus Feyerabend erklärt im dritten Band auf S. 66 in einer Fußnote, dass damit auf „247 rebellischen Unterthanen“ Bezug genommen wird.)
Hier abschließend nun zwei Fundstellen aus dem Originaltext von Pater Maurus Feyerabend über die Geschehnisse im März 1525 (Gesamttext zum Bauernkrieg siehe bei OMG hier):
S. 49 - 51:
Auf dem hiesigen Fruchtkasten lagen damals bei ausgehendem Märzmonate, zwei tausend fünf hundert Malter Frucht nach Memminger Schrannenmaß aufgeschüttet; die Keller waren mit den Bedürfnissen für mehrere Jahre gefüllet; die Küche mit allen nothwendigen, und anständigen Lebensmitteln, die Gastzimmer mit Betten, Kästen, und kleinen Verzierungen, der Büchersaal mit einer Menge der seltensten Handschriften, und mit einem Schatze der ersten Werke der Druckerei, das eigene Klostergebäude mit einer schicklichen Hausgeräthschaft, und besonders die alte Konradinische Kirche mit vielen, und theuern Monstranzen, Kelchen, goldenen, und silbernen Kapseln, elfenbeinenen Sargen (* Fußnote: Die Sarge des heiligen Alexanders war schon vorher in Sicherheit gebracht, und jener andern, worüber unsere vorsichtigen Alten im XIII. Jahrhunderte zwei Gewölbe errichtet hatten, spürten die bösen Schelmen, als sie das erste Gewölbe leer fanden, nicht tiefer nach.), silbernen Statuen, Ampeln, Brustbildern, Reliquiengefässen, reichen Tapeten, priesterlichen Kleidungen, Altarsverzierungen, und vielen andern Ornamenten reichlich versehen; in wenigen Tage war das Mehreste von allem diesem entweder verzehrt, oder verbrannt, oder geraubt, oder zerschlagen, oder zerstreuet, oder sonst von der wilden Horde unbrauchbar gemacht.
Der obenbemeldte grosse Vorrath von Früchten wurde hinweg geführt, und unter die Rotte vertheilt, der vorräthige Wein theils getrunken, theils nach zerschlagenen und geöffneten Fässem in den Kellern unnütz verschwendet, die Betten sammt allen Zimmer- und Küchegerätschaften verdorben, die Reliquiensargen eröffnet, und die heiligen Gebeine allenthalben zerstreuet. Die Kirchenornamente zerrissen, oder zerschlagen. Die bretternen Zimmerböden aufgehoben, die Getäfer, und Decken abgetragen, die Archivschriften, Bücher, und Kaufbriefe, worauf sie die heftigste Jagd machten, wurden zu Hunderten in Wannen gesammelt, und in den Zwischenhöfen des Klostergehäudes verbrannt; überhaupt gieng die neuevangelische, unsinnige, und höchst schwärmerische Plünderungs- und Zerstörungswuth des irre geführten Pöbels so weit, daß man von der untersten Etage des innern Klostergebäudes bis unter das Dach ungehindert aufwärts sah.
S. 65 - 67:
Nach der schweren Niederlage der neu evangelisch belehrten Bauern läßt es sich leicht deuten, welch ein schweres Stück Arbeit nach einem erlittenen Schaden von mehr, als 20000 Gulden, und nach einer solchen Zerstörung aller Klostergebäude dem würdigen Abte Leonhard oblag. Jedoch der Mann von Einsicht und Geist zeigt eben in solchen Fällen dir Gewandtheit, Stärke, und Grösse seines Karakters. In kurzer Zeit waren die beschädigten Theile der Kirche ausgebessert, die Ornamente, die priesterlichen Kleidungen, die heiligen Gefässe, wenigstens zur Notdurft, wieder hergestellt, die zerstreuten Überbleibsel der heiligen Gebeine wieder gesammelt (** Fußnote: Ein Theil derselben liegt jetzt in der neuen Stiftskirche neben dem St. Martinsaltar in der Wandnische verwahrt mit einer geschichtlichen Aufschrift, welche von 247 rebellischen Unterthanen bestimmt meldet.), das erste vor 24 Jahren vom Grunde aus neu errichtete allgemeine Schlafhaus neuerdings in Ordnung gebracht, inner der Klausur die Zellen der Mönche, und ausser derselben die Gastzimmer in einen bewohnbaren Stand gesetzt, und so allenthalben, wie es je seyn konnte, alle wilde Spuren der neu evangelischen Zerstörung mit grossem Aufwande verkleidet; nur an dem schadhaften Abteigebäude, welches der würdige Abt im Jahre 1514 vom Grunde auf neu bauen ließ, erneuerte, und ergänzte er nicht das Geringste, und bewohnte dasselbe lebenlänglich so, wie es sein anmaßlicher Herr Vorfahr, der wilde und ungnädige Söldner von Suntheim [Sontheim], übel beräuchert, und noch übler behalten verließ.
Transkript der lateinischen Inschrift des Epitaphs:
Sanctis,
Quorum Reliquiae in Praesenti Ecclesia
Vel propter Multitudinem Copiosam
Altaribus includi non potuenrunt:
Vel per Rusticorum & Hereticorum
Furorem aliquando prophanatae ac Confusae sunt:
Locus Iste Sancta & Honorificus
Specialiter Consecratus est
Anno Salutis 1772
Post Rebellionem et Apostasiam
Brevem Anui 1525.
Quorundam Subditorum Nostrorum 247
Übersetzung (Google):
Den Heiligen, deren Reliquien in der heutigen Kirche entweder wegen der großen Menge nicht in die Altäre aufgenommen werden konnten oder durch die Wut von Bauern und Ketzern manchmal entweiht und verfälscht wurden: Dieser heilige und ehrwürdige Ort wurde im Jahr der Erlösung 1772 nach der Rebellion und dem kurzen Abfall vom Glauben im Jahr 1525 besonders geweiht.
(Die letzten drei Worte und die Zahl „247“ konnten sprachlich zwar nicht entschlüsselt werden, Pater Maurus Feyerabend erklärt im dritten Band auf S. 66 in einer Fußnote, dass damit auf „247 rebellischen Unterthanen“ Bezug genommen wird.)
Hier abschließend nun zwei Fundstellen aus dem Originaltext von Pater Maurus Feyerabend über die Geschehnisse im März 1525 (Gesamttext zum Bauernkrieg siehe bei OMG hier):
S. 49 - 51:
Auf dem hiesigen Fruchtkasten lagen damals bei ausgehendem Märzmonate, zwei tausend fünf hundert Malter Frucht nach Memminger Schrannenmaß aufgeschüttet; die Keller waren mit den Bedürfnissen für mehrere Jahre gefüllet; die Küche mit allen nothwendigen, und anständigen Lebensmitteln, die Gastzimmer mit Betten, Kästen, und kleinen Verzierungen, der Büchersaal mit einer Menge der seltensten Handschriften, und mit einem Schatze der ersten Werke der Druckerei, das eigene Klostergebäude mit einer schicklichen Hausgeräthschaft, und besonders die alte Konradinische Kirche mit vielen, und theuern Monstranzen, Kelchen, goldenen, und silbernen Kapseln, elfenbeinenen Sargen (* Fußnote: Die Sarge des heiligen Alexanders war schon vorher in Sicherheit gebracht, und jener andern, worüber unsere vorsichtigen Alten im XIII. Jahrhunderte zwei Gewölbe errichtet hatten, spürten die bösen Schelmen, als sie das erste Gewölbe leer fanden, nicht tiefer nach.), silbernen Statuen, Ampeln, Brustbildern, Reliquiengefässen, reichen Tapeten, priesterlichen Kleidungen, Altarsverzierungen, und vielen andern Ornamenten reichlich versehen; in wenigen Tage war das Mehreste von allem diesem entweder verzehrt, oder verbrannt, oder geraubt, oder zerschlagen, oder zerstreuet, oder sonst von der wilden Horde unbrauchbar gemacht.
Der obenbemeldte grosse Vorrath von Früchten wurde hinweg geführt, und unter die Rotte vertheilt, der vorräthige Wein theils getrunken, theils nach zerschlagenen und geöffneten Fässem in den Kellern unnütz verschwendet, die Betten sammt allen Zimmer- und Küchegerätschaften verdorben, die Reliquiensargen eröffnet, und die heiligen Gebeine allenthalben zerstreuet. Die Kirchenornamente zerrissen, oder zerschlagen. Die bretternen Zimmerböden aufgehoben, die Getäfer, und Decken abgetragen, die Archivschriften, Bücher, und Kaufbriefe, worauf sie die heftigste Jagd machten, wurden zu Hunderten in Wannen gesammelt, und in den Zwischenhöfen des Klostergehäudes verbrannt; überhaupt gieng die neuevangelische, unsinnige, und höchst schwärmerische Plünderungs- und Zerstörungswuth des irre geführten Pöbels so weit, daß man von der untersten Etage des innern Klostergebäudes bis unter das Dach ungehindert aufwärts sah.
S. 65 - 67:
Nach der schweren Niederlage der neu evangelisch belehrten Bauern läßt es sich leicht deuten, welch ein schweres Stück Arbeit nach einem erlittenen Schaden von mehr, als 20000 Gulden, und nach einer solchen Zerstörung aller Klostergebäude dem würdigen Abte Leonhard oblag. Jedoch der Mann von Einsicht und Geist zeigt eben in solchen Fällen dir Gewandtheit, Stärke, und Grösse seines Karakters. In kurzer Zeit waren die beschädigten Theile der Kirche ausgebessert, die Ornamente, die priesterlichen Kleidungen, die heiligen Gefässe, wenigstens zur Notdurft, wieder hergestellt, die zerstreuten Überbleibsel der heiligen Gebeine wieder gesammelt (** Fußnote: Ein Theil derselben liegt jetzt in der neuen Stiftskirche neben dem St. Martinsaltar in der Wandnische verwahrt mit einer geschichtlichen Aufschrift, welche von 247 rebellischen Unterthanen bestimmt meldet.), das erste vor 24 Jahren vom Grunde aus neu errichtete allgemeine Schlafhaus neuerdings in Ordnung gebracht, inner der Klausur die Zellen der Mönche, und ausser derselben die Gastzimmer in einen bewohnbaren Stand gesetzt, und so allenthalben, wie es je seyn konnte, alle wilde Spuren der neu evangelischen Zerstörung mit grossem Aufwande verkleidet; nur an dem schadhaften Abteigebäude, welches der würdige Abt im Jahre 1514 vom Grunde auf neu bauen ließ, erneuerte, und ergänzte er nicht das Geringste, und bewohnte dasselbe lebenlänglich so, wie es sein anmaßlicher Herr Vorfahr, der wilde und ungnädige Söldner von Suntheim [Sontheim], übel beräuchert, und noch übler behalten verließ.
Urheber
Marus Feyerabend
Quelle
Sammlung Helmut Scharpf
Verleger
Helmut Scharpf
Datum
1772-03-20
Rechte
gemeinfrei