25.09.2016 - Pontifikalamt und Festakt „250 Jahre barocke Abteikirche Ottobeuren“

Titel

25.09.2016 - Pontifikalamt und Festakt „250 Jahre barocke Abteikirche Ottobeuren“

Beschreibung

Vor 250 Jahren, am 28. September 1766, wurde dieses Gotteshaus geweiht. An diesem Ort können Menschen Gott begegenen, vor allem, indem sie das Wort Gottes hören und im Sakrament dem Herrn direkt und unmittelbar begegnen dürfen. Auch wir sind heute hier, um dafür zu danken, dass uns diese Möglichkeit gegeben ist: Gott hier nicht nur zu hören, sondern ihm zu begenen.“
Abt Johannes Schaber legte mit seinen einführenden Worten zu Beginn des Pontifikalamts den Anlass des Festgottesdienstes dar und verwies gleichzeitig auf die Basilika als einen lebendigen Begegnungsort mit Gott. Als Ehrengast durfte er den emeritierten Erzbischof von München und Freising Friedrich Kardinal Wetter (*20.02.1928) als Zelebranten begrüßen.

Kardinal Wetter nahm in seiner Predigt zunächst ebenfalls auf das Weihe-Jubiläum Bezug, fokussierte dann aber auf die Frage, was Kirche ausmacht. Die „Kirche aus toten Steinen“ sei lediglich ein Sinnbild für „die lebendige Kirche“, die aus uns selbst bestehe. Wörtlich sagte er:

Vor 250 Jahren ist diese schöne Kirche auf den Namen der heiligsten Dreifaltigkeit geweiht worden. Darin zeigt sich unser Glaube, dass der dreifaltige Gott uns in diesem Gotteshaus nahe ist. Und dass wir hier vor seinem Angesicht stehen dürfen. Die Weihe dieser Kirche ist der Anlass unseres heutigen Festes. Es ist das Fest des Dankes an vergangene Generationen, die diese Kirche errichtet und durch die Zeiten hindurch erhalten haben. Und es ist ein Fest der Freude, dass wir in einem so schönen Gotteshaus Gottesdienst feiern dürfen, dessen Schönheit uns hinweist auf die unbeschreibliche Schönheit Gottes, an der wir einmal Anteil haben sollen. Aber unser heutiges Fest lässt uns jedoch nicht nur feiern, es ist uns auch Anlass, an unsere Aufgabe zu denken und sie ernst zu nehmen. Uns allen ist nämlich aufgegeben, am Aufbau der lebendigen Kirche zu arbeiten. So schön diese Kirche aus toten Steinen auch ist, sie ist nur Sinnbild und verweist auf die lebendige Kirche, errichtet aus lebendigen Steinen. Und das sind wir – wir selbst. Wisst ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid und der Geist Gottes in euch wohnt? Gottes Tempel ist heilig und der seid ihr, sagt uns der hl. Paulus. An dieser lebendigen Kirche wird schon lange gebaut: 2000 Jahre. Jesus Christus hat sie gegründet. Er ist der Bauherr und der Baumeister. Er hat sie auf den Felsen Petri gestellt. Und die Grundmauern sind die 12 Apostel und auf diesem Fundament wird sie schon 2000 Jahre lang aufgebaut und sie ist immer noch nicht fertig.  
 
Der Kardinal stellte gleichwohl fest, die Kirche habe „an Leuchtkraft verloren“, machte dabei aber einen entscheidenden Grund aus:

Wie sieht das heute in unseren Landen aus? Wir wachsen nicht, wir werden kleiner: weniger Priester, weniger Ordensleute, weniger Gottesdienstbesucher. Und auch die Kraft, um im Geist des Evangeliums mitzuwirken an der Gestaltung unserer Welt hat abgenommen. Wir haben an Leuchtkraft verloren. Wird die Kirche bei uns abgebaut, statt aufgebaut? Was geht da vor sich? Gott ist doch der Bauherr! Geht ihm die Kraft aus? Gott hat die Kirche gegründet, er baut sie auf und er wird sie auch vollenden. Aber er baut sie auf, nicht ohne uns. Daran ist nicht zu rütteln: Nicht ohne uns! Der Rückgang, den wir zur Zeit erleben, liegt nicht an Gott, sondern an uns! Gott baut, aber wir sind seine Eckpfeiler. Darum müssen wir auf ihn schauen und sehen, wie er aufbaut.

Wir würden an großen Christen sehen, was geschehe, wenn ein Mensch Gott ernst nehme. Als Beispiele nannte der Kardinal den hl. Franz von Assisi (*1181/82, †1226), der „der Kirche seiner Zeit eine neue Gestalt gegeben“ habe sowie die am 04.09.2016 durch Papst Franziskus heilig gesprochene Teresa von Kalkutta (*26.08.1910, † 05.09.1997), „die in der ganzen Welt ein Licht aufgestellt“ habe. Wir seien zwar kein Franz von Assisi oder eine Mutter Teresa, aber, so Kardinal Wetter:
Gott suchen, darauf kommt es an, das heißt: Leben im Wissen und darum, dass wir zu Gott unterwegs sind. Weil wir nur in ihm unsere Vollendung finden. Darum dürfen wir der Liebe Gottes nichts vorziehen. Und den Nächsten sollen wir lieben wir uns selbst. So müssen wir als Glaubende im Leben gestalten, um lebendige Steine in einer lebendigen Kirche zu sein.

Kardinal Friedrich Wetter bezog sich auf den Besuch von Benedikt XVI. in Bayern vor 10 Jahren, bei dem der Papst sagte: „Wer glaubt, ist nicht allein.“ Und erklärte dazu:
Glauben kann man nur in der Gemeinschaft der glaubenden Kirche. Darum brauchen wir einander. Als lebendige Steine sind wir vom dreifaltigen Gott eingefügt in seine lebendige Kirche. Miteinander können wir die Kirche in unserem Land aus ihren Tiefen herausholen. Nicht aus eigener Kraft, sondern in der Kraft der siegreichen Liebe, die Gott uns schenkt.

Mit einem Zitat aus der Johannes-Offenbarung führte Kardinal Wetter die Gottesdienstbesucher abschließend zu ganz aktuellen Problemen: Europa habe „Risse bekommen“ und stünde wegen der Flüchtlingskrise „vor einer historischen Aufgabe, der wir uns als Christen nicht entziehen dürfen“, so sein leidenschaftlicher Appell.
Seht die Wohnung Gottes und aller Menschen. Er wird in ihrer Mitte wohnen und sie werden sein Volk sein. Und er, Gott, wird bei ihnen sein. Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen. Der Tod wird nicht mehr sein. Keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal, denn was früher war, ist vergangen. Er, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu. Schreib es auf, denn diese Worte sind zuverlässig uns wahr. [Offb 21]  
Liebe Schwestern und Brüder. Dorthin sind wir unterwegs. Für Gott hin bauen wir die lebendige Kirche auf. Und mit dem Aufbau der Kirche werden wir zugleich den Auftrag erfüllen, aus dem Geist des Evangeliums unsere Welt mit zu gestalten. Denn Gott hat uns diese Welt anvertraut. Denken wir nur an Europa heute mit [all] seinen Rissen. Unser Europa ist einmal entstanden durch die Christianisierung, zunächst der romanischen Völker, dann der germanischen Völker und schließlich der Slawen. Durch den christlichen Glauben ist einst Europa zusammengewachsen. Heute sind wir dabei, die Einheit Europas auch in einer Verfassung mit Verträgen zu festigen. Doch wie tragfähig Verträge sind, erfahren wir, wenn keine geistige Kraft dahinersteckt. Kann Europa Bestand haben, ohne die Wurzel, aus der dies hervorgegangen ist? Liebe Schwestern und Brüder: Würden alle Europäer, die sich Christen nennen, aus der ihnen von Gott geschenkten Kraft leben, dann bräuchten wir uns über Europa keine Sorgen zu machen!
Seit einem Jahr stellt uns der Strom der Flüchtlinge vor eine historische Aufgabe und lässt uns fragen: Schaffen wir das? Mit Absprachen und Vereinbarungen allein wird das nicht gelingen, so wichtig das auch ist. Die Flut des menschlichen Elends, was da auf uns zukommt, muss man mit Mitteln der Menschlichkeit, mit tatkräftiger Liebe [begegnen]. Gott gibt uns die Kraft dazu! Und nicht nur uns Christen, sondern auch allen Menschen guten Willens, die durch diese unbeschreibliche Not herausgefordert sind. Wir alle aber müssen diese Kraft der Liebe Tat werden lassen. Auch unter Entbehrungen, um Leid und Not zu lindern. Wenn wir das alle miteinander tun, schaffen wir es auch. Dieser historischen Aufgabe dürfen wir uns Christen nicht entziehen. Doch, das ist entscheidend, dass wir gläubig uns glaubwürdig als Christen leben. Als lebendige Streiter einer lebendigen Kirche. Amen.  

Die musikalische Gestaltung des Pontifikalamts übernahm der Musica-Suevica-Chor aus Augsburg (Leitung Franz Wallisch). Der Chor brachte die sogenannte „Ottobeurer Festmesse“ von Pietro Pompeius Sales zur Aufführung, die von Schülerinnen und Schülern des Musischen Gymnasiums Marktoberdorf nach 2012 wiederhergestellt wurde.

Dem Pontifikalamt schloss sich im Kaisersaal der Abtei ein Festakt an. Als Redner traten Abt Johannes Schaber, die Politiker Franz Pschierer, Günther Oettinger und Markus Ferber auf. Bürgermeister German Fries sprach abschließend Dankesworte aus.

Abt Johannes zog zu Anfang eine Parallele zwischen dem damaligen Abt Rupert Ness II. und dem römischen Kaiser Augustus. Der Kaiserbiograph Sueton schrieb einst, dass Augustus, als er sein Amt antrat, „ein Rom aus Ziegelsteinen“ vorgefunden und als er starb, „ein Rom aus Marmor“ hinterlassen hätte. Auch Rupert Ness (1670 - 1740) habe, als er 1710 sein Amt antrat, „ein Kloster aus Ziegelsteinen vorgefunden und bei seinem Tod eines aus Marmor – sagen wir Stuckmarmor – hinterlassen“. Das Bild der Öffentlichkeit von der Klosteranlage als Gesamtkunstwerk lenkte Abt Johannes, wie schon beim Pontifikalamt, auf den Glaubensbezug:
Wer heute nach Ottobeuren kommt, sieht in erster Linie die Pracht dieses stolzen Baues. Wer sich näher auskennt, dem wird bewusst, dass die gesamte Klosteranlage mit ihren 55 Jahren an Bau- und Ausstattungszeit ein großes und wunderbares Zeugnis des christlichen Glaubens ist.
Wenn wir den 250. Jahrestag der Kirchweihe feiern, gedenken wir der Vollendung dieses großartigen Glaubenszeugnisses. Viele Gäste sehen nur die Pracht, viele Besucher nur die Kunst, viele Wissenschaftler nur das Denkmal. Die Äbte und Mönche des 18. Jahrhunderts hingegen, die den Bau entworfen und gebaut haben, haben ihrem christlichen Glauben, klösterlichen Tugend-Streben und barocken Selbstverständnis in der Farb- und Formensprache ihrer Zeit einen weithin sichtbaren Ausdruck verliehen. Für Abt Rupert Ness war sein neues Kloster mehr als das Denkmal, das er sich selbst gesetzt hätte. In unserer Bibliothek heißt es „sui monumentum“ – für ihn war es ein geschützter Ort gelebten christlichen Glaubens: „religioni munimentum“. Nun ist die Gesamtanlage in einer großen Kreuzesform auf 480 x 430 Metern vollendet. Der Mönch macht sich täglich bewusst, was Papst Leo der Große – das sehen Sie in der Sakristei – in einer Predigt formuliert hat: In cruce tribunal domini iudicium mundi et potestas est Crucifixi. (Das Kreuz ist der Richterstuhl Christi, über die Welt wird das Urteil gesprochen und der Gekreuzigte verherrlicht.) Wenn die gesamte Klosteranlage in Kreuzesform gebaut ist, lebt der Mönch – wo auch immer er sich gerade im Kloster aufhält – im Zeichen des Kreuzes und verherrlicht mit seinem Leben Christus. Oben, im alten Priorat, heißt es an der Decke: Vere vita boni monachi crux est, sed dux paradisi. Das Leben eines guten Mönchs ist ein Kreuz, aber es ist der Weg zum Paradies (nach Thomas von Kempen [*um 1380 - 1471]). Von daher versteht sich das Bibelzitat, das Abt Anselm Erb – der Erbauer der Basilika – über dem Portal anbringen ließ, eine Bibelstelle aus Genesis 28: „Haus Gottes und Himmels Pforten“, und von daher erklärt sich auch die zentrale Bedeutung des romanischen Christus im geistlichen Mittelpunkt der Basilika. In zahlreichen Deckenbildern des Klosters wird zum Ausdruck gebracht, dass reiche Gnadenströme Gottes und der Inhalt des göttlichen Füllhorns über Ottobeuren ausgegossen worden sind. Caritas dei, diffusa est in cordibus nostris, heißt es bei Römer 5: Ja, die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen. Wenn wir nun also den 250. Jahrestag der Kirchweihe festlich begehen, dann in dankbarer Erinnerung, auf denkwürdige Weise und in dem Bewusstsein, dass es an uns heutigen Mönchen liegt, täglich neu das monastische, geistliche und theologische Erbe unserer Vorgänger in diesem Klosterbauwerk anzutreten, weiterzuführen und für die Zukunft fruchtbar zu machen.

Abt Johannes bettete seine herzerfrischende Begrüßung der Ehrengäste jeweils in kleine Episoden oder Anmerkungen ein. Unverwechselbar kam dabei immer wieder sein Sinn für Humor zum Vorschein, was ihm die Anwesenden mit entsprechenden Lachern dankten:
Auch heute geben wir ein Zeugnis, deshalb freue ich mich ganz besonders, dass Sie, Eminenz, lieber Kardinal Wetter, nach Ottobeuren gekommen sind, um mit uns den Jahrestag der Kirchweihe zu begehen und ich freue mich persönlich, dass Sie Schwester Solemnis mitgebracht haben – wir kennen uns ja schon seit meiner Münchner Zeit. Ich begrüße die Oblaten unseres Klosters [Oblatenrektor ist Pater Subprior Dr. Theodor Lutz], die zu unserem Kloster gehören und sich in ihrem Zuhause darum bemühen, Impulse aus der Regel des hl. Benedikt in ihrem Alltag umzusetzen. Es ist mir eine Freude, dass heute auch Sebastian Kneipp unter uns ist. Herr Kneipp: Wo sitzen Sie? Herzlich willkommen!
Ich begrüße den Vorstand und die Mitglieder der Vereinigung der Freunde der Benediktinerabtei, die uns alljährlich mit ihren Ideen und ihrer Großzügigkeit helfen, das kulturelle Erbe des Klosters auch für die Zukunft zu erhalten.

Wir sitzen hier unter dem großen Deckenfresko, auf dem die Krönung des ersten großen Europäers, Kaiser Karls des Großen, am Weihnachtstag des Jahres 800 thematisiert wird. Ich hatte das Glück, die Freude, vergangenen Montag im Petersdom zu sein und bin extra zu der Bodenplatte hin, die der Überlieferung nach im alten St. Peter diese Platte war, auf der Kaiser Karl der Große gekrönt wurde. Ich habe mich extra in der Mitte d'raufg'stellt [einige Lacher]! Hab scho' Platz g'habt [wiederum Lacher – lacht selbst mit]! Karl der Große hatte eine Vision für das, was wir heute Europa nennen. In unserer Abtei wird seit Jahrzehnten der moderne Europa-Gedanke unterstützt, weitergedacht und beworben. Darum ist es mir eine große Freude, Sie, Herr Günther Oettinger, EU-Kommissar für digitale Wirtschaft und Gesellschaft, hier in Ottobeuren begrüßen zu dürfen. Und ich freue mich auf Ihre Festansprache. Natürlich bin ich auch ganz persönlich neugierig, weil meine 86-jährige Tante Ruth schon seit Jahrzehnten in Ditzingen [Oettingers Heimatstadt] lebt. Mit Ihnen begrüße ich unseren ehemaligen Bundesfinanzminister Dr. Theo Waigel, die Sie mit dem Euro auch eine Vision für Europa hatten. Seien Sie wie immer herzlich willkommen. Ich begrüße Herrn Markus Ferber, Mitglied des Europäischen Parlaments, sehr herzlich. Und wenn ich ehrlich bin, weiß ich nicht immer, ob Sie mit Gattin kommen. Wir Mönche kommen immer alleine [Lacher]. Also wenn ich jemand begrüße und ich vergesse, mal die Gattin zu erwähnen, dann fühlen Sie sich bitte immer mit angesprochen. Mit Herrn Ferber begrüße ich alle Kuratoriumsmitglieder der Stiftung „Europäische Kulturtage Ottobeuren“ sowie die Mitglieder der Europa-Union und der Pan-Europa-Union.

Die Äbte von Ottobeuren waren über 900 Jahre nicht nur Klostervorsteher, sondern auch Landesherren eines kleinen Reichsstiftsgebietes. Da hat man – lieber Herr Oberbürgermeister Dr. Holzinger – noch lange nicht an Memmingen gedacht [Lacher – lacht selbst mit]. Abt Rupert Ness, ein gebürtiger Wangener – herzlich willkommen Dr. Leist [Jörg Leist, Wangener OB von 1968 - 2001] – erlangte kurz nach seinem Amtsantritt 1710/11 die volle Reichsunmittelbarkeit wieder, aber er musste sich – auch wenn er Stolz darauf war – rechtfertigen, wie er nun in der einen Person des Abtes sowohl die geistliche als auch die weltliche Herrschaft in einem ausüben könnte. Im Kloster finden wir dazu zahlreiche Hinweise. Aber er löste das für sich: Darum ist das ganze Gebäude nicht nur ein Kloster für uns Mönche, sondern auch der Ausdruck eines barocken Fürsten, der mit diesem Klosterbau nach außen dokumentiert hat, wer er ist. Immerhin war das Stiftsgebiet mit seinen 28 Dörfern im 18. Jh. etwa halb so groß wie der heutige Landkreis Mindelheim [bzw. Landkreis Unterallgäu]. Sie, lieber Herr Landrat Weirather, liebe Kreisräte, dürfen also Stolz darauf sein, ein doppelt so großes Gebiet zu regieren, wie einst die Ottobeurer Äbte [einige Lacher]. Die Staatlichkeit des Reichsstiftes Ottobeuren ging 1802 an das Kurfürstentum Bayern über. Aus diesem Grund begrüße ich sehr herzlich den Vertreter des bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer, Herrn Staatssekretär Franz Pschierer mit Gattin. Im Blick auf die Zeit, als die barocke Klosteranlage mit Basilika geistlicher und politischer Mittelpunkt eines Kleinstaats war, bitte ich sehr herzlich, lieber Herr Staatssekretär, die Nachfolger meiner Vorgänger herzlich zu grüßen [Lacher]. Mit Ihnen grüße ich gerne Herrn Bundestagsabgeordneten Stephan Stracke, für die CSU-Fraktion im bayerischen Landtag Herrn Klaus Holetschek, der als Vorsitzender des Tourismusverbandes Allgäu-Bayerisch Schwaben glücklich sein darf, in seinem Bezirk so herausragende Bauten zu haben wie Neuschwanstein und Ottobeuren [Lacher].
Ich grüße die Abgeordneten des Bayerischen Landtags, Dr. Paul Wengert, Dr. Thomas Goppel, Dr. Leopold Herz, den ehemaligen Bundestagsabgeordneten, Herrn Robert Antretter, Staatsminister a.D. Josef Miller, Staatssekretär a.D. Alfons Zeller und Frau Dr. Ingrid Fickler.
Sehr geehrter Herr Regierungspräsident Karl Michael Scheufele, wir freuen uns sehr, dass Sie nach Ottobeuren gekommen sind. Mit Ihnen begrüße ich Frau Ursula Lax, Stellvertreterin des Bezirkstagspräsidenten. Aus Klostersicht sind wir sehr dankbar für eine gute Nachbarschaft und Zusammenarbeit mit Ihnen, lieber Herr Bürgermeister German Fries vom Markt Ottobeuren. Ihren Stellvertreter Markus Albrecht und Bürgermeister a.D. Bernd Schäfer. Lieber Bürgermeister Fries. Wären wir noch ein Reichsstift, dürften wir auf unseren Ortstafeln unter Ottobeuren „Landeshauptmarkt“ schreiben [Lacher]. Ich begrüße weitere Bürgermeister: Martin Heinz aus Hawangen mit 2. Bgm. Xaver Keller, Andreas Meer aus Böhen, [seinen Stellvertreter] Gerhard Zillober – wir sind erst geschtern bei'nanderg'hockt –, herzlich willkommen Bürgermeister Christian Seeberger aus Erkheim und Bgm. Robert Sturm aus Ettringen. Ich grüße Altlandrat Dr. Hermann Haisch, Herrn Oberbürgermeister Thomas Kiechle aus der Stadt Kempten und alle anwesenden Stadt- und Gemeinderäte. Es ist mir eine persönliche Freude, die beiden Ehrenbürger des Marktes Ottobeuren, Frau Edith und Herrn Alois Berger begrüßen zu dürfen. Ich freue mich, dass auch weitere Träger der Bürgermedaille und des Ehrenrings von Ottobeuren unter uns sind.

Abt Rupert Ness hat nicht nur ein großartiges Gebäude entworfen und gebaut, er hat auch an den Unterhalt gedacht. Wie geht es weiter? Aber nachdem das Kurfürstentum Bayern die Grundlagen übernommen hat, sind wir froh, dass die Baulast heute beim Freistaat Bayern liegt und dass sich da eben das staatliche Bauamt um den Bauunterhalt und das Fortlaufende [kümmert]; darum begrüße ich herzlich Herrn Thomas Hölzl, den Leiter des Staatlichen Bauamts Kempten und Frau Cornelia Bodenstab, die Leiterin der Abteilung Hochbau, mit allen Mitarbeitern. Wir spüren ja immer wieder das Wohlwollen, das Sie uns entgegenbringen und dafür sind wir von Herzen sehr dankbar.
Ottobeuren hat eine lange Schultradition, die geht schon zurück auf Karl den Großen und da begrüße ich besonders den Direktor des Rupert-Ness-Gymnasiums und der Realschule Ottobeuren, Herrn OStD Dr. Otto Schmid. Nach der Reformation waren es mal nur noch zwei Mönche im Kloster, der Abt und ein Novize. Bin ich froh, dass das damals nicht ausgegangen ist, Pfarrer Vogel. Ich darf [damit] meinen evangelischen Kollegen, den neuen evangelischen Pfarrer von Ottobeuren herzlich begrüßen.
Rupert Ness war – bevor er 1710 Abt wurde – als Zellerar, als Großökonom mindestend 10 Jahre damit beschäftigt, die finanziellen Grundlagen zu schaffen, anzusparen. Sein Vorgänger, Gordian Scherrich, auch aus Wangen, hatte auch schon Pläne, ein neues Kloster zu bauen. Sein Zellerar musste die nötigen Finanzmittel zur Verfügung stellen. Darum hatte Rupert Ness immer schon eine große Affinität [zum Thema Finanzen]. Man kann nicht nur etwas Großartiges bauen, es kostet auch. Von daher begrüße ich die Vertreter der Wirtschaft und der Industrie, Frau Karin Berger-Haggenmiller [Berger Holding, Memmingen-Ottobeuren], Herrn Gerhard Pfeifer [Geschäftsührer Seil- und Hebetechnik, Memmingen], Georg Filgis [Bauunternehmer, Ottobeuren/Altusried-Krugzell], Thomas Munding [Vorsitzender des Vorstandes der Sparkasse Memmingen], Herrn Manfred Rockenfeller [Vorsitzender des Vorstandes der Genossenschaftsbank Unterallgäu], Martin Weber [Sparkassen-Niederlassung Ottobeuren] und Herrn Hermann Kerler [Vorstandsvorsitzender Raiffeisenbank Pfaffenhausen].
Was wäre Ottobeuren, was wäre das Evangelium, wenn wir es nicht in die Welt hinaustragen würden? Da sind wir sehr dankbar, dass die Presse immer wieder nach Ottobeuren kommt, um über uns und was wir hier tun zu berichten. Darum gilt abschließend mein Gruß den Vertetern der Allgäuer Zeitung, der Memminger Zeitung, der Katholischen Sonntagszeitung, vom Memminger Kurier und dem Allgäu-TV, Frau Brigitte Unglert-Meyer, Herrn Markus Raffler, Herrn Helmut Kustermann und Herrn Christoph Scheule. Herzlich willkommen!
Neben allen Genannten – es ist gar nicht so einfach, hier eine Rede zu schreiben, dass man ja keinen vergisst – möchte ich alle begrüßen, die ich nicht erwähnt habe und freue mich, dass Sie da sind. Wir freuen uns – der Konvent. Für uns ist es ein besonderer Tag, in dieser herrlichen Anlage leben zu dürfen. Von daher: Was ist ein Fest ohne seine Gäste? Seien Sie alle herzlich willkommen bei uns in Ottobeuren. [Applaus]
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An die Ausführungen von Abt Johannes knüpfte Staatssekretär Franz Pschierer an. Mit einem Augenzwinkern ging es um das gleichzeitige Amt des Abtes (bis 1802) als geitlicher Vorsteher des Klosters als auch weltlicher Vorsteher des Ottobeurer Klosterstaats:
Selbstverständlich, ehrwürdigster Herr Abt, werde ich dem amtierenden Ministerpräsidenten die besten Grüße übermitteln – als Nachfolger Ihrer Vorgänger.

Sein Hauptaugenmerk richtete Franz Pschierer jedoch auf die besondere Bedeutung der Benediktiner in Bayern im Allgemeinen:
Im Zentrum des heutigen Festaktes, sehr verehrte Gäste, steht gewissenmaßen das Herzstück dieser Klosteranlage, die gewaltige Basilika St. Alexander und Theodor und wir dürfen heute den 250. Jahrestag ihrer Fertigstellung feiern. Ich darf dazu nicht nur die Grüße des Ministerpräsidenten, sondern selbstverständlich der gesamten Bayerischen Staatsregierung überbringen. 250 Jahre sind an sich ein Grund, zu feiern. Für Ottobeuren ist das aber ein relativ überschaubarer Zeitraum, zeugt die Anlage doch von einer über 1250-jährigen Tradition Ihres Ordens hier in der Region. Die Benediktiner waren von Anfang an Quelle und Träger unseres Glaubens und unserer Kultur und Bayern verdankt den Benediktinern sehr viel. Ich habe anlässlich des 1250-jährigen Jubiläums an dieser Stelle ausgedrückt, dass es im Wesentlichen zwei Dinge für diesen Freistaat waren, die ihn über Jahrhunderte geprägt haben: sicherlich das Haus Wittelsbach, aber insbesondere auch die klösterliche Tradition der Benediktiner. Und dieser Orden der Benediktiner stand an der Wiege bayerischer Staatlichkeit und er ist in ganz Bayern vertreten und ich übertreibe nicht, wenn ich sage: Sie sind Ursprung und auch Kraftquell bayerischen Selbstverständnisses. Aber die kulturelle Strahlkraft des Benediktinerordens reicht weiter, sie wirkt tief hinein in die europäische Geschichte. Allein schon, weil der hl. Benedikt als Vater des Abendlandes und als Schutzpatron Europas verehrt wird. Denn die Regel des hl. Benedikt gilt über alle Landesgrenzen hinweg: Ora et labora.

Gegen Ende seiner Rede stieg der bayerische Staatssekretär vertieft in die Zeit des Kirchenbaues ein, der wegen der enormen Kosten innerhalb des Konvents damals durchaus umstritten war. Pschierer stellte dabei in Frage, wie der Bau eines solchen architektonischen Juwels mit der Ordensregel Ora et labora – auch als die Ermahnung zu Demut und Mäßigung, zur Bodenhaftung – mit der Forderung nach Bescheidenheit zusammpasse.
Letztlich wurde die Lösung dieses Spannungsfeldes von Herrn Pschierer anders – mit einer Anekdote – erklärt:
Als um das Jahr 1700 herum Abt Gordian Scherrich einen der ersten Anläufe für einen Kirchenneubau nahm, stellten sich seine Mönche quer. Ihre Begründung: Der geplante Bau und seine enormen Kosten seien mit der Forderung nach Mäßigung und der Ehre der Benediktiner unvereinbar. In die heutige Zeit übersetzt: Es ging den Mönchen ganz einfach um Glaubwürdigkeit. Wofür man steht und was man von den anderen fordert, das muss sich auch im eigenen Tun widerspiegeln. Und so wurden die gewaltigen Kosten des Neubaus durch eine systematische Neuorganisation des Finanzwesens querfinanziert. Die Mönche haben über die Jahre klug gewirtschaftet und alle  Kräfte zusammengenommen, um den Neubau aus eigener Kraft zu finanzieren. Und das führte zum Erfolg: Nach einem Jahrzehnt der finanziellen Sanierung konnte schließlich der Grundstein für den Neubau gelegt werden. Meine Damen und Herren, Sie sehen, der heutige Anlass ist weit mehr als ein architektonisches Jubiläum. Ottobeuren ist seit 1250 Jahren ein Synonym für kluges, maßvolles Wirtschaften, für Bescheidenheit, Bodenhaftung und Glaubwürdigkeit. Auf dieser Grundlage entfalteten sich Musik, Kunst, Gelehrsamkeit und Humanismus. Wir und auch die Bayerische Staatsregierung sind uns der historischen Verantwortung für dieses Erbe bewusst. Wir wissen, welchen Schatz wir in unserer reichen Klosterlandschaft haben. Und wir wissen, welche Rang der Basilika und dem Kloster Ottobeuren darin zukommt. Es ist ein Wahrzeichen für Ottobeuren und die Region, ein Aushängeschild bayerischer Kulturgeschichte und ein Quell europäischer Identität. Und deshalb, verehrter Kommissar, lieber Günther Oettinger, freut es mich ganz besonders Sie – neben Markus Ferber –  heute als Spitzenvertreter der europäischen Politik unter uns zu haben. Wir tun gut daran, auf allen politischen Ebenen – das gilt für das Europäische Parlament, für den Deutschen Bundestag (lieber Stephan Stracke), für den Landtag (lieber Klaus Holetschek), für den Bezirk und für viele andere – wir tun gut daran, uns in Zeiten, in denen die zentrifugalen Kräfte Europas leider etwas zunehmen, uns daran wieder zu erinnern. Und ich darf ein Momentum aus Ihrer Predigt, Herr Kardinal, aufgreifen: Sie haben mit Bezug auf die Kirche, auf uns Gläubige, auch auf die Amtskirche gesprochen. „Wir haben an Leuchtkraft verloren.“ Vielleicht – und das bedaure ich zutiefst – hat auch dieses Europa im Moment an Leuchtkraft verloren. Und deshalb tun wir gut daran, uns der Wurzeln und Werte zu erinnern, die dieses Europa groß gemacht hat. Ich habe als Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung gerne viele Seminare besucht. Es gibt ein schönes Zitat von Konrad Adenauer in Bezug auf Europa: „Man kann dieses Europa nicht bauen, wie man ein Haus baut, indem man Stein auf Stein schichtet, sondern es muss wachsen wie ein Baum, der Jahr für Jahr Ringe ansetzt. Nur ein Baum, sehr verehrte Festgäste, der braucht Wurzeln. Und diese Wurzeln liegen auch in der christlich-abendländischen Tradition Europas. Es tut uns gut, uns an einem solchen Festtag uns dieser Wurzeln und Werte zu erinnern. Herzlichen Dank uns nochmals Glückwunsch zu diesem Jubiläum!
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Als nächstes Stand der Hauptvortrag von Günther Oettinger auf dem Programm. Ein paar kurze Infos zu seiner Person von der Wikipedia-Seite:
 (*15.10.1953, Stuttgart) ist ein deutscher Politiker der CDU. Er ist seit 2014 EU-Kommissar für Digitale Wirtschaft und Gesellschaft. Zuvor war er fünf Jahre lang Kommissar für Energie. Von 2005 bis 2010 war er Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg.

Oettinger überbrachte die Glückwünsche der Europäischen Union. Eben diese Union stellte der Kommissar in den Fokus seiner Rede, wobei er mit dem Eingehen auf die - durch die Jahrhunderte - ständigen kriegerischen Auseinandersetzungen zunächst den thematisch vorbereitenden geschichtlichen Rahmen setzte. Er vermittelte dabei aufgrund einer Begebenheit aus seiner Familie soagr einen persönlichen Bezug:
Damals, als das Gebäude, die Kirche erstellt wurde, war Europa scheinbar friedlich. Den Fürsten ging es gut; Kultur, Kunst und Musik wurden gepflegt, aber: Es war schon absehbar. Es folgte in Frankreich die Revolution. Vor 200 Jahren war Europa in Unordnung. Die Bayern, die Württemberger, die Badener wurden von Napoleon gefragt: Mit mir oder gegen mich. Dann haben wir alle in die Waffenkammern geschaut und zogen mit Napoleon gegen Moskau in den Krieg. Und von vielen 10.000den kamen wenige Hundert lebend zurück. Damals hat Krieg die Grenzen verändert. Hat aus Fürstentümern, aus Kirchengütern und Klöstern Teile einer größeren Einheit gemacht. Damals haben andere über unsere Vorfahren bestimmt. Wir waren Spielball auf dem europäischen Kontinent. 1866, vor 150 Jahren, hatten wir viele Kriege geführt. Damals mit Österreich gegen die Preußen für das Großdeutsche Reich, für Wien. Wir haben verloren. Die Bayern, die Badener und wir aus Württemberg. Vier Jahre später haben wir erneut Krieg geführt, mit den Prußen, gegen die Franzosen; wir haben gewonnen. Das Kleindeutsche Reich entstand. Das Kaiser wurde in Paris gekrönt. Aber alles zeigt, dass diese wechselvolle Geschichte der letzten Jahrhunderte eine Kriegsgeschichte war. Die Menschen wurden nicht gefragt. Leid kam über das Land, Grenzen zog man und veränderte man durch Waffeneinsatz. Als ich sechs Jahre alt war, waren mein Bruder und ich mit den Großeltern auf dem Hartmannsweilerkopf [Hartmannswillerkopf], in den Vogesen, im Elsass, 1000 m hoch [957 m]. Wir wanderten einen halben Tag, tranken Kakao und aßen ein Eis. Da sagte man Opa: „Hier war er zwei Jahre, 1915-1917, im ersten großen Weltkrieg.“ Im Stellungskrieg 10 m vor, 10 m zurück, von seinen 12 Kameraden, die von der Kasernen (?) dorhin abkommandiert worden sind kamen zwei – er und sein Freund – lebend zurück.

Anknüpfend an diese Kriegsereignisse stellte er die Europäische Union als Friedensunion dar, außerdem als Wertegemeinschaft sowie die Elemente Binnenmarkt und Freizügigkeit. Nicht ohne Selbstkritik legte Herr Oettinger dar, dass Europa die vergangenen Jahrzehnte über seine Verhältnisse gelebt habe und zählte weitere Gefahren für die Union auf: Nationalismus und Populismus sowie Veränderungen, die Nutzung und Gefahren gleichermaßen in sich bergen: Automatisierung, Digitalisierung und Globalisierung. Es gebe gleichwohl keine Alternative zu einem gemeinsamen Europa. Deutschland habe selbst bald nur noch 1% der Weltbevölkerung, selbst Europa muss sich anstrengen, mit anderen Regionen der Welt mithalten zu können. Kommissar Oettinger wählte einen plakativen Vergleich:
Aus unseren Böden kommt [kommen] Zuckerrüben, Weizen und Trollinger raus. Es reicht für den Stehempfang nachher, aber nicht für Macht in der Welt. Da werden andere, wie Nigeria, Indonesien, Indien, Brasilien, Russland diese dritten und vierten am Tisch sein und dann würde Europa der Wurmfortsatz Asiens.
Randnotiz: Solchen Warnungen spricht Oettinger schon seit Jahren aus: [vgl. Schwäbisches Tagblatt, 1.10.2012: „Eine starke Union sei wirtschaftlich wie politisch wichtig, 'damit Europa nicht der Wurmfortsatz Asiens wird'. “] [ka-nachrichten.de, 09/2013: „Europa darf nicht der Wurmfortsatz Asiens sein, wir müssen ranklotzen.“] [ovb-online, 5.5.2014: „Für die EU gelte es vor diesem Hintergrund, neben den „absteigenden USA und einem „aufsteigenden China“ zur „dritten Macht“ zu werden, sonst sei Europa bald nur noch ein „Wurmfortsatz Asiens“, mahnte Oettinger. “]

Hier nun der abschließende Ausschnitt aus seiner knapp 22-minütigen Rede:
Europa ist zuallererst die „Friedensunion“. Und mancher glaubt ja, der Frieden sei auf Dauer garantiert. Es ist nur ein Vierteljahrhundert her, da haben Serben und Kroaten in Deutschland am Fließband gemeinsam gearbeitet. Für Bayern, bei Augsburg und Stuttgart gemeinsam Fußball gespielt. Und nur zwei Flugstunden von hier schlugen sie sich in einem mörderischen Bruder- und Schwesternkrieg die Köpfe ein. Das war damals die Flüchtlingskrise. Vom Westbalkan zu uns. Zu glauben, dass der Westbalkan – das frühere Tito-Reich – erneut ein Nationalstaat werden kann, Slowenen, Serben, Kroaten, Montenegreo, Mazedonien, Kosovo, gar Albanien, mit vielen Kulturen, Sprachen, Geschichten und mehreren Religionen und Glaubensformen: undenkbar! Aber Slowenien in der Europäischen Union, Kroatien ebenso, Serbien mit strengen Konditionen Beitrittskandidat, aufzugehen in der Vielfalt der europäischen Familie, kann eine friedliche Zukunft für den Westbalkan sein.
Ich finde es wichtig, dass wir nicht nur S-Klasse exportieren, nein, dass wir auch Frieden exportieren. Wir haben die Chance, dem europäischen Kontinent aus der Erfahrung der letzten Jahrhunderte in der Schuld – die Deutschland im Besonderen hat – Frieden zu bringen. Vom Atlantik bis zum Schwarzen Meer, von der Arktis bis zum Mittelmeer. Das ist unsere Verantwortung und ich bin mir sicher, unsere Kinder und Enkelkinder werden einmal Stolz sein. Nicht, wenn das Sparbuch noch etwas größer geworden ist oder [man] das Haus nochmal um 20 m² ergänzt hat oder der Hubraum des Autos gewachsen ist. Sondern ob wir die in den letzten 70 Jahren möglich gewordene Friedensunion erhalten, erweitern, festigen, vertiefen. Das ist die eigentliche Chance und Verantwortung für unsere Generation. Europa ist und bleibt zu allererst die Friedensunion. Vielleicht war die Erweiterung Europas, der man heute manche Instabilität nachsagt, vor 10, 12 Jahren mit 10 und 2 und dann noch einem 13. Land auf einmal ein bisschen früh, ein bisschen viel. Damals kamen Slowenien, Tschechien, Slowakei, Polen, Ungarn, Lettland, Litauen, Estland, Malta und Zypern auf einen Schlag, Bulgarien, Rumänien folgten nach, Kroatien vor drei Jahren ebenso zu uns hinzu. Aber Fenster der Geschichte, sie öffnen sich und sie schließen sich. Vielleicht war der 10-Punkte-Plan von Helmut Kohl – von Theo Waigel mit erarbeitet – und danach der Umtausch der  Währung 1:1 in Deutsche Mark nationalökonomisch angreifbar - vielleicht. Aber hätte nicht Helmut Kohl damals diesen 10-Punkte-Plan nicht entwickelt und umgesetzt, das Währungsumtauschangebot gemacht – von Willy Brandt unterstützt, von Bush dem Älteren und Gorbatschow getragen, von Mitterand und Thatcher kritisch gesehen, von Lafontaine bekämpft – dieses nicht so entschieden umgesetzt, die Deutsche Einheit wäre nicht so gekommen, wie sie vor einem Vierteljahrhundert zum Glück für uns Deutsche gekommen ist. Fenster der Geschichte, sie öffnen sich und sie schließen sich. Ohne Einheit und ohne die Friedensunion mit diesen 13 weiteren Ländern wäre der Frieden weit mehr gefährdet als er [es] ist. Da wären Länder, die Mitglied der Europäischen Union sind, genauso in Instabilität oder Angst, wie es Moldawien, Georgien, Weißrussland, die Ukraine oder Armenien sind. Wir haben Frieden gestiftet. Wir haben nicht nur auf unsere betriebswirtschaftlichen und volkswirtschaftlichen Argumente geschaut. Wir haben etwas für die Vermeidung des Krieges von morgen, von übermorgen, vielleicht für dauerhaft, getan. Nie hatte Deutschland eine derart gute Nachbarschaft, die aus Freundschaft besteht wie heute. (Seit Karl IV.) Seit Karl I. waren wir nie so stark von Freunden umgeben, wie es unserer Generation [ergeht] und [auch] unseren Kindern und Enkelkindern hoffentlich gehen wird. Die Friedensunion.
Zum zweiten die Wertegemeinschaft. Vielleicht sind Rumänien und Bulgarien in Sachen Rechtsstaat, Gewaltenteilung, soziale Marktwirtschaft, keine Korruption noch nicht so weit, wie Deutschland – sein sollte. Aber nur durch die strengen Konditionen, Mitglied zu werden, haben die sich angestrengt. Wir haben Werte exportiert. Wir haben unser Grundgesetz, unsere Verfassung, unsere Überzeugungen exportiert. Wir haben ein jüdisch-christliches Menschenbild exportiert. Darauf können wir ein bisschen Stolz sein.  
Europa, zum ersten die Friedensunion, zum zweiten die Wertegemeinschaft. Zum dritten der Binnenmarkt. Gerade im deutschen Süden stellen wir in Dingolfing, in München, in Rastatt, in Zuffenhausen, Sindelfingen, Neckarsulm und Ingolstadt viel mehr Autos her als der Bayer und der Baden-Württemberger – selbst wenn er sieben Tage die Woche rund um die Uhr Auto fahren würde – fahren kann. Mit Maschinen, mit Kunststoffprodukten, mit Chemie, Elektrotechnik [ist das der] gleiche Fall. Aber wir können diese Waren exportieren – in den gemeinsamen Markt. In den Binnenmarkt von 510 Millionen Menschen; die Schweiz, der Westbalkan, Ukraine, Norwegen, Island, Liechtenstein assoziiert; ein Glück für eine Exportregion, wie es der deutsche Süden ist. Unser sozialer Wohlstand, unser exzellenter Arbeitsmarkt, der aus Vollbeschäftigung und eher Fachkräftemangel, denn Arbeitsplatz-Suchenden besteht. Das, was wir uns derzeit konsumtiv und investiv leisten können, hängt entscheidene vom Außenhandel ab. Von der Möglichkeit, Waren und Güter mit Präzision und Qualität zu produzieren und die Ausrüstungs-Industrie der Welt, gerade auch der europäischen Länder [zu] sein.    
Europa, die Friedensunion, die Wertegemeinschaft, der Binnenmarkt. Europa auch als ein Ort der Freizügigkeit. Für mich war nach dem Abitur die Dimension Studium Tübingen, also Heimatland oder Heidelberg, knapp Ausland.  Für meinen Sohn und wenn ich mit den Abiturienten spreche: Die bewegen sich und suchen auf der europäischen Ebene, haben Erasmus[-Programme], studieren auswärts, können mehr und besser Sprachen als jemals in meiner Generation möglich war. Sind als Facebook-Freunde, sind über Social Media mit der Welt in Kontakt. Und für sie ist eine regionale oder nationale Gebietsgrenze keine Grenze mehr. Man denkt darüber hinaus. Wohnen, Arbeit, Freizeit, Zukunft, Freunde, Urlaub – zumindest im europäischen Umfeld wird hier geplant. Nie war unsere Gesellschaft von so vielen Möglichkeiten, des Austausches der Kultur, des Wirtschaftsaustausches geprägt, wir in unserer Generation voller Freizügigkeit. Und wenn man sich eben nicht mehr nur im eigenen Ort bewegt, sondern regional und kontinental unterwegs ist, hat es Sinn gemacht, dass Theo Waigel die europäische Währung eingeführt hat. Vor 200 Jahren hätte man auf der Strecke von Köln nach Stuttgart vier Mal einen Währungsumtausch gebraucht. Als ich als Student in Tübingen war, und Hilfsschüler in Südtirol, fuhr ich freitags nach dem Studium in Tübingen los, habe D-Mark in „Öschis“ [Österreichische Schillinge] getauscht, Öschis in Lira, mit Lira die Pizza und den Skipass bezahlt, mit Rest-Lira zurück nach Österreich, mit Öschis dann Stroh-Rum gekauft und dann wieder ab nach Tübingen. Das war's. Heute: [allein] die europäische Währung zählt. Uns geht es so gut. Die Vorfahren hier im Kloster, die Vorfahren in Ihren Familien, unsere Großeltern und Urgroßeltern würden dankbar sein mit uns tauschen zu können. Und wenn viele Millionen gerne via Flucht zu uns gelangen würden, zeigt dies doch: Wir sind ein begehrter Ort in einer begehrten Zeit.
Und das hat nicht nur, aber auch mit der europäischen Idee, dem europäischen Projekt zu tun. Vielen Dank dafür, dass hier auf diesem schönen Plakat die Flagge Europas und Ihre Basilika vereint sind und vielen Dank, wie Sie hier auf christlichem Fundament im Glauben fest und trotzdem weltoffen für Europa werben. Dies tut uns allen, die wir dieses hauptberuflich machen, in Zeiten der europäischen Krise gut. Das europäische Projekt, meine Damen und Herren, ist erstmals in Lebensgefahr. Dafür gibt es mehrere Gründe. Ein erster Grund ist: Wir haben in Europa jahrzehntelang etwas über unsere öffentlichen Verhältnisse gelebt. Wir haben 100 Euro eingenommen aus Abgaben, Gebühren und Steuereinnahmen und haben 5% von der Bank geholt und daraus Ausgaben und Leistungen gemacht. Jetzt haben wir eine Gesamtverschuldung der Europäischen Union von annähernd 100%. Wir müssten ein Jahr arbeiten ohne Geld zu verdienen, um die Gesamtschulden zurückzuzahlen. Es führt kein Weg daran vorbei, die Währungskriterien von Maastricht [die EU-Konvergenzkriterien] wieder einzuhalten, sich daran zu erinnern, Stabilität nicht nur zu predigen, sondern auch zu realisieren. Sich nicht jedes Jahr mehr zu leisten, ist eine private Selbstverständlichkeit und gilt auch für die öffentliche Hand. Hier sind Länder wie Bayern weit voraus, aber da ist europäisch in Kommunen, Regionen und Mitgliedsstaaten Erhebliches zu tun. Das ist der eine Grund, warum man einen Schuldigen sucht. Und dann gerne Europa finden will. Wenn es in Biberach schlecht geht, schimpft man auf Stuttgart, wenn es in Baden-Württemberg schlecht geht, schimpft man auf Berlin, wenn es den Deutschen schlecht geht, schimpft man auf Brüssel. Es ist die übliche Reihenfolge, die sollten wir akzeptieren, aber dabei nicht wehrlos sein. Es gibt gute Gründe, warum Europa ein Mehrwert ist: wirtschaftliche, kulturelle und über die Geschichte Europas (kennt). Zum zweiten: Wir leben in einer Zeit der Globalisierung, der Automatisierung und der Digitalisierung. Und alles bringt Vorteile am Arbeitsplatz, steigert die Wertschöpfung, schafft Chancen – wirtschaftlich und sozial. Aber es wird auch Veränderungsgefahren geben. Die Automatisierung hat Arbeitsplätze nicht nur geschaffen, [Dinge] erleichtert, [sondern] auch vernichtet. Die Digitalisierung der gleich Fall. Deswegen müssen wir den Menschen erklären, wie Wirtschaft und Arbeitsfeld von morgen und übermorgen aussieht. Sie mitnehmen, damit nicht die, die sich als Verlierer sehen oder Sorgen um ihre Zukunft haben, aussteigen und Populisten nachgehen, die zwar keine Rezepte haben, aber vielleicht einfache Fragen stellen, einfache Parolen verbreiten. Wir müssen den Menschen viel mehr noch eine arbeitsteilige, diffizile Weltwirtschaft und unsere Aufgabe darin erklären. Im Elternhaus, in der Schule, in den Medien und auch über Mandatsträger in der Politik. Die Welt, Europa, die Europäische Union, hier macht [machen] sich derzeit Populismus und Nationalismus breit. Stolz auf die Nation zu sein, ist – glaube ich – sehr angezeigt. Auf Kultur, auf Sprache, auf Gemeinsamkeit, auf Identität, aber Nationalismus, d.h., sich zu erhöhen und dies zulasten anderer zu tun, das sollte eigentlich die Lehre aus dem letzten Jahrhundert uns genügend auch für dieses Jahrhundert geben, damit man Nationalismus nicht akzeptiert, sondern kritisch hinterfragt. Es ist nicht nur ein Thema der Mittelstaaten Europas, nicht nur [Marine] Le Pen, nicht nur [Geert] Wilders, nicht nur [Beppe] Grillo und „fünf Sterne“ [„MoVimento 5 Stelle“, M5S], nicht nur UKIP [UK Independence Party] und bei anderen zu Hause, nein, auch [Wladimir] Putin, auch [Recep Tayyip] Erdogan und Donald Trump arbeiten mit diesem Gebräu, [mit] Populismus und Nationalismus. Man kann die Welt aber nicht zurückdrehen. Und wenn man sieht, für wie viel Leid Nationalismus in den letzten Jahrhunderten verantwortlich war, wie zwischen Moskau und Berlin, zwischen Paris und Rom, zwischen Wien und London über Kriege bestimmt worden ist und der Nationalstaat missbraucht worden ist, dann kann man nur dafür werben, dass Sie alle, wir im Hauptberuf und Sie als Staatsbürger und im Ehrenamt, in Zeiten der Krise etwas für das europäische Projekt Ehre einlegen (?) und tun. Man muss nicht alles euphorisch begleiten. Auch in Brüssel werden Fehler gemacht. Aber: Wenn wir die Welt von morgen ein bisschen nach unserem Menschenbild gestalten wollen, wenn wir bei den großen Fragen der Welt ein bisschen europäisch mitreden wollen, wenn es um Klimaschutz geht, um Standard und Normen der Wirtschaft, um Friedenssicherung, um Kriege gegen Diktatoren, um Hungersnöte geht, dann brauchen wir die europäische Allianz. Bei allem Respekt vor dem Freistaat – nehmen wir gleich noch Baden-Württemberg hinzu – von Kehl bis Passau, von Weilheim bis Garmisch, leben weniger Menschen als in Shanghai. Eine Stadt, die es fünf Mal und bald fünfzehn Mal in China gibt. Bei allem Respekt vor Deutschland, wir haben bald nur noch 1% der Weltbevölkerung. Wenn wir die großen Fragen der Welt von morgen mit unserer Erfahrung und unserem Menschbild ein bisschen auf Augenhöhe mitgestalten wollen, geht dies nur im europäischen Team. Wir brauchen eine Stimme für europäische Außen-, Sicherheits-, Verteidigungs- und Nachbarschaftspolitik. Bei allem Respekt vor G20, G7, voll G8 [G7 mit Russland]: Die Welt von morgen – Friedenssicherung, Krieg gegen Diktatoren, Meinungsfreiheit, Klimaschutz, Standard und Normen der Wirtschaft – wird von G2 oder von G3 bestimmt. Wenn die Welt von morgen – unserer Kinder und Enkelkinder – von G2 bestimmt wird, dann sind dies die Vereinigten Staaten von Amerika, mit sinkendem Gewicht, und China, aufsteigend. Wenn G3 die Welt bestimmen kann, dann kann dies Europa – aber nur, wenn sich Europa entsprechend formiert – als Dritter auf Augenhöhe an diesem Tisch der Entscheidungen für die Welt von morgen sein. Wenn sich Europa dies jetzt nicht zutraut: In 15 Jahren wäre es zu spät. Da werden andere Länder mit jüngerer Bevölkerung [und] mit steigender Bevölkerungszahl und mit Bodenschätzen: Gold, Öl, Gas, Eisenerz [sein]. Aus unseren Böden kommt [kommen] Zuckerrüben, Weizen und Trollinger raus. Es reicht für den Stehempfang nachher, aber nicht für Macht in der Welt. Da werden andere, wie Nigeria, Indonesien, Indien, Brasilien, Russland diese dritten und vierten am Tisch sein und dann würde Europa der Wurmfortsatz Asiens.
Ich finde schon, dass unsere Verantwortung nicht nur daraus besteht, S-Klasse zu exportieren und sich davon konsumptiv, wohlhabend und fröhlich die Zukunft zu leisten. Wir haben eine Verantwortung, aus der Geschichte und unserer Schuld, aus unserer Lage, aus unserer Bildung und Erfahrung, die bei uns gelernt und gelehrt wird. Und wenn Europa diese Erfahrung und Verantwortung vor anderen wahrnimmt, dann können wir ein gewichtiges Wort einlegen, damit die Welt von morgen friedlicher wird, gerechter wird und unserem christlichen Menschenbild mehr denn je entspricht.
Besten Dank, Ihnen, die Sie hier Gutes tun, hochverehrter Herr Abt, Ihrem (Konvent ?) und Ihnen und der gesamten Marktgemeinde, eine gute Zukunft, die ausstrahlt, weit übers Allgäu hinaus!
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Abschließend stand die Rede von MdEP Markus Ferber an. Er ist als Vorsitzender der „Stiftung Europäische Kulturtage Ottobeuren“ des Öfteren in Ottobeuren. Auch Herr Ferber ging zunächst auf die historische Bedeutung der Klöster ein:
Als der Freistaat Bayern in seiner Verfassung von 1946 in Artikel 3 schreiben kann, „Bayern ist ein Kulturstaat“, hängst sicherlich auch damit zusammen, dass es die Klöster waren, die die Kultur in die Fläche gebracht haben. Zentren, wo unterrichtet wurde, Schulen gegründet wurden, wo in den Bibliotheken das Wissen gesammelt wurde, vervielfältigt wurde und dafür gesorgt wurde, dass es auch erhalten bleibt und den Menschen zur Verfügung steht. Die Klöster spielen in der Geschichte unseres Landes eine ganz große Rolle als Kulturzentren.

Herr Ferber ging auf die Zeit der Säkularisation als Zeit des Umbruchs ein und auch er spannte den Bogen dann zur Europäischen Union als einem europäischen Haus, das in stürmischen Zeiten stehe, ja von Kräften, die dieses Haus zum Einsturz bringen möchten:

Vor 250 Jahren – es sind schon viele Stichworte genannt worden – es ist die Zeit, die in den Geschichtsbüchern die Zeit der Aufklärung genannt wird, die Zeit, wo vieles, was über 1000 Jahre als stabil galt, in Frage gestellt wurde. Wo plötzlich die Ratio über das Göttliche gestellt wurde und nur noch das zählte, was messbar war. Nicht das, was tradiert wurde. Auch das war eine Zeit des Umbruchs. Ich kann das nur aufgreifen, was Günther Oettinger so beredt angesprochen hat. Und da war es ein wichtiges Symbol, nicht nur des Glaubens, nicht nur des Zeigens der weltlichen Macht, sondern ein Symbol auch dafür, zu zeigen, dass man in dieser wankelmütigen Zeit, in einer Zeit, in der vieles in Frage gestellt wurde, ein klares sichtbares Zeichen setzen will für das, was benediktinisches Leben in Ottobeuren ausmacht. Das heute weiterzuleben, weiterzutreiben, ist eine hohe Verantwortung, eine große Tradition, in der Sie sich bewegen, und darin einen Beitrag leisten zu können, ist mir eine große Ehre und eine große Verpflichtung.
Wir haben natürlich große Herausforderungen miteinander zu bestehen, Günther Oettinger hat es eindrucksvoll beschrieben. Wir leben in einer Zeit, in der auch wieder vieles infrage gestellt wird. Viele Dinge, die geschaffen wurden, in der Staatlichkeit, in der europäischen Zusammenarbeit, auch in der Frage: Was sind die Werte-tradierenden Einrichtungen, die in unserer Zeit Menschen Orientierung geben können. All das wird auch wieder infrage gestellt – wie es vor 250 Jahren auch der Fall war. Und da ist es wichtig, dass wir die Klosteranlage wie die Basilika, dass es da so Bauwerke gibt – sichtbare Zeichen, die zum Ausdruck bringen, dass es richtig ist, was wir tun. Und dass wir den Menschen damit auch Führung mitgeben. Und ich denke, dass das europäische Haus – wenn ich das Bild einmal nehmen darf – da gibt es viele Zitate, die ich Ihnen jetzt runterrasseln könnte, aber es angesichts der Zeit nicht tue – dass dieses europäische Haus auch ein solches Zeichen ist, das Orientierung geben kann und auch geben sollte. Weil es in der Tat auch auf dem christlichen Fundament aufgebaut ist. Ich will die Diskussion nicht wiederholen, die wir da geführt haben. Ich will nur darauf hinweisen, dass auch die damalige Bunderegierung, als es um den Verfassungsvertrag ging, sich nicht dafür eingesetzt hat, die christlichen Wurzeln mit in die Präambel mit aufzunehmen. Es ist nicht die Europäische Union, die sich Verträge gibt, es sind die Mitgliedsstaaten, die der Europäischen Union die Verträge geben. Es ist nicht die Europäische Union, die dafür sorgt, dass Regeln nicht eingehalten werden, es sind die Mitgliedsstaaten, die die Regeln immer wieder nicht einhalten und die auch dafür sorgen, dass keine Sanktionen dagegen erhoben werden! Und so könnte ich auch hier eine lange Rede halten.
Europa wird deswegen infrage gestellt, weil in einer Zeit, wo man Orientierung sucht, es näher liegt als das, was weiter entfernt ist. Und das Nahe eine Art von Schutz gibt, der vielleicht kurzfristig sein [real] kann, aber dauerhaft nicht tragen wird. Und deswegen glaube ich, dass ein Ort wie Ottobeuren bestens dafür geeignet ist, in seiner langen benediktinischen Tradition, in seiner Weltoffenheit, dieses Allumfassende, das ja auch in dem Wort katholos [katholikos, das Ganze betreffend] drinsteckt, wenn wir da auf die griechischen Wurzeln des Begriffes zurückgehen dürfen, bringt zum Ausdruck, dass es nicht für sich geschlossen zu sehen ist, sondern immer als eine weltoffene Veranstaltung, an der wir alle teilhaben sollen. In diesem Sinne ein ganz herzliches Dankeschön für diese Offenheit, für diesen europäischen Geist, der hier vom Konvent, von den Äbten, der hier von der Marktgemeinde, Herr Bürgermeister, der hier auch von den Politikern – ich darf da alle mit einbeziehen – mit gelebt wird, denn es ist wichtig in Zeiten, in denen Menschen Orientierung suchen, Orientierung zu geben. Dazu kann Ottobeuren einen Beitrag leisten, dazu müssen wir als Politiker einen Beitrag leisten und damit können wir am Ende – glaube ich – auch etwas beitragen, gewisse Orientierungsrahmen zu geben.
Wenn es Europa noch nicht gebe, so hat vor Kurzem auch die Bundeskanzlerin gesagt, dann müsste es wieder erfunden werden. Weil wir in der Tat vor Aufgaben, vor Herausforderungen stehen, die – bei aller Liebe zu Ottobeuren – der Marktgemeinderat alleine nicht entscheiden kann, Herr Landrat, die auch der Landkreis nicht mehr alleine stemmen kann, und Herr Staatssekretär, seien Sie mir nicht böse: Auch Bayern hat seine Grenzen dessen, was es leisten kann. Aber wir müssen uns dann natürlich auch das konzentrieren, was wir nicht vor Ort selber lösen können. Und auch da spüren die Menschen, dass da noch einiges im Argen liegt. Wir stellen fest, dass wir in Deutschland bis auf den Münchner und Frankfurter Flughafen sowie den Hamburger Hafen keine Außengrenzen mehr haben. Dass aber unsere Sicherheit auch darüber bestimmt wird, wie andere in der Lage sind, ihre Grenzen zu kontrollieren. Wir haben es gerade erst geschafft, dass die Mitgliedsstaaten zugestanden haben, dass wir das europäisch machen dürfen. Bis vor einem Jahr durften wir das noch gar nicht. Vor einem halben Jahr haben wir uns zusammengesetzt, vor zwei Monaten geeinigt. Nur, um so ein Problem mal ganz konkret zu benennen. Deswegen geht es darum, nicht nur am Sonntag – wie heute – darüber zu reden [nach dem Motto] Europa soll sich auf seine Aufgaben konzentrieren, sondern Europa auch die Mittel zu geben, dass es seine Aufgaben erfüllen kann! Und auch das ist ein Punkt, der immer wieder Kritik auslöst: Wer der Europäischen Union die Kompetenz gibt, sich im Arbeitsschutz zu tummeln, der darf sich nicht darüber beschweren, wenn es das dann auch tut. Wer aber der Europäischen Union nicht die Kompetenz in der Außen- und Sicherheitspolitik gibt, wirklich agieren zu können, der darf sich auch nicht beschweren, wenn es [sie] es dann nicht tut. Und ich glaube, dass das auch ein Orientierungsrahmen ist, wenn es darum geht, nicht nur am Sonntag zu reden, sondern ab Montag zu verhandeln und zu handeln, wenn es darum geht, dieser Europäischen Union Richtung und am Ende auch Zustimmung und Vertrauen bei den Bürgerinnen und Bürgern zu geben. So stürmisch Zeiten auch waren, für diese Klosteranlage, für die Basilika, es war ein Monument des Glaubens, ein Monument des Zeichens, dass man sich hier den Stürmen widersetzen will. Und so sollte man das europäische Haus auch manchmal sehen: es sind stürmische Zeiten, es wird von innen angegriffen, von Leuten, die austreten wollen, es wird von außen angegriffen, von Leuten, die uns in Abrede stellen, die [wie Wladimur Putin] mittlerweile viel Geld aufwenden, in Osteuropa Medien aufkaufen, um in Osteuropa gegen die Europäische Union Stimmung zu machen. Es sind viele, viele Kräfte, die zurzeit daran arbeiten, dieses Haus Europa zum Einbruch [Einsturz] zu bringen. Wir sollten – und da ist Ottobeuren wieder ein gutes Beispiel – ein Zeichen dagegen setzen und sollten klar sagen: Bei allen Herausforderungen, bei allen Problemen und bei allen Kritikpunkten, die man auch anbringen kann, hat dieses Haus verdient, dass es auch diese Stürme übersteht. Denn: Es gibt keine Alternative dazu. Wir werden es am Ende alleine doch nicht schaffen. In diesem Sinne ein ganz herzliches Dankeschön und auch für die Zukunft auf weiterhin gute Zusammenarbeit! Vielen Dank!
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Bürgermeister German Fries oblag das Schlusswort, bevor sich die Festgäste zum gemeinsamen Essen ins Refektorium des Klosters begaben. Er sprach vor allem Worte des Dankes aus und garnierte dies mit Bezügen zu den Glocken der Basilika oder dem Arbeitsfeld des Leiters des Touristikamtes, Peter Kraus.
Bei den großen Basilikakonzerten ist es Tradition, dass diese Dankbarkeit am Ende des Konzertes durch das Lauschen der großen Glocken Raum und Zeit für Andacht gegeben wird. Jetzt habe ich leider nur eine kleine Glocke mit dabei; ich kann die großen Glocken natürlich nicht ersetzen, deshalb erlauben Sie mir, dass ich heute namentlich eine große Schar an Menschen namentlich nenne, die in der Vergangenheit und auch heute mit zum Gelingen dieses Festes beigetragen haben.

Peter Kraus war wegen der arbeitsintensiven Vorbereitungen so oft im Kloster, dass er sich damit schon fast einen neuen Namen eingehandelt hat. Der Bürgermeister bemerkte deshalb scherzhaft:
„(...) und wir haben dann schon zum Spaß gesagt, das ist nicht mehr der Herr Kraus vom Touristikamt, ich glaub' des wird in Zukunft der Frater Peter. Aber: Er kommt wieder!“

Ein kleines Geschenk hatte Bürgermeister Fries parat, das auf die Idee – und Umsetzung – von Dr. Jens Blechschmidt (Anästhesist in der Kreisklinik Ottobeuren) zurückgeht: die „Basilika in der Streichholzschachtel“ samt einem Acrylaufsteller. Dazu erklärte Herr Fries:
Jetzt fragen Sie sich vielleicht: „Was hat das mit der Streichholzschachtel zu tun?“ Die habe ich jetzt hier in der Hand. Und das gibt mir auch Raum, bereits zu der zweiten Namensliste überzugehen, die ich dann bitten darf, im Anschluss an das Musikstück hier auf die Bühne zu kommen. Das sind Leute, Förderer, die in der Vergangenheit und auch jetzt immer wieder hilfreich zur Seite standen und – so als kleine Erinnerung an diesen heutigen Festakt – an diesem Festakt darf ich des dann überreichen. Ich mach's jetzt mal ganz vorsichtig auf. Ganz hinten sehen Sie – nichts! Weil's eben in der Streichholzschachtel so klein ist und dafür ganz herzlichen Dank. Wenn diese Leute dann auf die Bühne kommen, ist es eine gute Gelegenheit, noch auf das „Goldene Buch“ hinzuweisen. Da bitte ich natürlich sehr herzlich um einen Eintrag und dann auch um ein gemeinsames Foto. Wir ham's schon g'hört, die Welt ist klein geworden; Fotos gehen um die Welt, darum wollen wir natürlich des auch heute möglichst noch bildlich festhalten.

Mit eben diesem Gruppenbild schloss der Festakt im Kaisersaal. Nach dem oben erwähnten Essen im Refektorium standen (um 15 Uhr) noch das Konzert des Carl-Orff-Chores aus Marktoberdorf sowie (um 17.30) eine gemeinsame Pontifikalvesper von Kirchenchor und Konvent auf dem Programm.
Ähnlich, wie bei der Messe von Sales, war auch die Messe „Missa a Duplici Choro“ von Benedict Kraus nach 1766 in Vergessenheit geraten. Kraus (*um 1722) stammte aus dem Salzburger Land und wirkte von 1764 bis 1766 als Komponist und Organist in Ottobeuren. Der Carl-Orff-Chor unter Sefan Wolitz (Musiklehrer am musischen Gymnasium Marktoberdorf) wurde instrumental von der „Capella mirabilis“ begleitet.
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In den Medien firmierte das Jubiläum meist unter „250 Jahre Basilika“. Der Titel „Basilika“ wurde erst 1926 von Papst Pius XI. verliehen, korrekterweise müssten wir deshalb eigentlich von „250 Jahre barocke Abteikirche“ sprechen. Zur Weihe der Kirche am 28.09.1766 gibt es im virtuellen Museum eine eigene Seite.

Medienecho:
Das Wochenblatt extra kündigte am 01.09.2016 das Festprogramm an.

Am 10.09.2016 erschien in der Memminger Zeitung in der Rubrik Allgäu-Kultur ein sehr fundierter - ganzseitiger - Artikel („Himmlisches Gotteshaus“) von Klaus-Peter Mayr.

Am 17.09.2016 schrieb „kpm“ (wiederum Klaus-Peter Mayr) von den zunächst verschollenen musikalischen Werken: „Der Krimi um zwei verschwundene Messen“. Es ging dabei um die beiden Messen von Pietro Pompeius Sales und von Benedict Kraus, die schon 1766 aufgeführt worden waren. Susanne Holm, Lehrerin am Musischen Gymnasium in Marktoberdorf hatte lt. Zeitungsbericht 2012 die Idee, die Kraus-Messe wiederzubeleben. Die „verstaubten Orchester- und Chorstimmen“ aus dem Musikarchiv der Abtei Ottobeuren wurden von 2014 ihren Schülern abgeschrieben und zu einer Partitur zusammengefügt.
Nach der Sales-Messe hatte sich der frühere Ottobeurer Ehrenbürger und Bundestagsabgeordnete Hans August Lücker auf die Suche gemacht und war schließlich in den
Archiven der Landesmusikhochschule Köln/Bonn fündig geworden.

Am 21.09.2016 erschien im Memminger Kurier eine Doppelseite „Ein himmlisches Bauwerk der sakralen Kunst“ zur Geschichte der barocken Abteikirche.

Noch am Abend des Festtages (25.09.2016) brachte das Bayerische Fernsehen in der Rundschau um 22:18 Uhr einen kurzen Bericht (ca. 1.33 Min.) von Christoph Scheule. In der Anmoderation sagte Nachrichtensprecherin Anouschka Horn:
Nur zu höchsten Anlässen rufen alle sieben Glocken der Basilika Ottobeurern die Gläubigen zum Gottesdienst. Mit einem großen Pontifikalamt begannen die Feierlichkeiten zum 250. Geburtstag.
Zu sehen waren zunächst ein paar Außenaufnahmen, dann Kardinal Wetter beim Pontifikalamt. Scheule sagte dazu:
Ottobeuren gilt als eine der prächtigsten Barockkirchen Europas und die Strahlkraft, die von hier ausging sei enorm, so der frühere Bischof von München und Freising, Friedrich Kardinal Wetter in seiner Ansprache.
Danach wurden Bilder aus dem Kaisersaal und vom Interview mit Franz Pschierer gezeigt. Der Staatssekretär äußerte sich wie folgt:
Ein besonderer Tag für Bayern und selbstverständlich auch für die Bayerische Staatsregierung. Bayern wurde geprägt in seiner Geschichte von vielen Klöstern von vielen Orden, aber insbesondere von den Benediktinern, deshalb heute: Herzlichen Glückwunsch zu „250 Jahre Basilika in Ottobeuren!“
Christoph Scheule abschließend:
Mit einem der berühmten Ottobeurer Konzerte gingen dann am Nachmittag die Feierlichkeiten zum 250. Geburtstag der Basilika zu Ende.

Am 26.09.2016 berichtete Markus Bär in der Allgäu-Rundschau unter dem Titel „Ein wunderbares Zeichen des Glaubens“, am 01.10.2016 erschien im extra ein Konzertbericht „Ein effektvoller Auftritt“.

Der Artikel aus der Katholischen Sonntagszeitung ist noch nicht bekannt.

Die unten anklickbaren Bilder werden noch näher kommentiert werden (z.B. Nennung der Co-Zelebranten wie Alban Barnsteiner - Weihejahrgang 2001 - oder Frater Clemens Strobl) etc.
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Transkriptionen, Bilder (v.l.n.r. und von oben nach unten:  Nr. 1-3, 6, 9, 12, 14, 16, 17, 20, 21, 23-25, 28-32) und Zusammenstellung: Helmut Scharpf, 10/2016; weitere Bilder stammen vom Ottobeurer Fotografen Michael Jung (Nummern 4, 5, 7, 8, 10, 11, 13, 15, 18, 19, 22, 26, 27, 33 - 36). Mit etwas Glück wird es gelingen, von der Kraus-Messe einzelne Hörbeispiele einfügen zu dürfen.
Vom Fotografen der Allgäuer Zeitung - Ralf Lienert - lässt sich im Internet eine Bilderstrecke abrufen.

Urheber

Helmut Scharpf (Fotos, Transkriptionen, Zusammenfassung), Michael Jung (weitere Fotos)

Quelle

Helmut Scharpf, Mike Jung

Verleger

Helmut Scharpf

Datum

2016-09-25

Mitarbeiter

Mike Jung

Rechte

gemeinfrei