15.01.1891: Die kompletten ersten zehn Jahrgänge der Kneipp-Blätter bis 1900
Titel
Beschreibung
Am 15. Januar 1891 erschien die erste Ausgabe der Kneipp-Blätter – als Organ des Kneipp-Vereins. Sebastian Kneipp erklärte in seiner „Einführung“ vom 28.12.1890: „... diese Unternehmung soll zu keinem anderen Zwecke dienen, als zur Ehre der höchsten Majestät Gottes und zum Wohle der Menschheit“.
Sie können nachfolgend die ersten zehn Gesamtjahrgänge herunterladen. Die Ausgaben sind textdurchsuchbar gescannt (Tipp: suchen mit „Strg + f“), haben pro Band jedoch um die 250 - 300 MB. Insofern bietet es sich an, die Pdf-Dateien vor dem Öffnen erst lokal auf Ihrem Rechner zu speichern.
Helmut Scharpf hat die Bücher antiquarisch gekauft und dann – in Kooperation mit dem Sebastian-Kneipp-Museum Bad Wörishofen – die am besten erhaltenen Exemplare nach München zum Digitalisieren gebracht. Herrn Werner Büchele sei für seine Mithilfe bei der Auswahl herzlich gedankt. Die Bände können gemeinfrei genutzt werden!
Literaturzitat (für den ersten Band):
Auer, Ludwig (Hrsg.): Kneipp-Blätter, Donauwörth, 1891, 448 S. (plus Werbung)
Kneipp-Blätter, Jahresband 1891 (ca. 308 MB)
Kneipp-Blätter, Jahresband 1892 (ca. 270 MB)
Kneipp-Blätter, Jahresband 1893 (ca. 225 MB)
Kneipp-Blätter, Jahresband 1894 (ca. 273 MB)
Kneipp-Blätter, Jahresband 1895 (ca. 268 MB)
Kneipp-Blätter, Jahresband 1896 (ca. 270 MB)
Kneipp-Blätter, Jahresband 1897 (ca. 276 MB)
Kneipp-Blätter, Jahresband 1898 (ca. 271 MB)
Kneipp-Blätter, Jahresband 1899 (ca. 261 MB)
Kneipp-Blätter, Jahresband 1900 (ca. 262 MB)
Hier das Vorwort Kneipps zur ersten Ausgabe. Es werden in den verschiedenen Nummern zwischendurch immer auch biographische Angaben gemacht oder Hinweise zur Entwicklung der Kneipp-Kur gegeben. Für alle „Kneipp-Fans“ eine wahre Fundgrube!
Zur Einführung.
Wenn man eine Kirche bauen will, so ist immer die höchste Absicht: die Ehre Gottes und das Heil der Menschen. Und ist dann der Plan wohl überlegt, glücklich entworfen, so schaut man sich nach tüchtigen, gewandten, fleißigen Arbeitern um zur Ausführung. Es wird auch wohl beraten, welches Material dazu nötig sei, damit nicht der Bau unglücklich aufgeführt werde, sondern das ganze Gebäude die gehörige Ausdauer bekomme.
Gewählt wird nur gutes Material, schlechtes wird ausgeschieden. Dann wird der Grundstein gelegt unter Einsegnung und Gebet. Dieser also gesegnete Grundstein soll in Aussicht stellen einen glücklichen Erfolg während der Bauzeit und eine lange, trostreiche Zukunft nach Vollendung des Baus. Ist der Grundstein eingesegnet, dann beginnen die Meister und die Werkleute und arbeiten mit Begeisterung, mit Fleiß und Mühe, daß das Wollen zum glücklichen Vollenden gelange.
Dieses Bild soll mir dienen zur Einführung unseres neuen Unternehmens, und dies erste Blatt unseres Vereinsorgans soll gleichsam ein Grundstein zu einem neuen Gebäude sein; und auch diese Unternehmung soll zu keinem anderen Zwecke dienen, als zur Ehre der höchsten Majestät Gottes und zum Wohle der Menschheit. Es ist bereits der Plan entworfen zu unserm neuen Vereine, in dessen Dienst und Arbeit diese „Blätter“ sich stellen. Bauleute sind schon bestellt und noch weitere werden bestellt werden, und auch das Material ist fix und fertig. Wie das Gebäude aufgeführt werden soll zur Ehre Gottes, so gibt auch der unendliche Schöpfer das Material unentgeltlich. Es besteht aus frischem Wasser – je kälter, um so besser –, aus mancherlei Kräutern, die auch schon bestellt sind und nach mehreren Wochen im Frühjahr sicher eintreffen wer den, aus einigen Hausmitteln, die ebenfalls gratis vom unendlichen Schöpfer zur Verfügung gestellt werden. Den Grundriß unseres Baues sollen liefern die zwei Bücher: „Meine Wasserkur“ und „So sollt ihr leben!“
S. 2
Die Bauleute sollen Fachmänner sein und werden, damit sobald wie möglich mir diese Last abgenommen werden kann, welche meine Schultern schon jetzt nicht mehr zu tragen vermögen, und welche ich auf längere Dauer schon deshalb nicht weiter tragen kann, weil ich – bald 70 Jahre alt – nach menschlichem Ermessen in nicht sehr ferner Zeit in die Ewigkeit abberufen werde. Auch bin ich nicht Fachmann oder Mediziner, habe auch nie Medizin studiert – ich habe nichts gesucht und gethan, als, wozu mich die eigene Not und das Mitleid mit den Leidenden getrieben hat. Ich will auch nicht der Erfinder der Wasserkur sein; denn vor Jahrtausenden war das Wasser schon Heilmittel. Möge mir doch niemand nach dieser Seite hin einen Vorwurf machen. Ich war immer zu dieser Nebenbeschäftigung in meinem Seelsorgerberufe gezwungen und getrieben durch das Mitleid mit andern. Ich will und suche auch keine Ehre; ich will bloß, daß die Sache geprüft werde, daß der Wahrheit Zeugnis gegeben werden kann.
Meine erste Bedingung bei Eröffnung dieses Unternehmens ist, daß alle Leidenschaft beiseite gelassen werde. Es soll kein Stand verletzend angegriffen werden, und ich würde es aufs höchste mißbilligen, wenn irgend ein Charakter verletzend an den Pranger gestellt würde. Alle Vereinsmitglieder sollen allein guten Willens sein und sich nur bemühen, das Gute zu befördern. Gewiß hab' ich in allen meinen Schriften weder einen Stand, noch eine Persönlichkeit angegriffen – zum Zeichen, daß ich nur die gute Sache will. Und ist auch schon manches über mich und meine Thätigkeit in feindlicher Weise geschrieben worden, so kann ich versichern, daß ich dergleichen, sobald ich es merke, nicht lese und gleichgültig daran vorübergehe. Ich weiß recht gut, daß man Angriffen, auch ganz ungerechten, nie ganz ausweichen kann und wird. Ich erinnere mich dann an den allbekannten Spruch: Wenn man dem Herrn ein Haus bauen will (oder, was dasselbe ist, etwas Gutes thun will), so baut der Teufel nebenhin seine Kapelle. Und sollte ein Kirchlein gebaut werden, wie eine kleine Backküche, so baut der Teufel sein Kapellchen daneben, wenn auch nur so groß wie ein Hundshaus. Also ruhig, ja nur ohne jede Leidenschaft, möge ein jeder Mitarbeiter sein an unserem Werke, kein Stand und kein Mensch soll in unseren, „Blättern“ verletzt werden.
Ich, für meinen Teil, verbiete auch jede Politik, auf daß das gute Werk durchs Politisieren keinerlei Störung erleide. Und käme mir so ein hitziger Politiker, dann würde ich ihm den Rat geben, er solle zuerst einige Obergüsse und Rückengüsse sich geben lassen, damit er nüchterner und ruhiger denken lerne!
Was ich aber vor allem will, und wovon ich sehnlichst wünschte, daß alle Mitarbeiter ganz durchdrungen wären, das ist die religiöse Weihe und Absicht unseres Unternehmens. „Wenn der Herr das Haus nicht baut, dann arbeiten die Bauleute umsonst, und wenn der Herr die Stadt nicht bewacht, dann wachen die Wächter umsonst.“ Wo der Geist der Religion mitarbeitet, wird das Geschäft gedeihen; wo aber die höhere Absicht, die religiöse Weihe fehlt, dort arbeitet man der Zerstörung, nicht dem Aufbau, entgegen. Ich bin der vollsten Überzeugung, wenn die Arbeiter an diesem Baue von diesen höheren Zielen, welche in dem Worte „Religion“ zusammengefaßt werden, geleitet sind, dann steht uns und unserm Unternehmen eine gute Zukunft bevor. Würde aber diese Grundbedingung fehlen, so würde ich meine Hand zurückziehen und sagen: Wir arbeiten umsonst, und umsonst wollen wir uns nicht plagen. Ich habe mitunter schwere Jahre durchgemacht, eine schwere Last getragen,
S. 3
doch dies Joch wurde mir leicht: Es geschah zur Ehre Gottes und zum Wohle des Nächsten.
Ich will noch einen andern Grund anführen, warum ich gerade diesen Punkt so betone: Das Volk ist nicht ohne Religion und erschrickt vor Unternehmungen ohne Religion. Hat ein Arzt Religion, so hat es zweimal Vertrauen; hat er aber keine Religion, so hat es weniger Vertrauen. Wie oft wollte ich Leute abweisen und sie anderswohin schicken, und dann hieß es: „Ich habe zu den Ärzten kein Vertrauen, weil sie keine Religion haben.“ Es ist das, so allgemein gesprochen, sicher nicht richtig. Ich selbst habe so manche Ärzte kennen gelernt, denen ich große Achtung zollen mußte als Ärzten, und noch größere als wahren Christen. Aber man kann daraus sehen, wie das Volk denkt und urteilt.
Unsere heilige Religion predigt den Geist praktischer, werkthätiger Nächstenliebe. Gerade dieses Ziel soll durch unsern Verein befördert werden. Die Armen sollen die bevorzugten Kinder und Schützlinge unseres Vereins werden. Gerade der Armen und Ärmsten, von jeder menschlichen Hilfe Verlassenen, habe ich mich immer mit Vorliebe angenommen. Und dies möchte ich als mein Testament auch dem neuen Verein übermachen.
Vergesse man nicht: Auch der Ärmste hat eine unsterbliche Seele, ist oft auch gar nicht schuld an seiner Armut und seinem Elend, und in seiner Bestimmung und in seinem sittlichen Wert steht er auch vor dem Reichsten und Angesehensten nicht zurück. So lehrt uns die heilige Religion. In gleichem Sinne soll „Leben und Lebenlassen“ ein Hauptgrundsatz unseres Vereines sein.
In dieser Meinung lade ich zu diesem Vereine alle ein, die Kopf und Herz auf dem rechten Flecke haben: den Kopf zum Denken, das Herz zum Handeln. Und damit Gott befohlen, auf Wiedersehen!
Wörishofen, am 28. Dezember 1890.
Sebastian Kneipp, Pfarrer.
Die „Kneipp-Blätter“
haben sich die Verbreitung der Grundsätze des Herrn Pfarrers Kneipp und die Förderung des auf ihnen aufgebauten „Rettungswerkes für Kranke und für Gesunde“ zur Aufgabe gesetzt. Bekanntlich steht hinter ihnen der Kneipp-Verein, der die hochedlen Bestrebungen des Herrn Pfarrers von Wörishofen in jeder Weise zu befördern und zu verteidigen strebt. Wissenschaftliche Begründung und möglichste Verbreitung einer vernünftigen, gottgewollten Lebensweise und einer naturgemäßen – auf gründlicher Forschung beruhenden – Heilmethode, sowie die Beförderung und Verteidigung der persönlichen Rettungsarbeit des Herrn Pfarrers Kneipp, sind die wichtigsten Ziele der „Kneipp-Blätter“. Dabei werden wir den Interessen der Wörishofener Kurgäste möglichst dienen und sollen die „Kneipp-Blätter“ namentlich auch für die „Lieblinge Kneipp's“, nämlich für die Armen, ausgiebige Hilfe anregen.
Wögen alle edlen Menschenfreunde unsere Blätter durch beste Empfehlung und durch eifrige Mitarbeit unterstützen „für Gott, zum Besten der Mitmenschen“.
Die Redaktion.