1879 - Lustspiel von Pater Kaspar Kuhn: Nichts als Hindernisse!
Titel
Beschreibung
Pater Kaspar Kuhn (1819 - 1906) kam 1870 nach Ottobeuren. Drei Jahre später gründete er den Theaterverein*, für den er eigene Stücke schrieb, darunter auch das hier abgedruckte Lustspiel „Nichts als Hindernisse!“
Literaturzitat
Kuhn, Kaspar: Nichts als Hindernisse! Lustspiel mit Gesang in 3 Aufzügen, Reihe Katholische Dilettantenbühne, Heft 35, Augsburg, 1879, 64 S.
Im Katalog der Bayerischen Staatsbibliothek (Signatur P.o.germ. 274 qh-34/39) ist das Werk in seiner 2. Auflage von 1894 (gedruckt bei Kösel in Kempten, 80 Seiten) mit einen Zusatztitel (und vermutlich abgedruckten Noten) enthalten: Nichts als Hindernisse oder: Die verunglückte Oktoberfest-Reise.
Laut der Seite CERL Thesaurus war Kuhn seit 1853 Stiftsbibliothekar zu St. Stephan in Augsburg. 1870 wurde er nach Ottobeuren versetzt, wo er geistliche (z.B 1884 über die Altäre in der Klosterkirche) und wissenschaftliche Schriften verfasste (z.B. 1875 eine Flora von Ottobeuren) und die Naturalienabteilung betreute (großes Herbarium, eine Schmetterlings- und Käfersammlung). Kuhn verfasste auch historische bzw. historisierende Werke, unterhaltende Prosa- und dramatische Schriften sowie eine Autobiographie.
Eine eingehende Analyse des Textes ist seit Anfang September 2015 abrufbar (s. doc und pdf unten rechts). Das Werk wurde zwar 1879 verlegt, aber erst im Februar 1880 erstmals aufgeführt. Die Handlung dürfte in den Jahren 1873-1878 spielen, der Ort ist nicht Ottobeuren. Es handelt sich um leichte Muße, dennoch lässt sich so einiges aus dem Text herauslesen. Der Benediktinerpater lässt den Hauptdarsteller ordentlich fluchen, er baut aber auch etliche christliche Aussagen mit in den Text ein. Es kommt einige - meist verbale - Gewalt vor, ja sogar eine anzügliche Andeutung ist dabei. Stilistisch arbeitet Kaspar Kuhn zwischendurch mit dem „Spiel im Spiel“ („play in a play“), der Humor zündet ab und zu durchaus, bleibt aber oft auf Slapstick-Niveau.
Zwei interessante Sprichwörter kommen vor („Was mich nicht brennt, das blase ich nicht“ und „Wo der Teufel nicht selbst hin kann, schickt er ein altes Weib“), auch eine Reihe von Wörtern, die vermutlich schon damals veraltet waren und heute teils schwer zu definieren sind (vicariren, Lätizl, Gevatter, Stuhlfest, der ewige Jude, Reat oder Batzen) - siehe Analyse.
Eine Frau setzt alles in Bewegung, dass ihr Mann spurt. Im abschließenden Lied wird dann noch einmal moralisierend Bilanz gezogen:
Nach der Eh' sich Viele sehnen,
Wie Magnet sie Jeden zieht ;
Doch es folgen oftmals Thränen,
Wenn der schöne Wahn entflieht.
(...)
Ziehst einmal am Eh'standswagen,
Dann ist Freiheit bloßer Schein ;
Viele Sorgen, viele Plagen
Nehmen ihre Stelle ein.
Für eine grobe Inhaltsangabe reichen zwei Sätze:
Remigius Pechmayer möchte ohne seine Frau Nanni aufs Oktoberfest reisen. Nanni und die beiden Nachbarinnen Bärbel und Grethel wollen dies zusammen mit einigen Verbündeten (im Wesentlichen: Schuster Klopfstein, Schneider Nadelheim, Nannis Bruder Haltauf, Student Musarion und Maler Rubino) verhindern.
Ob es Remigius Pechmayer letztlich aufs Oktoberfest schafft, sei hier nicht verraten! (s. aber: Analyse)
Als Komplettabschrift ist im virtuellen Museum Kuhns historisches Ritterschauspiel „Silach, oder Die Stiftung des Klosters Ottobeuren“, das 2014 zur Wiederaufführung kam. (Link)
Das vorliegende Heft aus der Sammlung von Helmut Scharpf wurde in München textdurchsuchbar gescannt und hat als pdf-Datei ca. 29 MB. (Bei der Textsuche am besten alternativ nach jedem Buchstaben einen Leerschritt einfügen!)
Das Werk dürfte auch im Bestand des Archivs der Abtei Ottobeuren vorhanden sein. Im Kloster Einsiedeln ist es unter der Signatur KAE A.26/331 verfügbar. Dort wurde es vom Schultheater aufgeführt.
Zeitungsrezensionen waren im Ottobeurer Wochenblatt zu der Zeit leider noch nicht üblich!
*Im Ottobeurer Wochenblatt Nr. 30 vom 24.07.1873 hieß es auf S. 1:
Es werden hiemit die Theaterfreunde Ottobeurens, gleichviel, ob sie einem der hier bestehenden Vereine angehören oder nicht, zu einer Besprechung eingeladen auf Samstag den 26. Juli Abends 8 Uhr in das Nebenzimmer beim Hirschwirth.
P. Kaspar Kuhn,
Alfons Raith, Flaschnermeister.
Aus dem Text in Ausgabe 31 vom 31.07.1873 geht hervor, dass das Treffen beim Hirschwirt(h) erfolgreich gewesen sein muss:
Nächsten Samstag den 2. August Abends 8 Uhr in der „Sonne“ Versammlung der Theater-Gesellschaft, wobei die Statuten beraten werden und die Aufnahme neueintretender Mitglieder stattfindet. Der Ausschuß.
Die erste Produktion (05., 12. und 20. Oktober) war lt. Wochenblatt Nr. 40 vom 02.10.1873 Ludwig der Bayer [Baier], historisches Schauspiel von Ludwig Uhland, aus dem Jahre 1819. (Digitalisat hier)