18.06.1937: Kneipp-Gedenkstein Stephansried, 20.06.1937: Rede des Bayerischen Ministerpräsidenten Ludwig Siebert anlässlich des 40. Todestags von Sebastian Kneipp

Titel

18.06.1937: Kneipp-Gedenkstein Stephansried, 20.06.1937: Rede des Bayerischen Ministerpräsidenten Ludwig Siebert anlässlich des 40. Todestags von Sebastian Kneipp

Beschreibung

Sebastian Kneipp wurde in der Zeit des Nationasozialismus ideologisch vereinnahmt. Anlässlich des 40. Todestags Sebastian Kneipps hielt Bayerns Ministerpräsident Ludwig Siebert eine Rede in Bad Wörishofen nicht nur als „Anhänger der Kneippschen Gesundheitslehre“, sondern auch als Parteigenosse. Auch in Stephansried fand der 40. Todestag Sebastian Kneipps seinen Niederschlag: Die Kneipp-Bewegung München errichtete zu Ehren ihres „Altmeisters“ unterhalb des Kneippdenkmals von 1898 einen Gedenkstein, der am 18.06.1937 eingeweiht wurde.

Abrufbar sind hier die beiden Artikel aus dem „Allgäuer Beobachter“ (vom 19. und 21. Juni 1937) – als Abschrift und im Original – und nachfolgend zunächst die Rede des Bayerischen Ministerpräsidenten Ludwig Siebert. Während sich die Vertreter der Kneipp-Bewegung relativ moderat äußerten, zog Siebert alle Register der nationalsozialistischen Progaganda. Kneipp wurde ideologisch vereinnahm, Gesundheitslehre und Hygiene steigerte Siebert bis hin zur „Rassenhygiene“. Interessanterweise wurden insbesondere diese – nach heutigem Verständnis – volksverhetzenden Passagen in der Zeitung nicht aufgegriffen. Siebers Rede wurde von der Kneipp-Bewegung jedoch in einem eigenen Sonderdruck herausgegeben.

Hinweis: Die Texte und Abbildungen erfolgen als zeitgeschichtliche Dokumente! Die Texte sind zwar gemeinfrei, eine missbräuchliche Nutzung ist dennoch untersagt. Die zeitgeschichtlichen Dokumente aus der Zeit des Nationalsozialismus werden nur zu Zwecken der staatsbürgerlichen Aufklärung, der Abwehr verfassungs- feindlicher Bestrebungen, der wissenschaftlichen und kunsthistorischen Forschung, der Aufklärung oder der Berichterstattung über die Vorgänge des Zeitgeschehens gezeigt und sind in keiner Weise propagandistisch, insbesondere im Sinne des § 86 86a StGB zu benutzen.

Sonderdruck der Kneipp-Bewegung e.V., München 27, Bad Brunnthal 3

Rede des Bayerischen Ministerpräsidenten
Pg. Ludwig Siebert beim Jubiläumsakt in Bad Wörishofen am Sonntag, den 20. Juni 1937
aus Anlaß
des 40. Todestages Sebastian Kneipps und
des 50jährigen Bestehens des Kneippkurortes
Bad Wörishofen

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Am letzten Dienstag konnte ich unter der Erde im Salzbergwerk Berchtesgaden den Bergknappen sagen, wie besonders wertvoll die schöne und verantwortungsreiche, nicht immer gefahrlose Arbeit des Bergmanns ist, weil sie in und an deutscher Erde sich vollzieht. Am Donnerstag suchte ich den über 4000 Volksgenossen, welche in der Gefolgschaft der Mechanischen Baumwollspinnerei Augsburg stehen, bei der 100-Iahrfeier der letzteren nachzuweisen, daß Sozialismus nur auf nationaler Grundlage sich richtig entwickeln könne, daß alle Arbeit in erster Linie mit Heimat und Volk verbunden sein müsse. Und heute begehen wir eine Feier, deren Inhalt wiederum Heimat- und erdverbunden ist.

Wir feiern heute das 50jährige Jubiläum der Entstehung von Bad Wörishofen, diesem Jungbrunnen, dieser Gesundheitsquelle für unser deutsches Volk. Damit verbinden wir das Gedenken an den Schöpfer des Bades, den Pfarrer Sebastian Kneipp, der am 17. dieses Monats vor 40 Jahren nach einem arbeitsreichen Leben zur ewigen Ruhe ging. Wohl kein Werk ist so mit seinem Begründer verbunden, wohl keine Einrichtung ist so auf die Persönlichkeit ihres Schöpfers eingestellt wie Bad Wörishofen und was sie bedeutet, auf den Namen: Sebastian Kneipp. Bad Wörishofen wird auch nur so lange bestehen und Bedeutung haben, als es treu und ohne Abänderung auf den Grundregeln bestehen bleibt, die Pfarrer Kneipp seiner natürlichen Heilkunde und Heilweise gegeben hat. Das ist erklärlich. Denn Ober- und Untersatz seiner Erkenntnisse wurzeln in der Natur und in der Erde. Diese aber sind in ihren Grundformen beständig.

Ich bin gerne Ihrem Rufe gefolgt, zu Ihrer heutigen Feier zu erscheinen. Einmal, weil ich selbst ein überzeugter Anhänger der Kneippschen Gesundheitslehre bin, deren segensreiche Wirkung auf den übermüdeten und erschlafften Körper ich zu einer Zeit, da ich das Wort Urlaub noch kannte, an mir selbst erprobt und erfahren habe, und die ich heute tagtäglich noch beachte. Vielleicht gibt sie mir die Spannkraft, die man in fortschreitenden Jahren benötigt, wenn außerordentliche Arbeit und Verantwortung dem Menschen auferlegt ist. Sodann aber ist einem alten Nationalsozialisten die Persönlichkeit Kneipps und der Inhalt seines Wirkens besonders sympathisch und nahe, des Mannes, der ein braver und fleißiger Sohn einer kinderreichen, armen Weberfamilie war, der – wie der Nationalsozialismus – aus

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Nichts Neues schaffen, völlig veränderte Regeln hier wie dort aufstellen mußte. Kneipp blieb seiner Herkunft und seiner Erziehung treu, er blieb der einfache, schlichte Mann des Volkes auch dann, als Ehren und Anerkennung sich auf ihn häuften, nachdem er jahrelang verachtet und verlacht, verspottet und verfemt war, wie der Nationalsozialismus in seinen Entstehungs- und Kampfjahren. Geld und materielle Güter konnten ihn nicht ändern. Er nahm sie nur an, um sie seiner Idee und seinen Schöpfungen weiterzugeben und blieb, auch zum Ruhme gelangt, so einfach und anspruchslos in seinem persönlichen Leben wie unser Führer. Zu Kneipp strömten zunächst nicht die Gescheiten, die Gebildeten, die Intellektuellen; zu ihm kam das einfache und einfachste Volk, vertrauensvoll und gläubig. Er holte feine überzeugende Kraft und den Inhalt seiner Lehre nicht aus dem Ausland, nicht aus großer Gelehrsamkeit, sondern aus dem unvergänglichen Heimatboden und der ewigen Natur und ihren Kräften. Wahrhaftig, wie viele Vergleichspunkte in den Grundlagen, in der Entwicklung, in dem Siegeszug der Lebenserkenntnis des einfachen Landpfarrers mit dem politischen und wirtschaftlichen Geschehen im Nationalsozialismus!

So bringe ich Ihnen, meine lieben Volksgenossen von Bad Wörishofen, mit meinem persönlichen Glückwunsch auch die herzlichen Wünsche Ihrer Landesregierung und gedenke dankbar mit Ihnen des Mannes, dessen Werk heute ein halbes Jahrhundert in der Entwicklung von Bad Wörishofen und seinen Schöpfungen sichtbaren Ausdruck findet, das in die fernste Zukunft hineinreichen wird. Er ist der christliche Menschenfreund, der wahre Priester und Vermittler göttlicher und menschlicher Liebe, wie wir Nationalsozialisten uns den Pfarrer aus dem Lande vorstellen und wünschen.

Die Jubelfeier, die uns hier an dem von der dankbaren Gemeinde Bad Wörishofen ihrem und der Menschheit Wohltäter gesetzten Denkmal mit so zahlreichen Volksgenossen aus ganz Deutschland und darüber hinaus vereinigt, gibt Veranlassung, auf die Wandlungen hinzuweisen, welche im nationalsozialistischen Staat auf dem Gebiet des Gesundheitswesens überhaupt und dem Pflichtenverhältnis der Medizinischen Wissenschaft und der Ärzteschaft gegenüber Volk und Volkskraft Platz gegriffen haben.

Adolf Hitler hat dem politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und gesellschaftlichen Leben des von ihm erweckten Deutschland seinen Stempel gegeben.

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Aus dem Deutschland der Schmach und Not wurde ein Deutschland der Freiheit, der Ehre und der wirtschaftlichen Gesundung. An Stelle von Verzweiflung des Volkes ist ein hoffnungsfroher Zukunftsblick getreten. Fast keine Hände ruhen mehr im Schoß, sondern arbeiten und formen an dem deutschen Menschen, seinem Boden, seiner baulichen, seiner wirtschaftlichen Umgebung. Der Bauer freut sich seines Daseins und seiner Arbeit, der Arbeiter in der Stadt, in der Industrie, im Gewerbe hat wieder Lebensinhalt. Unserer Kultur wird neuer Inhalt gegeben, wie unsere Baugesinnung ein neues Gesicht erhält. Wir erziehen unsere Jugend zu fröhlichen, in der Volksgemeinschaft verbundenen Kameraden. Wir pflegen die Wissenschaft und die Künste. Es ist daher selbstverständlich, daß der Nationalsozialismus insbesondere auch mit dem Gesundheitswesen sich befaßt und ihm andere Wege weist.

Als der Heilkünstler Kneipp in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts seine umstürzlerischen, vom Standpunkt der Schulmedizin aus gesehen, revolutionären Ideen verbreitete, da war diese Schulmedizin noch in alten Vorstellungen befangen und festgefahren. Neues brachte sie nicht. Nur die Chirurgie und die Hygiene suchten neue Wege.
Das Geschick aller Außenseiter, insbesondere auf dem Gebiete der Heilkunde, war darum auch Kneipp beschieden. Lange Zeit mußte er ohne Anerkennung und ohne Ruhm wirken, ja von der gelehrten Fachseite her wurde er auf das heftigste bekämpft.

Die Hygiene hatte in den letzten 80 Jahren dank vor allem der Entdeckung der mikroskopischen Krankheitserreger mit großem Erfolg die in der Umwelt der Menschen gelegenen gesundheitlichen Lebensbedingungen verbessert und gehoben: Die Bekämpfung der ansteckenden Krankheiten und Volksseuchen, die Schaffung einwandfreier Wasserversorgung, die Herausarbeitung sachgemäßer Ernährungsrichtlinien, die Verbesserung der Wohnstätten, die gefahrenfreie Beseitigung der Abfallstoffe, die Ableitung der Abwässer sind Errungenschaften dieser Zeit in volksgesundheitlichen Aufschwung. Der neue Staat hat aber neben der selbstverständlichen Erhaltung und Weiterpflege der hygienischen Wissenschaft und ihrer Verwendung für die Gesundheit des Volkes den großen Gedanken seines Führers von der Reinerhaltung des deutschen Blutes zu verwirklichen begonnen, die Gesundung des Volkes auch und gerade in erbmäßiger Hinsicht zu erreichen und die Rasse zu erhalten. Die trostlose bevölkerungsbiologische Lage, die sich dank uferloser Fortpflanzung körperlich und geistig minderwertiger Individuen zu den Millionenverlusten an gesunden, kräftigen

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Männern im Kriege, durch Hungerblockade und durch Geburtenrückgang herausgebildet und den Staat förmlich zu einer Wohlfahrtseinrichtung für Leistungsminderwertige gemacht hatte, veranlaßte den Führer zu dem Schritt, der ohne geschichtlichen Vorgang ist, zu der Tat, neben, ja über die Hygiene der Umwelt das Erbgesundsein des Volkes, die Reinigung des Erbstromes deutschen Blutes, die rassische Erneuerung der Nation als erste medizinische Forderung nationalsozialistischer Gesundheitsführung aufzustellen.

Der nationalsozialistische Staat ließ an die Stelle der bisherigen Gesundheitsfürsorge, getreu seiner grundsätzlichen Auffassung, die Gesundheitsführung treten. Er erschöpft sich dabei nicht in der Abschaltung erbgesundheitlich zur Fortpflanzung Unerwünschter und Untauglicher, er fördert vielmehr durch positive Auslese alle Erbgesunden und Tüchtigen in ihrem Leben und erkennt als wichtigste Aufgabe, ein neues Geschlecht gesund, hart und leistungsstark zu erhalten.

Selbstverständlich rühren diese Gesetze des nationalsozialistischen Staates in keiner Weise an der sittlichen Pflicht der Staatsführung, denjenigen Hilfe und Fürsorge zu gewähren, die ohne ihr Verschulden dieser bedürfen. Sind sie erbmäßig körperlich oder geistig in einer die Besserung ausschließenden Weise belastet, dann verlangen allerdings Volk und Staat von ihnen das Opfer ihres Verzichts auf Nachkommenschaft. Denn der Staat hat die heilige ethische Pflicht, die Belange der Gesamtheit zu schützen, indem er die Verewigung unaussprechlichen, wenn vielleicht manchmal auch unempfundenen persönlichen Leidens, öffentlicher Fürsorge und Lasten unterbindet.

Mit diesem Programm der rassischen Erneuerung und Ertüchtigung des Volkes erschöpft sich die Aufgabe der Gesundheitsführung im nationalsozialistischen Staate nicht. Auch in der Heilkunst im engeren Sinne hat der Nationalsozialismus Impulse gegeben und Ziele gesetzt, die in einer Rückkehr zur Natur gipfeln. Von ihr war die wissenschaftliche Medizin im Zeitalter des materiellen Denkens abgekommen, von der Wertschätzung der Beobachtung der Natur und ihrer Heilschätze: sie war zu einer Überbewertung chemischer Heilmittel gelangt, die in ungezählten Präparaten auf den Markt geworfen wurden.

Wenige Ärzte nur, wie z. B. der berühmte [Christoph Wilhelm] Hufeland, hatten zu Anfang des 19. Jahrhunderts in bezug auf natürliche Heilweise einen schüchternen Anfang gemacht. Ihre bezüglichen Auffassungen setzten sich aber nicht durch. Erst Kneipp erzielte, ähnlich wie der Orthopäde

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[Friedrich] Hessing auf dem Gebiete der Orthopädie, sichtbare Erfolge und gewann damit Anhängerschaft.

Aber erst unsere heutige Zeit wird dem Wirken Kneipps die ihm gebührende Anerkennung und Beachtung verschaffen, weil der Nationalsozialismus den Urgrund aller Dinge im Menschen selbst, in seiner Lebenshaltung, in der heimischen Erde, in der Nasse und im Boden sucht und findet. Wie der Nationalsozialismus erst durch seine Machtübernahme das Wirken des in der Wissenschaft als Außenseiter empfundenen Hans Günder [Hans Günther] auf dem Gebiet der Rassenkunde ins rechte Licht setzte und praktisch zum Allgemeingut des ganzen Staates macht, so hat er auch die enge, beschränkte Art schulmedizinischen Denkens und Wissens überwunden und den naturgemäßen Heilweisen, zu denen Pfarrer Kneipps Entdeckung schon lange gehört, die notwendige breite Bahn gebrochen zum Wohle aller leidenden und hilfsbedürftigen Volksgenossen.

Der Nationalsozialismus ist, politisch gesehen, der Ausdruck des Glaubens und Vertrauens. Dieser fehlte auch der Schulmedizin älterer Tage. Ihr war die Fähigkeit, ihren Patienten zugleich mit der Anwendung ihrer Heilmethode auch den Glauben an die Richtigkeit dieser Methoden sowie den Glauben und den Willen an eine baldige Wiedergenesung neu einzuflößen, abhanden gekommen. Dieser Glaube aber an seine einfache und logische Methode, an die Heilkraft der ewigen Natur und ihrer Hilfsmittel, an seine Persönlichkeit, dieser Glaube strömte Pfarrer Kneipp entgegen. Er vermochte Körper und Seele zu erfassen, zu fördern und zu heilen. Jeder Arzt muß in erster Linie, will er Erfolg haben, den Glauben und das Vertrauen zu sich im Patienten wecken, muß in gewissem Sinne Seelenarzt sein, muß mehr Arzt wie Mediziner bleiben. Und das war Sebastian Kneipp. So verwirklichte er in seinem Heilverfahren das verfänglich-ironische Wort in Goethes Faust: „Der Geist der Medizin ist leicht zu fassen.“

Wir gedenken daher in dieser Feststunde dankbar dieses Mannes, der es auch vermocht hat, dem Auslande die Tiefe und die Liebe der deutschen Seele zu offenbaren.
Diese Feier und dieses Gedenken verpflichtet aber auch. Zunächst die Wissenschaft und die Ärzte: Pfarrer Kneipp war der Mann, der genial – zunächst als Einmaliger – seine Heilmethode zufolge richtigen Durchdenkens des natürlichen Ablaufs der Heilweisen im Körper in grundsätzlichen Richtlinien entwickelte und neue Wege wies. Seine Grundidee, durch Verabreichung von Wickeln und Güssen in verschiedenen Temperaturen

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wärmeentziehend, wärmestauend, temperaturerhöhend, künstliches Heilfieber zu schaffen, dadurch den Blutkreislauf und den Stoffwechsel auf dem Wege über die Haut zu beeinflussen und die Funktion der inneren Organe zu regeln, war logisch erdacht und von ihm in jahrzehntelanger Erkenntnis und Praxis als richtig erkannt. Aber so einfach und so logisch seine Ideen erscheinen, so sind sie doch nicht schlechthin erlernbar. Auch seine Prediger und Nachfolger, das möchte ich, der ich mich lange und viel mit der Lehre Pfarrer Kneipps auch in ihrer schriftlichen Darstellung befaßt habe, den Ärzten sagen, können nicht schlechthin auf Grund rein wissenschaftlicher Erkenntnisse und Prüfung an der Universität seine richtigen Nachfolger werden, sie müssen mit Fleiß und Überlegung im täglichen Nachdenken und Erproben, in der Erforschung und Erkenntnis des äußeren und inneren Menschen unablässig arbeiten, um die Heilmethode Kneipps erfolgreich anwenden zu können. Darum würde ich wünschen, daß der neue Staat und die nationalsozialistische Weltanschauung, die in ihm wirkt, die Anwendung des Kneippschen Verfahrens dadurch fördern möchten, daß eine methodische Schulung in den Kneippschen Heilweisen nun auch Gegenstand der Unterweisung der Heranwachsenden Ärztegeneration Deutschlands wird. Das Lächeln über Kneipps Lehren in der Wissenschaft ist verschwunden. An seine Stelle möge das Studium des tiefen Inhalts dieser Lehre bei unseren werdenden Ärzten treten und sie instand setzen, sich dieses wichtigen Heilfaktors in richtiger Erkenntnis zu bedienen.

Und eine zweite Mahnung spreche ich aus an die Verwaltung der Gemeinde des Bades Wörishofen und all ihre Einwohner: Bleibt der Auffassung der Lehre Pfarrer Kneipps, Eures großen Wohltäters, eingedenk, denkt ja nicht daran, aus Eurem Bade etwa ein mondänes Kurbad zu schaffen, bleibt schlicht und einfach! Wehrt Euch, wenn von außen überkultivierte Menschen die Einrichtungen Kneipps verbessern und verfeinern wollen, wehrt Euch auch dagegen, wenn materieller Erwerbssinn dieses Werk ausbeuten möchte! Hütet Eure schönen Wälder, Eure herrliche Natur, Eure prachtvollen Wiesen! Denn zur Lehre Kneipps ist unerläßlich diese einfache, so wunderbare Umwelt, die allein schon den Menschen gesund machen kann durch ihre prächtige Gegend, ihre herrliche Luft und ihr gesundheitsförderndes Klima. Laßt ja nicht die Natur durch großstädtische Bauten verschandeln! Bad Wörishofen wird so lange, aber nur so lange der Menschheit das sein und bedeuten, was es ist, wenn es betreut und geführt wird von Ärzten, wie ich sie schilderte, wenn es in seiner

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ganzen Struktur und in der Gesinnung seiner Einwohnerschaft und seiner Kurgäste, in seinen Einrichtungen und in seiner Umwelt das bleibt, was Pfarrer Kneipp, der einfache Mensch und große Heilkünstler, wollte, und wozu er den Weg gewiesen hat. Und damit wird Bad Wörishofen auch seine eigene Zukunft auf sicherer Grundlage fördern.

So möge die 50-Jahrfeier von Bad Wörishofen und das Gedenken an Pfarrer Kneipp neuer Ausgangspunkt sein, die natürlichen Heilweisen dieses hochbegabten Sohnes der schwäbischen Erde immer weiteren Kreisen nutzbar zu machen und den von der Schulmedizin früherer Tage so manchesmal über die Achsel angesehenen Pfarrer Sebastian Kneipp aufzunehmen in die Reihen der rühmenswerten Forscher und Vorkämpfer auf künftigen Wegen neuer deutscher Naturheilweisen und ihrer Erkenntnis.

Daß wir diese Feier, währenddem um uns die Welt brandet und in Unruhe ist, in wahrer Volksgemeinschaft hier so freudig bewegt begehen können, das ist möglich durch das Werk des großen Mannes, der das todkranke Deutschland geheilt hat, das Werk unseres Führers. Ihm, der im politischen Leben analog am deutschen Menschen seine Arbeit begann und in der Heilung der Seele und des Körpers die Voraussetzungen zur Rettung Deutschlands suchte und sucht, der auf der Grundlage von Blut, Rasse und Erde ein gesundes, starkes und hartes Geschlecht heranbildet, ihm geloben wir auch bei diesem Anlaß unsere Treue und unsere Liebe.

Unser geliebter Führer Adolf Hitler und sein Werk, das befreite Deutschland, Sieg-Heil!
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„Allgäuer Beobachter“, 19.06.1937, S. 7:

Kneipp-Gedenkfeier in Stephansried
Einweihung und Übernahme einer Gedenktafel zum 40. Todestag Sebastian Kneipps
1898, ein Jahr nach dem Tode Kneipps, ließen seine Verehrer an der Stelle, wo des Meisters Geburtshaus gestanden, in dem idyllischen Stephansried, ein Denkmal errichten. Am gestrigen 18. Juni, einen Tag nach dem 40. Todestag Kneipps, wurde an dem nach mühevoller Arbeit kultivierten Hang zu Füßen des Denkmals eine auf Veranlassung der Kneipp-Bewegung e.V. München errichtete Gedenktafel im Rahmen einer würdigen Feierstunde eingeweiht und übernommen. Die Gedenktafel – aus Muschelkalk – ragt aus einer Nagelfluhgruppe auf halber Hanghöhe und trägt als Inschrift: „Erinnerung an den 40. Todestag unseres Altmeisters Sebastian Kneipp – 17.6.1937.“

Hier an historischer Stätte trafen am Spätnachmittag führende Persönlichkeiten der Kneipp-Bewegung aus Bad Wörishofen ein, an der Spitze der Leiter der Kneipp-Bewegung in Deutschland, Schobloch - Hamburg; Hauptgeschäftsführer Geheimrat Plaßmann - München und der Hauptschriftleiter der „Kneipp-Blätter“, Frühauf - München. Wie die Bewohner Stephansrieds aufrichtigen Anteil an dieser Feier nahmen – äußerlich kam dies durch Beflaggung des Ortes und Gedenkplatzes zum Ausdruck – so fanden sich auch viele Kneippanhänger aus der Umgebung, so vor allem von Ottobeuren, ein. Unter den Gästen befanden sich Oberregierungsrat Wohlfahrt, Vorstand des Bezirksamtes Memmingen, Bürgermeister Hasel - Ottobeuren, Privatier Georg Epple - Ottobeuren (der 83jährige Neffe Kneipps), Kneippvereins-Vorstand Robert Herz, Ottobeuren. –

Nachdem das Wetter während des Tags größtenteils heiter war, fiel just zu Beginn der Feier leichter Regen. War an dieser Stätte eine kurze „Begießung“ nicht symbolhaft? In Kneipps Wirken war das Wasser durch die Erkenntnis seiner Heilkraft von größter Bedeutung. Nach dem festlich stimmenden Musikstück „Treuschwur“ von Kistler durch das Blasorchester Ottobeuren unter Leitung von Herrn Hans Braun trug Maria Fauter - Stephansried ein auf den großen Sohn der Heimat Bezug nehmendes Gedicht vor: „Der kleine Stephansrieder“. Institut Klosterwald und Schule Stephansried sangen gemeinsam ein Lied zum Preise Vater Kneipps.

Der Leiter der Kneipp-Bewegung in Deutschland Schobloch - Hamburg hielt folgende Rede:
Die Kneipp-Bewegung als Trägerin des Vermächtnisses Kneipps dankt Ihnen allen, daß Sie zu dieser Feierstunde herbeigeeilt sind, um an der Geburtsstätte unseres Altmeisters in Treue seiner zu gedenken und anläßlich seines 40. Todestages zu bekunden, daß wir bereit sind, die Lehre Kneipps in nie erlahmendem Einsatz zum Ideengut des deutschen Volkes zu machen. Unser Altmeister lebt nicht mehr, dennoch ist sein Werk unvergänglich und wie die verflossenen Jahrzehnte bewiesen haben, seine Idee in stetem Wachsen begriffen. Immer mehr dringt die Erkenntnis durch, daß Vorbeugen besser denn Heilen ist und die Heilbehandlung mit natürlichen Mitteln zu sicherem Erfolg führt. Wenn sich die Kneipp-Bewegung für verpflichtet hielt, anläßlich des 40. Todestages ihres Altmeisters auch der Geburtsstätte Kneipps zu gedenken, so glaubt sie, hiermit im besonderen Ihrer Dankespflicht zu genügen. Die hier geschaffene Anlage möge nach ihrer Fertigstellung der Gemeinde und ihren Nachkommen eine Erinnerung an den großen Sohn, an dm Wohltäter der Menschheit, sein. Den vielen Besuchern der Geburtsstätte Kneipps aber möge daraus der Wunsch erwachsen, mitzuhelfen an der Verbreitung des Kneipp-Gedankens. Kneipp nachleben und sich für die Ideen einsetzen, bedeutet mithelfen an der deutschen Volksgesundheit. Wenn ich nun, namens der Kneipp-Bewegung, Ihnen, Herr Bürgermeister, sowie der Gemeinde den Dank abstatte für die Überlassung dieses Platzes, so darf ich wohl die Bitte aussprechen: Nehmen Sie dieses Kleinod in Ihre Obhut. Behüten und beschützen Sie es als ein Juwel und geben Sie Ihrer Jugend Gelegenheit, dieses großen Mannes zu gedenken, der in seinem Leben keine größere Aufgabe kannte, als sich für seine Mitmenschen einzusetzen. Wir erklären uns bereit, für die Instandsetzung dieser Gedenkstätte zu sorgen, um auch so als äußeres Zeichen unsere besondere Verehrung zu bekunden. Wir übergeben Ihnen, Herr Bürgermeister, hiermit die Anlagen und danken Ihnen allen nochmals, daß Sie zum Gelingen dieser Feier Beigetragen haben.

Pg. Bürgermeister Weiß-Eggisried
hieß im Auftrag der Bevölkerung Stephansrieds die Gäste aus nah und fern willkommen und anerkannte in herzlichen Worten das Ziel der Kneipp-Bewegung, die Geburtsstätte des großen Wohltäters der Menschheit immer schöner zu gestalten. Dafür sagte Redner Dank der Leitung der Kneipp-Bewegung, vor allem Geheimrat Plaßmann und Hauptschriftleiter Frühauf, die im Benehmen mit Kulturwart Franz Schalk - Stephansried dem idealen Gedanken zur Verwirklichung verhelfen. Bürgermeister Weiß bemerkte in einer kurzen Geschichtsbetrachtung, daß das Gelände mit der neuen Gedenktafel zum Anwesen Kneipp gehörte, bis im Mai 1841 sechzehn Anwesen des Ortes, darunter auch Kneipps Vaterhaus, einem Brandunglück zum Opfer fielen. –
Freudig und gerne, so versicherte der Bürgermeister, übernehmen wir diesen Platz, sind wir uns doch der steten Unterstützung der Kneipp-Bewegung gewiß. Unserm großen Sohn und seinem Andenken wollen wir uns würdig erweisen allezeit.

Hauptschriftleiter Pg. Frühauf
wandte sich in begeisterter, inhaltsvoller Rede an die große Kneipp-Gemeinde, ihr einführend zurufend: „Der Himmel ist mit uns, er redet mit uns in der Sprache unseres Meisters!“ Die Vertreter der 15 deutschen Bezirke der Kneipp-Bewegung, in diesen Tagen vereinigt, werden an Eindrücken reich wieder hinausgehen und reden. –

Pg. Frühauf gab seinen tiefsten Empfindungen über die Schönheit und wundersame Einsamkeit der uns hier umgebenden Landschaft Ausdruck. In einer solchen Umgebung der Natur wuchs ein Mensch heraus, der nichts wußte von materialistischen Strömungen, der hineingeboren ist in unsere Tage und beispielhaft wirkt: wie deutsche Menschen sein sollen und den Boden der Heimat lieben müssen. Kneipp hat uns in seiner Einfachheit, Natürlichkeit und seinem Wohltätigkeitssinn ein gewaltiges Denkmal gesetzt. Eine große Aufgabe obliegt uns allen: mitzuwirken an der Ausbreitung der Kneipp'schen Lehre. Sie weist auf Faktoren, die der Herrgott uns spendet: Licht, Luft, Sonne, Wasser. Wer so recht verankert ist mit Mutter Erde, dem schenkt der Himmel den Segen. –
Der Redner legte einen mächtigen Lorbeerkranz an der Gedenktafel nieder. Dieser Kranz sei ein Symbol: die Gabe von 370 deutschen Kneipp-Vereinen, die in dieser Stunde an den Meister, an sein Leben und seine Lehre denken. „Wir ziehen hinaus, gedenken dieser Stunde und wissen, daß das Dritte Reich den Weg geebnet hat für unsere Arbeit. Alle Aufklärung sei zu Nutz und Frommen des deutschen Volkes. Wenn von Leben der Einfachheit und Natürlichkeit gesprochen wird, so denken wir an den Meister unserer Politik, den Mann, der dafür sorgt, daß wir in Frieden unserer Arbeit nachgehen können: Adolf Hitler.“
Ein „Sieg Heil“ war Gruß an Führer, Volk und Heimat. Mit den Liedern der Nation war die denkwürdige Feier beendet. Die Wörishofer Gäste stiegen hinauf zum Kneippdenkmal und verweilten noch kurz in dankbarem Erinnern. –

Besuch Ottobeurens.
Nach wenigen Minuten Fahrt entstiegen die Kneippianer in Ottobeuren ihren Autos. Den lieben Gästen war die Besichtigung der Kirche –  Chorregent Köbele spielte die Große Orgel – und des Klosters ein großes Erlebnis. –
In der Reihe von Veranstaltungen, die in diesen Tagen zur Feier des 50jährigen Bestehens von Bad Wörishofen als Kurort und zum 40. Todestag Kneipps stattfinden, nimmt die Feierstunde in des Altmeisters Geburtsort und der Besuch Ottobeurens sicher eine Ehrenstelle ein.

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„Allgäuer Beobachter“, 21.06.1937, S. 6:

Kneippbad Wörishofen 50 Jahre alt
Ministerpräsident Siebert bei den Jubiläumsfeiern. – Weitere Förderung des blühenden Badeortes.

Bad Wörishofen. Mit einer Reihe festlicher Veranstaltungen beging am Samstag und Sonntag Bad Wörishofen sein 50jähriges Bestehen als Kurort; es verband damit die Gedächtnisfeier für den vor 40 Jahren, am 17. Juni 1897 verstorbenen Prälaten Sebastian Kneipp, den Begründer seines Weltruhms. Den festlichen Tagen voraus ging eine musikalische Vorfeier am Freitagabend im Kasino, das die Aufführung von Haydns „Schöpfung“ durch die Liedertafel, die Singschule und das Kurorchester brachte. Die Gesamtleitung des ausgezeichnet gelungenen Abends hatte Lehrer Max Schurrer - Wörishofen.
Eine Feier am Grabe war dem Gedenken an den Priesterarzt geweiht. Die Kneippianer sammelten sich dann abends zu einer Kundgebung, in der Badearzt Dr. Sieber über Kneipp und sein Werk sprach, indes Geheimrat Plaßmann - München, der Geschäftsführer der Kneippbewegung, über das Wirken der Kneippvereine berichtete.
Der Sonntag wurde mit einem Weckruf in den frühen Morgenstunden eingeleitet. Den Höhepunkt der Feiern bildete der

Jubiläumsakt vor dem Kasino.
Alle Gliederungen der Partei, Vertreter der Wehrmacht und der Behörden sowie eine große Zahl von Kurgästen hatten sich Hier eingefunden. Der Ort trug reichen Schmuck und kein Haus war ohne Fahne. Ministerpräsident Ludwig Siebert, der in Begleitung von Gauleiter Wahl, stellv. Gauleiter Schmidt, Oberregierungsrat Dr. Maier in Vertretung des Reichsärzteführers, Oberregierungsrat v. Bezold von der Bayerischen Staatskanzlei und des Pressereferenten Dr. Bäuml erschien, war an der Bezirksgrenze vom Kreisleiter eingeholt worden.
Nach musikalischer Einleitung begrüßte Bürgermeister Sommer den Ministerpräsidenten und die Ehrengäste. Er sprach dann über den Aufstieg des Bades, der allein durch die Heilerfolge der Kneipp'schen Methode begründet sei und pries Kneipp als Wohltäter der Kranken und der Armen. Der Besuch ist in den Jahren seit der Machtübernahme von 19.000 auf 26.000 Gäste angestiegen. Bürgermeister Sommer verkündete schließlich die Ehrung des Ministerpräsidenten als Förderer Wörishofens durch Umbenennung der Bahnhof- in Ludwig-Siebert-Straße.

Die Rede des Ministerpräsidenten
Hierauf führte Ministerpräsident Ludwig Siebert, lebhaft begrüßt, in einer von Wärme  und Begeisterung für die Sache Kneipps getragenen Ansprache u. a. aus:
Wohl kein Werk ist so mit seinem Begründer verbunden und auf die Persönlichkeit seines Schöpfers eingestellt wie Bad Wörishofen. Es wird auch nur solange bestehen und Bedeutung haben, als es treu und ohne Abänderung auf den Grundregeln bestehen bleibt, die Pfarrer Kneipp seiner natürlichen Heilkunde und Heilweise gegeben hat. Einem alten Nationalsozialisten ist die Persönlichkeit Kneipps und der Inhalt seines Wirkens besonders sympathisch und nahe, des Mannes, der ein braver und fleißiger Sohn einer kinderreichen, armen Weberfamilie war und der – wie der Nationalsozialismus – aus Nichts Neues schaffen mußte. Erst unsere heutige Zeit werde daher auch dem Wirken Kneipps die ihm gebührende Anerkennung und Beachtung verschaffen. Der Nationalsozialismus sei, politisch gesehen, der Ausdruck des Glaubens und Vertrauens. Dieser habe der Schulmedizin älterer Tage gefehlt. Kneipp dagegen habe Körper und Seele zu erfassen, zu fördern und zu heilen vermocht. Auch seine Nachfolger können daher nicht schlechthin auf Grund rein wissenschaftlicher Erkenntnisse und Prüfung an der Universität seine richtigen Nachfolger werden.
Es wäre daher zu wünschen, daß eine methodische Schulung im Kneipp'schen Heilwesen nun auch Gegenstand der Unterweisung der heranwachsenden Ärztegeneration werde. Eine zweite Mahnung richtete der Ministerpräsident an die Verwaltung der Gemeinde des Bades Wörishofen: Bleibt der Auffassung der Lehre Pfarrer Kneipps eingedenk, denkt nicht daran, aus Eurem Bade ein mondänes Kurbad zu schaffen, bleibt schlicht und einfach!

Zum Schluß seiner mit großem Beifall aufgenommenen Ansprache teilte der Ministerpräsident mit, daß die bayerische Landesregierung, die die Entwicklung des Bades Wörishofen stets weiter fördern wolle, zur weiteren Ausgestaltung seiner Einrichtungen den Betragvon 50.000 RM. bereitgestellt hat. Beim anschließenden geselligen Zusammensein im Parkhotel versprach Ministerpräsident Siebert nach werbenden Anfragen und Andeutungen des Seniors der Badeärzte Sanitätsrat Dr. Scholz und des Gauleiters Wahl seine Unterstützung bei der Erneuerung des Kasinos, der Errichtung einer Wandelhalle, bei der Verbesserung der Verkehrsverhältnisse und regte die Neuerstellung eines Rathauses an. Ein Volksfest auf dem Sportplatz und ein großes Feuerwerk beschlossen den festlichen Tag.

Stephansried, Kneipps Geburtsort und Ottobeuren bei der 50-Jahr-Feier in Wörishofen
Bei den Veranstaltungen anläßlich des 40. Todestags Sebastian Kneipps und des 50jährigen Bestehens des Kneipp-Kurortes Bad Wörishofen (18. - 20. Juni) nahmen am gestrigen Sonntag zahlreiche Bewohner von Stephansried als Ehrengäste teil. Kneipps Neffe, der 83jährige Privatier Georg Epple [*11.08.1854, Frechenrieden, †16.10.1940, Ottobeuren] in Ottobeuren, war mittags auch zum Festessen im Parkhotel geladen und wurde dort durch Bürgermeister Sommer dem Ministerpräsidenten Pg. Ludwig Sicbert vorgestellt. Der  Ministerpräsident, überaus erfreut, einen Nachkommen Kneipps, dazu als ältesten Ehrengast und in so staunenswerter Rüstigkeit, kennenzulernen, unterhielt sich angelegentlich mit Vater Epple. Die Heimatgemeinde Stephansried ließ am Sarkophag ihres großen Sohnes Sebastian Kneipp einen Lorbeerkranz niederlegen. Gemeinsam mit den Bewohnern Stephansried und aus der Gemeinde Guggenberg, mit Bürgermeister Weiß, verlebten auch zahlreiche Mitglieder der Ortsgruppe Ottobeuren der Kneipp-Bewegung unter Führung von Vorstand Robert Herz die denkwürdigen Wörishofer Feierstunden. –  Pg. Bürgermeister Hasel hatte als Vertreter der Marktgemeinde Ottobeuren und des verhinderten Gauinspekteurs und Kreisleiters Pg. Schwarz - Memmingen teilgenommen.

Von einer schönen Tat der Kneipp-Bewegung e. V. München möchten wir nach den verklungenen Gedenktagen noch berichten, von einer hochherzigen Stiftung (wenngleich wir wissen, daß die Veröffentlichung nicht im Sinne der Stifter liegt). Ein Legat für Vater Epple, den Neffen Kneipps, ist in nachfolgendem Schreiben vom 14. Juni 1937, unterzeichnet vom Hauptgeschäftsführer Geheimrat Plaßmann, dokumentiert:
Sehr geehrter Herr Epple: „Die Leitung der Kneipp-Bewegung e.V. hat sich entschlossen, aus Anlaß des 40. Todestages Ihres Onkels Seb. Kneipp, dem Begründer des in aller Welt berühmten Heilsystems, Ihnen alljährlich einen Unterhaltszuschuß bis an Ihr Lebensende zuzuwenden. Wir lassen den Betrag alljährlich zum Todestage des Altmeisters dem Herrn Bürgermeister von Ottobeuren mit der Maßgabe zugehen, in Monatsraten an Sie die Auszahlung zu veranlassen. Möge es Ihnen vergönnt sein, noch recht lange im Verein mit Ihrer Lebensgefährtin sich der Zuwendung zu erfreuen. Die Kneipp-Bewegung will mit ihrer bescheidenen Unterstützung an ein Mitglied der Familie Kneipp das Andenken an Sebastian Kneipp ehren.“
Heil Hitler: Kneipp-Bewegung e.V.: gez. Plaßmann.
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Abschriften und Zusammenstellung: Helmut Scharpf, 03/2021

Urheber

Ludwig Siebert

Quelle

Sammlung Helmut Scharpf

Verleger

Helmut Scharpf

Datum

1937-06-20

Rechte

gemeinfrei