28.09.1766 – Einweihung der barocken Abteikirche

Titel

28.09.1766 – Einweihung der barocken Abteikirche

Beschreibung

Nach 29 Jahren Bauzeit wurde die barocke Abteikirche in Ottobeuren - seit 1926 Basilika - feierlich eingeweiht. Das Gemälde mit seinen vielen Details zeigt die Ankunft des Augsburger Fürstbischofs Joseph Ignaz Philipp und seines Koadjutors (und ab 1768 Nachfolgers), dem Freisinger Fürstbischof Clemens Wenzeslaus, mit drei „Ehrenequipagen“ (repräsentative Kutschen samt Diener im Livree) am 26.09 1766 (lt. Bayrhammer; Feyerabend nennt falsch den 27.09) gegen 15 Uhr. Am 27.09. traf der Kemptener Fürstabt Honorius Roth von Schreckenstein ein.

In Vertretung des greisen Abtes Anselm Erb - sein Wappen (A.A.M.O. = Anselmus Abbas Monasterii Ottenburani bzw. Ottoburani) mit den drei Sternen ist auf dem Gemälde abgebildet - empfing der Generalvikar des Heiliggeistordens Sigmund (bei Bayrhammer „Sigismundus“ genannt) bzw. Sigismund Hochwanger aus Memmingen als Hausprälat mit dem Ottobeurer Konvent (mit brennenden Kerzen) die hohen Gäste. Vom 11. - 15. September 1766 war der Augsburger Weihbischof Franz Xaver Adelmann von Adelmannsfelden in Ottobeuren und nahm in der Zeit - unter Ausschluss der Öffentlichkeit - die Weihe von 12 Seitenaltären vor. Die Kirche selbst, drei weitere Altäre und der Hochaltar wurden dann am 28.09.1766 durch die beiden o.g. Fürstbischöfe geweiht. Abschließend - kurz nach 12 Uhr - wurden dann die Nebeneingänge und das große Kirchenportal geöffnet und das Volk eingelassen. Von 12.30 bis 14 Uhr fand ein Pontifikalamt statt, das Fürstbischof Joseph hielt und bei dem eigens für diesen Anlass komponierte Musik des „hochfürstlichen Kapellmeisters Peter Pompejus Sales“ unter der Leitung des Komponisten aufgeführt wurde.

Über die Tage der Weihung gibt es die bekannten Berichte von Pater Maurus Feyerabend (S. 90 - 121 aus dem vierten Band von 1816) - am 31.08.1766 war er bei der ersten einfachen Einsegnung als 12-jähriger Singknabe dabei - oder durch den damals erwachsenen Zeitzeugen Pater Augustin Bayrhammer (Link hier), der 1767 die Reden ausführlich darstellte. Den Text von Feyerabend zur „feierlichen Octav“ können Sie hier abrufen (oder Reiter mit der Word-Datei unten).

Noch unbekannt dürfte der Bericht aus einer zwischen 1727 und 1792 in Regensburg erschienen Monatsschrift sein. Er bezieht sich auf „öffentlichen Augspurger-Blättern“. Vermutlich ist die Augsburger Postzeitung gemeint, die allerdings leider erst ab 1768 erhalten ist.
Der Artikel zu Ottobeuren ist im Nachtrag für den Monat Oktober enthalten und wird im Nachtragsregister wie folgt angekündigt:
„Ottobeuern, Benedictiner Abtey in Schwaben, daselbst wird die neuerbaute kostbare Kirche mit ausnehmenden Feyerlichkeiten eingeweyhet. Beschreibung.“

Im Artikel selbst wird Ottobeuren als „zwischen Memmingen und Biberach“ gelegen bezeichnet. Die Orthografie der Abschrift wurde beibehalten. „Augsburg“ wird mal wie heute üblich, aber auch als „Augspurg“ oder - vermutlich ein Fehler - „Ausburg“ geschrieben. Nach Zahlen stand immer ein Punkt, nach den meisten Satzzeichen wurde ein Leerschritt gelassen.
Inhaltlich erfahren wir einerseits die Bewertung des neuen Tempels als einem „Wercke, welches eines der merckwürdigsten in Teutschland ist“. „Merkwürdig“ wurde früher anders als heute nicht als „komisch“ verstanden, sondern dass etwas der Erinnerung würdig sei. Dafür prägte man sogar eine eigene Gold- und Silbermünzen, wie am Schluss des Artikel hervorgeht: „Man hat zum ewigen Andencken einer solchen Feyerlichkeit, welche in den Kirchen-Büchern und Geschichten einen vorzüglichen Plaz verdienet, goldene und silberne Gedächtniß-Münzen von verschiedenem Gewichte, um sie auszutheilen, gepräget.“
Warum es gerade der 28. September 1766 sein musste, wird anfangs erklärt: Schon die Vorgängerkirche war an diesem Datum eingeweiht worden.

Etwas Besonderes stellte die eigens gebildete Miliz dar. Die Ottobeurer Bürger, die ihr angehörten, mussten ihre Uniformen selbst bezahlen. Bei Carl Joseph Wanckenmiller erschien ein Druck mit einer Namens- und Funktionsliste („Catalogus“; 36,5 hoch x 43,5 cm breit; Signatur im Klosterarchiv: AO III 2, Produkt 2; Wasserzeichen vermutlich von Kemptener Papiermühle). Man sieht die Bürgermiliz auf dem Gemälde aus dem Klostermuseum, das den Tag der Einweihung zeigt. Diese Miliz hatte sicherlich überwiegend Ordnungsaufgaben zu erfüllen. Zum Catalogus wurde eine eigene Seite eingerichtet.

Kurtz-gefaßter historischer Nachrichten zum Behuf der neuern europäischen Begebenheiten auf das Jahr 1766, Bd. 58, Nachtrag zu den wöchentlich und kurtz- gefaßten privilegirten historischen Nachrichten der neuern europäischen Begebenheiten auf das Jahr 1766. Xtes Stück. Des Monaths October, Verlag Christian Gottlieb Seiffarts, Regensburg, 1766
(Link hier zum Digitalisat)

S. 157
Zum Staat von Teutschland.
In dieser Abtheilung liefern wir dermalen die Beschreibung einer noch in den letzten Tages des Septembris in der zwischen Memmingen und Biberach gelegenen, bereits im Jahre 764 gestifteten berühmten Benedictiner Abtey, Ottenbeuern, bey feyerlicher Einweihung eines allda neuaufgeführten herrlichen Tempels vorgegangenen grossen und merckwürdigen Kirchen-Solennität, wie solche in den öffentlichen Augspurger-Blättern zu lesen gewesen:

S. 158  Politica.
Eben da 10. Jahrhundert seit der Stiftung des Reichs-Klosters-Ottobeuren in Schwaben verflossen, ist das Gebäude eines neuen und erhabenern mit Mahlerey und Vergoldung geschmückten Tempels von vortreflicher Bau-Art fertig geworden, welchen diese Benedictiner Mönche mit unglaublichen Kosten zu Ehren der Allerheligsten Dreyfaltigkeit aufführen lassen. Man hat mit diesem Wercke, welches eines der merckwürdigsten in Teutschland ist, 29. Jahre zugebracht. Da diese Religiosen gewünschet, daß mit dem Ansehen des Gebäudes auch die Würde der Personen, die dessen feyerliche Einweyhung verrichten sollten, übereinkommen möchte, so ließen sie dißfalls ihre Bitte an Se. Hochfürstl. Durchl., Herrn Joseph, Bischof v. Ausburg, Landgrafen v. Hessen, des H. R. R. Fürst, unter Höchstdero Diöces und geistl. Gerichtsbarkeit ihre Abtey gehöret, wie auch Se. K. H. Hr. Clemens Wenceslaus, Herzog von Sachsen, Königl. Prinzen von Polen, Bischof von Freysingen und Regensburg, und Coadjutor Höchstged. Sr. Hochfürst. Durchl. Hrn. Fürsten Bischof von Augsburg, gelangen, und zugleich hiezu des Gefürsteten Hrn. Abtens von Kempten Hochfürst. Gnaden, dann die Herren Reichsprälaten, Abte zu Roggenburg, zu Salmansweiler, zu S. Ulrich und zu St. Affra zu Augsburg, zu Memmingen, desgleichen den Hrn. Abt zu Füssen, Vice Präsidenten der Congregation des H. Benedicti, zu desto mehrerer Verherrlichung dieser feyerlichen Handlung, einladen.
Es wurde hiezu der 28. Sept. als der Tag, an welchem man vorher das Fest der Einweyhung ihrer alten Kirchen feyerte, erwählet. Ihre Hochfürstl. Durch. und K. H. begaben sich des vorherigen Tages aus Dero beederseitigen Residenzen beede miteinander mit ihrem zahlreichen und vornehmen Gefolge dahin, und wurden von den Religiosen des Klosters, unter Vortragung des Kreuzes, jeder mit ihrern brennenden Wachslichtern eingeholet und durch die Kirche zu dem Hochaltar geführet. Bey Dero Eintritt in die Kirche wurde der Gesang: Ecce Sacerdos Magnus nebst dem Psalm Benedictus Dominus Deus Israel ! unter vollständiger Music angestimmet, und darauf wurden Hochstdieselbe in eben der Ordnung nach denen für sie bestimmten Zimmern begleitet ; des folgenden Tages frühe Morgens wurde alles um den Tempel und Kloster herum veranstaltet, um welche eine ziemliche Anzahl Miliz, sowohl zu Fuß, als zu Pferdt, in einer neuen und schönen Uniform gekleidet, welche auch des Tags vorher bey der Ankunft Ihro Hochfürstl. Durchl. und K. H. im Gewehre stunden, paradirten. Gegen 7. Uhr des Morgens wurden nach den in dem Pontificali Romano vorgeschriebenen Ritibus die erhabenen und geheimnißvollen Ceremonien der Consecrirung mit allgmöglichster Ordnung angefangen. Der Durchl. Bischof von Augsburg verrichtete unter Beystand seiner infulirten [Inful = Mitra] Groß-Kapitularen die langwührige und mühsame Function der Weyhung der Kirche und des

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Hochaltars ; und der Durchl. Bischof von Freysingen und Regensburg, Höchstdero Coadjutor, unter ebenmäßigen Beystande von Groß-Capitularen von Augsburg und des Hochwürdigsten Freyherrn von Bodmann, Infulirten Probstes von U. (lb.?) Frauen Kirche zu München, Capitularen zu Regenspurg und Freysingen, diejenige der 3. andern nächst dem Presbyterio befindlichen Altärs, da hingegen diejenige der 12. Altäre in den untern Capellen der Kirche von dem Hochwürdigsten Freyherrn von Adelmann, Bischof von Mactarita in partibus und suffraganeo zu Augsburg, vollzogen wurde.
Nach Vollendung aller dieser Ceremonien bekleideten sich der Durch. Bischoff von Augspurg mit den Sr. Durchl. Geziemenden geheiligten Paramentis und hielten unter dem Schalle einer zahlreichen und auserlesenen Music, welche von dem Ende Dero Hof-Kapellmeister Peter Pompejus Sales von Bresse, Philharmonischer Academicus von Bologna in Italien, ganz neu componiret hatte, das Hoch-Amt, während welchem von der aussen stehenden Miliz verschiedene Salven aus ihren Musqueten und Feuerröhren gegeben wurden. Hierauf wurde der Ambrosianische Lobgesang angestimmet. Der Durchl. Bischof von Freysingen wohnte demselben in einem besondern Size vor einem Bethstule bey. Alle diese Functionen haben ganzer 7. Stunden gedauert. Den folgenden Tag, als dem Erz-Engel S. Michael geheiligten feste hielte nach einer von dem Hochwürdigsten Reichs-Abten von Roggenburg mit bündigster Beredsamkeit über die Ursache der Ehrerbietung, welche man denen dem Allerhöchsten geweyhten Tempeln schuldig ist, gehaltenen Predigt, des höchstgedachten Prinzen Clemens K. H. unter einer ungemein herrlichen Music, bis gleichfalls von des vorgedachten vortrefflichen Meisters Composition war, das Hoch-Amt : der Durchl. Fürst Bischoff von Augspurg lase zu gleicher Zeit die H. Messe auf dem untern Altare des Kreuzes, nach welcher Höchstderselbe dem übrigen Theile des Hochamtes des Prinzen, seines Coadjutors, beywohnte, und nach dessen Endigung ertheilten Höchstderselbe verschiedenen von denen Pfarrkindern Dero Pfarre mit einer exemplarischen Auf[ge?]baulichkeit und Andacht das H. Sacrament der Firmung. Den dritten Tag, welcher der lezte Tag des Monaths war, hielten des Gefürsteten Hrn. Abtes zu Kempten Hochfürstl. Gnaden, welche denen Functionen der vorigen 2. Tage in einer besondern Tribune beygewohnet, das Hochamt, welches in den folgenen Tagen der Octave auch nach und nach von den obbesagten Prälaten geschehen. Man hat zum ewigen Andencken einer solchen Feyerlichkeit, welche in den Kirchen-Büchern und Geschichten einen vorzüglichen Plaz verdienet, goldene und silberne Gedächtniß-Münzen von verschiedenem Gewichte, um sie auszutheilen, gepräget. Auf der einen Seite zeiget sich der Grundriß des Klosters und des

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neuen Tempels mit der umliegenden Landschaft, und auf der andern lieset man folgendes sinnreiche Chronographon :
OttobVra DeCeM noVIter post saeCLa resVrgens.
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Ergänzungen zum „Kapellmeister Peter Pompejus Sales“ (ausführlich in der o.g. Word-Datei), siehe:

Der Capellmeister Pietro Pompeio Sales, S. 313-15, in: Stramberg, Christian, Weidenbach, Anton Joseph: Denkwürdiger und nützlicher Rheinischer Antiquarius: welcher die wichtigsten und angenehmsten geographischen, historischen und politischen merkwürdigkeiten des ganzen Rheinstroms, von seinem Ausflusse in das Meer bis zu seinem Ursprunge darstellt, Band 4, Verlag Hergt, Coblenz [Koblenz],1856, 816 S.

Darin die Einschätzung der Autoren Stramberg und Weidenbach zum Komponisten:
Unbestritten gehörte er zu den ausgezeichnetesten Tonsetzern seiner Zeit, namentlich im Kirchenstyl, worin er mit italienischer Lieblichkeit und Leichtigkeit der Melodie viele deutsche Gründlichkeit und die Fülle der Harmonie zu verbinden wußte, wiewohl er als Componist in allen Stylen thätig gewesen ist.

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Der Abtei sei für die Erlaubnis zur Verwendung des Gemäldes (Repro: Mike Jung) im virtuellen Museum herzlich gedankt. Eine kommerzielle Nutzung ist mit dem Kloster Ottobeuren abzustimmen.
Nachbearbeitung, Abschriften, Zusammenstellung: Helmut Scharpf, 08/2016

Hinweis: Der rechte Reiter führt zum Dokument in höchster Auflösung mit ca. 25 MB.

Urheber

Maler unbekannt, Druck bei Carl Joseph Wanckenmiller

Quelle

Klosterarchiv

Verleger

Helmut Scharpf

Datum

1766-09-28

Mitarbeiter

Mike Jung als Fotograf des Gemäldes

Rechte

kommerzielle Nutzung ist eingeschränkt